Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Frühreife“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 763
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Frühreife. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 763. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fr%C3%BChreife (Version vom 21.03.2024)

[763] Frühreife. Sowohl der Körper als der Geist des Kindes kann seinem Lebensalter vorauseilen und sich durch Eigenschaften auszeichnen, welche nur dem Erwachsenen zukommen. Es hat frühreife Kinder gegeben, die schon im sechsten Lebensjahr an Größe und Stärke einem ausgewachsenen Menschen gleichkamen (sogen. Riesenwuchs), ja manche zeigten in noch früherm Alter alle Merkmale der Mannbarkeit; doch sind gewöhnlich mit einer solchen frühzeitigen Ausbildung des Körpers eine Verkümmerung der intellektuellen Fähigkeiten und ein früher Tod verbunden. Aber auch der Geist mancher Kinder kann seiner naturgemäßen Entwickelung voraneilen. Das Lübecker Wunderkind Chr. H. Heineken, geb. 6. Febr. 1721, lernte schon im zehnten Monat alle Gegenstände kennen und benennen, machte sich noch vor Ablauf des ersten Lebensjahrs unter Anleitung eines Lehrers mit den hauptsächlichsten Geschichten in den fünf Büchern Mosis bekannt, fing im 15. Monat die Weltgeschichte an, hatte noch vor vollendetem dritten Lebensjahr die Institutionen und die dänische Geschichte inne, lernte nun auch lateinisch lesen, starb aber schon im fünften Lebensjahr. Auch Torquato Tasso, Johann Pico von Mirandola, Melanchthon, Hugo Grotius, aus neuester Zeit J. Stuart Mill, dürften zu den frühreifen Kindern zu zählen sein. Über die Ursachen einer solchen F. ist nichts bekannt. Geistig frühreife Kinder sind in der Regel einem frühen Tod verfallen, weshalb die Eltern derselben die geistige Entwickelung durch gesteigerte Pflege der körperlichen Ausbildung zurückhalten sollten.