Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Galilēi“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Galilēi“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 840843
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: Galileo Galilei
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Galilēi. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 840–843. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Galil%C4%93i (Version vom 06.03.2024)

[840] Galilēi, 1) Galileo, Physiker, geb. 18. Febr. 1564 zu Pisa, war der Sohn des Florentiners Vincenzo G., der als tüchtiger Mathematiker und namentlich als bewandert in der Theorie der Musik gerühmt wird. G. erhielt seine erste Erziehung in Florenz, bezog 1581 die Universität Pisa, um neben der Aristotelischen Philosophie insbesondere Medizin zu studieren. Schon hier erkannte er die Dürftigkeit der Aristotelischen Physik und das Unzulängliche ihrer Methode. Um so eifriger wandte er sich den mathematischen Wissenschaften zu, in denen er die Grundlage aller wahrhaften Naturerkenntnis sah. Durch die Schwingungen einer Lampe im Dom zu Pisa soll er auf die gleiche Dauer der Pendelschwingungen bei ungleicher Größe der Ablenkung aufmerksam geworden sein. 1585 nach Florenz zurückgekehrt, widmete er sich besonders dem Studium des Archimedes. An dessen Schriften knüpfen sich seine Untersuchungen über das Verfahren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts (Erfindung der hydrostatischen Wage 1586, „La Bilancetta“, publiziert 1655) und über den Schwerpunkt verschiedener körperlicher Figuren („Theoremata circa centrum gravitatis solidorum“, publiziert 1638). 1589 auf den Lehrstuhl der Mathematik in Pisa berufen, trat er hier bald in offenen Gegensatz zu den Anhängern der Aristotelischen Lehre. Er zeigte, daß Körper verschiedenen Gewichts, von der Höhe des schiefen Turms in Pisa herabfallend, ihren Weg in beinahe gleichen Zeiten zurücklegten. Durch solche neue Lehren zog er sich die Eifersucht und das Übelwollen seiner gelehrten Kollegen zu. Ein freimütiges Gutachten über eine Baggermaschine, die der Sohn des Großherzogs, Johann von Medicis, in Vorschlag gebracht, machte seine Stellung vollends unhaltbar. Er verließ Pisa 1591, kehrte nach Florenz zurück, übernahm aber schon 1592 die Professur der Mathematik in Padua. Hier lehrte er 18 Jahre vor einem immer wachsenden Kreis begeisterter Zuhörer aus allen Ländern Europas. In diese Zeit fallen Galileis wichtigste (erst spät veröffentlichte) Forschungen zur Bewegungslehre; hier schrieb er die Abhandlung über die mechanische Wissenschaft, in der zuerst die Lehre von den einfachen Maschinen auf das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeit zurückgeführt wurde; hier erfand er eine Vorrichtung zur Bestimmung der Wärmeverhältnisse (1597) und den praktisch wertvollen Proportionalzirkel. Einen im Bilde des Schlangentreters 1604 erschienenen und nach einem Jahr wieder verschwundenen Stern[WS 1] benutzte er als Argument gegen die Aristotelische Lehre von der Unveränderlichkeit des Himmels. Auf das Gerücht von der Erfindung des Fernrohrs in Holland konstruierte G. ein solches Instrument selbständig zum zweitenmal (August 1609) und benutzte es sofort zur Erforschung der Himmelskörper. An der Oberfläche des Mondes beobachtete er den Wechsel von Berg und Thal; in der Milchstraße erkannte er dichtere Anhäufungen von Sternen, im Orion entdeckte er über 500, in den Plejaden 29 neue Sterne. 1610 fand er die Jupitertrabanten (Mediceische Sterne, publiziert im „Sidereus nuncius“ 1610). In demselben Jahr vertauschte er den Lehrstuhl mit der Stellung eines Mathematikers und Philosophen am großherzoglichen Hof zu Florenz, um unter diesem Namen fortan ausschließlich seinen Forschungen zu leben. In Florenz entdeckte er die „Dreigestalt“ des Saturn, die Phasen der Venus und des Mars und wahrscheinlich auch die Sonnenflecke. 1611 stellte er zuerst den Satz auf, daß die Planeten keine selbstleuchtenden Himmelskörper seien, und daß Venus und Mars sich um die Sonne drehen. Bald darauf lehrte er auch die Achsendrehung der Sonne.

Galileis teleskopische Entdeckungen gaben die Veranlassung zu neuen Angriffen von seiten der Schulgelehrten; aber es gelang ihm bei einem Besuch in Rom (1611), die gelehrten Jesuiten des Collegium Romanum auf seine Seite zu bringen. In diesen römischen Aufenthalt fällt auch die erste genauere Feststellung der Umlaufszeiten der Jupitertrabanten, in deren Verfinsterungen G. früh ein Mittel zur Bestimmung der Länge auf hoher See erkannt hatte, und deren Berechnung ihn um dieser Verwendung willen viele Jahre hindurch beschäftigte. Nach Florenz zurückgekehrt, schrieb er die Abhandlung über die schwimmenden Körper (1612), worin er zuerst die Grundelemente der Hydrostatik klar entwickelte, sowie (1613) die Briefe über die Sonnenflecke, in denen er offen und unumwunden die Kopernikanische Lehre verteidigte. Als darauf die Gegner diese Lehre als unbiblisch bezeichneten, erwiderte er in einem Brief [841] an den Pater Castelli (1613), die naturwissenschaftliche Forschung könne sich nicht durch den Wortlaut der Bibel hemmen lassen; vielmehr sei es Sache der Theologen, die Ausdrücke der Bibel in Übereinstimmung mit festgestellten Thatsachen der Naturwissenschaft zu erklären. Eine Abschrift dieses Briefs, welche den Dominikanern in die Hände fiel, wurde zu den heftigsten Angriffen und 1615 vom Pater Lorini zu einer Denunziation bei der römischen Inquisition benutzt. G., hiervon unterrichtet, begab sich alsbald nach Rom, und es gelang ihm, alle gegen seine Person gerichteten Verdächtigungen zu widerlegen, nicht aber, die Verdammung der Kopernikanischen Lehre zu hintertreiben. Im Februar 1616 wurde von elf Qualifikatoren des heiligen Offiziums die Lehre von der Bewegung der Erde für „thöricht und absurd vom philosophischen Standpunkt und für teilweise formell ketzerisch“ erklärt und darauf hin 5. März das Buch des Kopernikus verboten. Am 25. Febr. erhielt der Kardinal Bellarmin vom Papste den Auftrag, G. vorzuladen und zu ermahnen, daß er die Kopernikanische Lehre aufgebe; im Fall einer Weigerung seitens Galileis solle ihm in Gegenwart von Notar und Zeugen der Befehl erteilt werden, daß er sich schlechthin enthalte, eine solche Meinung zu lehren, zu verteidigen und zu besprechen; wenn er sich hierbei aber nicht beruhige, so sei er einzukerkern.

Was hierauf geschehen, ist Gegenstand der Kontroverse. Das Protokoll einer 3. März 1616 gehaltenen Sitzung der Kongregation des heiligen Offiziums lautet: „Vom Kardinal Bellarmin wurde zuerst berichtet, daß der Mathematiker G. G. ermahnt worden, die bis dahin von ihm festgehaltene Meinung, die Sonne sei das Zentrum der Himmelskugel und unbeweglich, die Erde aber beweglich, aufzugeben, und daß er auf Widerspruch verzichtet habe“. Anfang Juni kehrte G. nach Florenz zurück und lebte eine Reihe von Jahren zurückgezogen in der Villa Bellosguardo. Erst durch einen provokatorischen Angriff des Jesuiten Grassi sah sich G. veranlaßt, sein Schweigen zu brechen. Er publizierte 1623 eine dem Papst gewidmete Streitschrift: „Il Saggiatore“, welche den Gegner zermalmte und trotz der Denunziation der Jesuiten nicht verboten, sondern belobt und empfohlen wurde. Dieser Erfolg und die Berufung des ihm befreundeten Kardinals Barberini (als Urban VIII.) auf den päpstlichen Stuhl ermutigten G., den längst gehegten Plan einer eingehenden, allgemein verständlichen Darstellung der Kopernikanischen Lehre zur Ausführung zu bringen, obwohl er 1624 bei seiner Anwesenheit in Rom einen Widerruf des Verbots vom 5. März 1616 ebensowenig erreichen konnte wie auch nur eine Duldung der Lehre des Kopernikus. Er wählte die Form des Dialogs zwischen Vertretern der alten Ptolemäischen und der Kopernikanischen Lehre und behandelte die letztere als Hypothese, brachte dabei aber so überzeugende Beweise für letztere vor, daß niemand über die Richtigkeit derselben in Zweifel bleiben konnte. Nach sechs Jahren war der „Dialogo di G. G. dove nei congressi di quattro giornate si discorre supra i due massimi sistemi del mondo; proponendo indeterminatamente le ragioni filosofiche e naturali tanto per l’una, quanto per l’altra parte“ vollendet, und G. ging 1630 nach Rom, um sein Werk der Zensur des heiligen Offiziums zu unterwerfen. Erst nach zwei Jahren wurde das Imprimatur des römischen und des florentinischen Inquisitors erreicht und das Buch publiziert, welches das Verderben des Verfassers werden sollte. Während die Freunde über das Erscheinen des Buches jubelten, wußten die ergrimmten Feinde den Papst zu überzeugen, daß das Buch eine eminente Gefahr für die Kirche sei; man suchte zu erweisen, daß das Imprimatur erschlichen sei, und namentlich reizte man den Papst persönlich, indem man ihn glauben machte, der Verteidiger der alten Lehre, dem G. den Namen Simplicius beigelegt, solle ihn selbst vorstellen und der Lächerlichkeit preisgeben. Auf diese angeblich persönliche Verletzung, von welcher man den Papst zu überzeugen gewußt hatte, dürfte dessen unversöhnlicher Zorn hauptsächlich zurückzuführen sein. Eine Spezialkommission, welcher das Buch zur Prüfung überwiesen worden war, konnte gegen dasselbe nur Unerhebliches einwenden, nicht einmal so viel, um ein unbedingtes Verbot gerechtfertigt erscheinen zu lassen, sie kam vielmehr, nachdem sie eine Anzahl Fehler namhaft gemacht hatte, zu dem Schluß: „Alle diese Dinge könnten verbessert werden, wenn man urteile, das Buch, dem man diese Gunst erweisen wolle, sei von einigem Nutzen“. Dagegen tauchte plötzlich ein Dokument aus dem Prozeß von 1616 auf, ein Protokoll vom 26. Febr., nach welchem G. namens des Papstes vom heiligen Offizium der Befehl erteilt sei, „oben besagte Meinung, daß die Sonne das Zentrum der Welt sei, die Erde dagegen sich bewege, ganz und gar aufzugeben und sie fernerhin in keiner Weise festzuhalten, noch zu lehren oder zu verteidigen weder in Wort noch in Schrift, andernfalls werde seitens des heiligen Offiziums gegen ihn verfahren werden; bei welchem Befehl sich derselbe beruhigt und zu gehorchen versprochen hat“. Auf Grund dieses Befehls, den G. durch die Veröffentlichung der Dialoge direkt übertreten hatte, wurde das Inquisitionsverfahren gegen G. eröffnet.

Über die Echtheit dieses Protokolls ist in neuerer Zeit lebhaft gestritten worden, und die seit 1870 stark angewachsene G.-Litteratur beschäftigt sich hauptsächlich mit dieser Frage. Cantor, Gherardi, Günther, Hase, Martin, Riccardi, Scartazzini, Wohlwill u. v. a. halten das Protokoll für eine spätere Fälschung zu dem Zweck, dem Inquisitionsprozeß eine rechtliche Grundlage zu geben. Nach dem oben Mitgeteilten hatte der Papst Androhung des Inquisitionsprozesses nur für den Fall angeordnet, daß G. bei der Mitteilung des Dekrets der Indexkongregation gegen die Kopernikanische Lehre und auf die Mahnung, sich diesem Beschluß zu fügen, den Gehorsam verweigerte. Das Protokoll konstatiert, daß die Mahnung ausgesprochen wurde, es schweigt von Galileis Antwort, die seiner Gesinnung gemäß nur eine unterwürfige gewesen sein kann, und so erscheint die Androhung des Inquisitionsprozesses unvereinbar mit der päpstlichen Anordnung. Unvereinbar ist das Protokoll auch mit dem mitgeteilten Protokoll vom 3. März 1616, und es liegt deshalb nahe, den letzten Teil desselben als einen nachträglich, vermutlich im August 1632, hinzugefügten anzusehen. Die Echtheit des Protokolls wurde von einer Reihe andrer Schriftsteller, wie Berti, de l’Epinois, Friedlein, v. Gebler, Reusch, Wolynski etc., verteidigt. G. wurde trotz seines hohen Alters und trotz der lebhaften Verwendung des Großherzogs von Toscana nach Rom beschieden und traf dort 13. Febr. 1633 ein, wo er vorläufig im Palast des toscanischen Gesandten Niccolini wohnen durfte. Der Prozeß währte vom 12. April bis 22. Juni, G. wurde viermal verhört und saß 23 Tage gefangen im Palast der Inquisition. Das letzte Verhör Galileis fand 21. Juni statt, und betreffs dieses ist in den letzten Jahren ein lebhafter Streit entstanden, ob G. bei demselben gefoltert sei oder [842] nicht. Es sind für diese Frage drei Schriftstücke maßgebend, nämlich das Dekret des heiligen Offiziums, resp. des Papstes vom 16. Juni 1633, welches das Schlußverfahren gegen G. anordnet, und das Protokoll des Verhörs vom 21. Juni sowie das Urteil, das G. 22. Juni mitgeteilt wurde. In dem Dekret ist ausdrücklich nur von Androhung der Folter die Rede, ebenso in dem Protokoll des Verhörs, dessen Schlußsätze folgendermaßen lauten: „Und nachdem ihm gesagt, er solle die Wahrheit sagen, andernfalls würde zur Folterung geschritten, antwortete er: ‚Ich bin hier, um Gehorsam zu leisten, und habe nicht die bewußte Meinung festgehalten seit der ergangenen Entscheidung, wie ich gesagt habe‘. Und da nichts andres erlangt werden konnte, wurde er in Ausführung des Dekrets, nach gegebener Unterschrift, in seine Wohnung (locum suum) zurückgeführt.“ Unmittelbar darunter folgt Galileis Unterschrift. In der Begründung des Urteils ist der letzte Satz folgender: „Da es uns indessen schien, daß von Dir betreffs Deiner Absicht nicht die volle Wahrheit gesagt sei, hielten wir für notwendig, gegen Dich zur strengen Untersuchung (examen rigorosum) zu schreiten, in welcher Du (ohne irgend ein Präjudiz betreffs dessen, was Du bekannt hast, und was oben in Bezug auf Deine erwähnte Absicht gegen Dich gefolgert ist) katholisch geantwortet hast. Deswegen … fällen wir gegen Dich folgendes definitive Urteil.“ Daß man unter Examen rigorosum in der Regel ein Verhör auf der Folter verstanden habe, ist mit Sicherheit nachgewiesen, es konnte damit aber auch die Territio realis bezeichnet werden, d. h. eine Befragung unter Androhung der Tortur und im Angesicht der Marterinstrumente, deren Bedeutung und Verwendungsweise dem Angeklagten gezeigt wurden; nach der Angabe des Urteils ist gegen G. das eine oder das andre Verfahren eingeschlagen worden; welches von beiden, bleibt unentschieden. Für die beiden andern Dokumente ist eine Fälschung von der einen Seite behauptet, von der andern geleugnet worden, und aus dem Dekret vom 16. Juni lesen die einen heraus, der Papst habe die Folterung verboten, während die andern unter völlig gleichberechtigter Deutung den Papst eine Vollziehung des Examen rigorosum fordern lassen. Das Urteil wurde G. 22. Juni 1633 mitgeteilt, und nach der Verkündigung mußte er die Kopernikanische Lehre feierlich abschwören. Daß G. unmittelbar nachher aufgesprungen sei und mit dem Fuße stampfend ausgerufen habe: „Eppur si muove“ („Und sie bewegt sich doch“), ist eine später entstandene Legende. Die Inquisition hatte G. zum Kerker verurteilt; derselbe wurde ihm jedoch erlassen. Bis zum 24. Juni ward er im Gebäude der Inquisition zurückgehalten, und dann wurde ihm die dem Großherzog von Toscana gehörige Villa Medici bei Rom als Wohnung angewiesen. Schon Anfang Juli wurde er nach Siena entlassen, wo er bei dem Erzbischof Ascanio Piccolomini freundlich aufgenommen wurde, und im Dezember durfte er auf seine Villa zu Arcetri bei Florenz zurückkehren. Er war indes nicht vollständig begnadigt, stand vielmehr immer unter der Aufsicht der Inquisition; es wurde ihm bis zum Jahr 1638 nicht gestattet, nach Florenz überzusiedeln, und ihm der Aufenthalt dort nur bis Ende 1638 erlaubt, worauf er sich nach Arcetri zurückbegeben mußte, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Im J. 1636 vollendete G. sein größtes Werk: „Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze“ (Leiden 1638), welches in vier Dialogen Galileis wichtigste Forschungen auf dem Gebiet der Mechanik umfaßt. Es enthält die Fundamentalgesetze der Mechanik, das Gesetz der Trägheit, die Gesetze der durch eine konstante Kraft bewirkten, gleichmäßig beschleunigten Bewegung sowie den Satz vom Kraftparallelogramm oder von der Zusammensetzung der Bewegung und damit die Lehre von der Bewegung geworfener Körper und zum Teil diejenige von der Pendelbewegung. Bis 1637 war G. auch als astronomischer Beobachter unausgesetzt thätig, 1637 entdeckte er die Schwankung (Libration) des Mondes; im Juni d. J. erblindete er erst auf dem rechten, dann auch auf dem linken Auge, im Dezember 1637 war er gänzlich blind. Trotzdem war er die drei letzten Lebensjahre unausgesetzt geistig thätig, wie die aus dieser Zeit vorhandenen Briefe beweisen, und nach 1641 hat er nach dem Zeugnis von Viviani die Verbindung des Pendels mit der Uhr ersonnen. Am 8. Jan. 1642 starb er auf seiner Villa zu Arcetri. Die Kirche verweigerte das von G. gewünschte Begräbnis in Santa Croce; er wurde in der Kapelle des Noviziats zu Florenz beigesetzt, und den Freunden wurde nicht gestattet, ihm ein Denkmal zu errichten. Erst 1737 wurden seine Gebeine nach der Kirche Santa Croce übertragen, und hier ist ihm dann ein prächtiges Denkmal gesetzt worden. Die Schriften, in welchen die Kopernikanische Lehre vorgetragen und verteidigt wird, wurden erst 1835 vom Index gestrichen.

Galileis Schriften sind: „Le operazioni del compasso geometrico e militare“ („Der Proportionszirkel“, Padua 1606); „Sidereus nuncius“ (Vened. 1610; Fortsetzung, Bologna 1611); „Discorso intorno alle cose che stanno in su l’acqua o che in quella si muovono“ (Flor. 1612); „Istoria e dimostrazioni intorno alle macchie solari e loro accidenti“ (Rom 1613); „Discorso della comete di Maria Guiducci“ (Flor. 1619); „Il Saggiatore“ (Rom 1623); „Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo“ (Flor. 1632); „Lettera a Cristina di Lorena sulla interpretazione delle sacre scritture in materie meramente naturali“ (geschrieben 1615; gedruckt, Straßb. 1636); „Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze“ (Leiden 1638). Seine übrigen Werke sind alle erst nach seinem Tod gedruckt und dann der Gesamtausgabe einverleibt. Von diesen ist die beste die von Alberi in 16 Bänden: „Opere complete di G. G.“ (Flor. 1842–56). Sie gibt die Daten der Arbeiten, enthält auch die litterarischen Arbeiten (über Dante, Ariosto, Tasso etc.), den Briefwechsel und eine Biographie von Viviani. Ergänzungen hierzu finden sich in Wolynski, Lettere inedite a G. G. (Flor. 1874); Derselbe, La diplomazia toscana e G. G. (das. 1874); Pieralisi, Urbano VIII e G. G. (Rom 1875); Favaro, Scritti inediti di G. (Flor. 1884); Campori, Carteggio Galileano inedito (Modena 1881).

Biographien lieferten: Viviani (1654), Nelli (am ausführlichsten, 1793), Frist (1778), Jagemann (deutsch 1783), Venturi (mit dem Datum der Arbeiten, 1818–21, 2 Bde.), Brewster (1841), Libri (1841; deutsch, Siegen 1841), Marini (1850), Ph. Chasles (Par. 1862), Parchappe (das. 1866), v. Gebler (Stuttg. 1876). Vgl. dazu noch Caspar, G. G. Zusammenstellung der Forschungen und Entdeckungen Galileis (Stuttg. 1854); Th. Henri Martin, Galilée, les droits de la science etc. (Par. 1868); Favaro, G. G. e lo studio di Padova (Flor. 1882, 2 Bde.).

Die Akten des Prozesses wurden herausgegeben von de l’Epinois (Rom 1867), Riccardi (Modena 1873), Berti (Rom 1876 u. 1878), v. Gebler (Stuttg. [843] 1877). Über den Prozeß handeln: Gherardi, Il processo G. (Flor. 1870); Wohlwill, Der Inquisitionsprozeß des G. G. (Berl. 1870); Derselbe, Ist G. gefoltert worden? (Leipz. 1877); de l’Epinois, La question de G. (Par. 1878); Scartazzini, G. G. (Mail. 1883); Wolynski, Nuovi documenti inediti del processo di G. G. (Flor. 1878); Reusch, Der Prozeß Galileis und die Jesuiten (Bonn 1879); Grisar, G.-Studien (Regensb. 1882). Eine Zusammenstellung der G.-Litteratur gab Riccardi, Bibliografia Galileiana (Modena 1873).

2) Alessandro, ital. Architekt, geb. 1691 zu Florenz, war anfangs bei den Großherzögen Cosimo III. und Johann daselbst thätig und wurde dann von Clemens XII. nach Rom berufen, wo er die Fassade von San Giovanni de’ Fiorentini, die Fassade von San Giovanni in Laterano und die Kapelle Corsini in letzterer Kirche ausführte. Er wußte Monumentalität mit Geschmack und Eleganz zu vereinigen. G. starb 1737.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Supernova 1604 im Sternbild des Schlangenträgers.