Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gleyre“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 427
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Gleyre. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 427. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gleyre (Version vom 21.01.2023)

[427] Gleyre (spr. glähr), Charles, franz. Maler, geb. 2. Mai 1806 zu Chevilly im schweizer. Kanton Waadt, machte seine ersten Studien unter der Leitung des Malers Hersent und ging 1830 nach Italien, wo er in das Wesen der verschiedenen Schulen einzudringen suchte und Giotto mit derselben Sorgfalt kopierte wie Raffael, auch mehrere historische Genrebilder malte. Von Italien ging er 1834 als Reisebegleiter und Zeichner eines Amerikaners nach dem Orient und besuchte Ägypten, Abessinien, Syrien, Griechenland und die Türkei, allerorten Denkmäler, Landschaften, Trachten, Volksszenen nach der Natur zeichnend. Erst 1838 kam er nach Paris zurück. Vor das Publikum trat G. zuerst 1840 mit einem Gemälde: Johannes auf der Insel Patmos. Doch errang er erst 1843 mit dem Abend, einem Motiv vom Nil, einen Dichter darstellend, der vom Ufer aus die personifizierten Träume seiner Jugend in einem Kahn davonfahren sieht (im Louvre), einen durchschlagenden Erfolg. Er suchte sich fortan seinen eignen Weg, indem er Kraft des Ausdrucks und Tiefe der Empfindung mit poetischer Idealität verband. Er malte religiöse, historische und mythologische Bilder. Doch sind die letztern seine vollendetsten, weil er romantische Stimmung der strengen, stilvollen Formensprache der Antike zu gesellen wußte. Seine Hauptwerke sind: die Trennung der Apostel (1845, Kirche zu Montargis), die Nymphe Echo (1846), der Tanz der Bacchantinnen (1849), der Tod des Majors Davel (1850, Museum von Lausanne), Boas und Ruth, der Triumph des Helvetiers Divico über die Römer (1858, Museum zu Lausanne), Herkules und Omphale (1863), Pentheus von den Mänaden verfolgt (1864, Museum zu Basel), die Zauberin (1868), Sappho. G. war einer der ersten Idealisten der französischen Kunst, welche außerhalb der Schule von Ingres stehen. Ohne große Kraft und Ursprünglichkeit in der Erfindung und oft etwas weich, ja sentimental im Ausdruck, zeichnet er sich durch Adel der Darstellung, tiefes und echtes Gefühl und höchste Feinheit in der Durchbildung der Form aus. Er starb 5. Mai 1874 in Paris. Vgl. Clément, Ch. G. (2. Aufl., Par. 1885).