Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gesichtslähmung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 242
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Gesichtslähmung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 242. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gesichtsl%C3%A4hmung (Version vom 01.02.2024)

[242] Gesichtslähmung (Facialislähmung, schiefes Gesicht), Lähmung des Gesichtsnervs (nervus facialis), durch welche das Gesicht sehr auffallend entstellt wird. Da dem Gesichtsnerv während seines Verlaufs im Felsenbein Fasern des Gehörs- und Geschmacksnervs (chorda tympani) beigemischt sind, welche den Nervenstamm auf ganz bestimmte Strecken begleiten, so sind auch die Lähmungen des Hauptstammes sehr häufig von Störungen im Gebiet jener andern Nerven begleitet. Die reine G. ist charakterisiert durch halbseitige Lähmung der mimischen Gesichtsmuskeln; die Gesichtshälfte ist schlaff, ausdruckslos, die Falten verstrichen, das Auge abnorm weit geöffnet, es thränt reichlicher als das andre, der Mundwinkel hängt herab, der Speichel fließt daraus ab, das Auge kann weder geschlossen, noch völlig geöffnet werden. Beim Sprechen bewegen sich die Lippen der gelähmten Seite nicht mit, die Wange wird durch den Luftdruck wie ein schlaffes Segel aufgeblasen, das Kauen ist erschwert, zuweilen weichen das Gaumensegel und die Zunge nach der gelähmten Seite hin ab. Sind die begleitenden Fasern des Gehörnervs mit betroffen, so klagen die Kranken über Gehörsstörungen, Ohrensausen, erhöhte Empfindlichkeit für tiefe Töne etc.; ist der Geschmacksnerv mit betroffen, so ist die Geschmacksempfindung gestört oder verloren, die Speichelabsonderung vermindert. Die Ursachen liegen entweder am Ursprung des Gesichtsnervs im Gehirn (zentrale G.), woselbst beim Schlaganfall durch Blutung oder bei Entzündungen durch Eiter oder bei Geschwülsten durch neugebildetes Gewebe Nervensubstanz zerstört wird, oder die Ursachen liegen im Verlauf des Gesichtsnervs (peripherische G.) und sind durch Knochenleiden, Karies des Felsenbeins oder Entzündungen bei Ohrenleiden und Fortleitung derselben auf die Nervenscheiden bedingt. Nur die peripherischen Lähmungen sind der Behandlung zugänglich, da bei den zentralen das Grundleiden nicht beseitigt werden kann. Die Heilung hängt sehr häufig von dem Verhalten des Ohrenleidens ab; solche Fälle, welche rasch entstanden sind, etwa nach Erkältung, verschwinden am leichtesten wieder. Am wirksamsten erweist sich die Elektrizität, außerdem Kneten der Muskeln und Strychnineinspritzungen.