Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fichtenrinde“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 241
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Fichtenrinde. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 241. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fichtenrinde (Version vom 22.02.2023)

[241] Fichtenrinde, die Rinde mehrerer Pinus-Arten, welche zum Gerben benutzt wird. Die Stammrinde der Fichte (Abies excelsa Lam.) ist in Europa eins der wichtigsten Gerbmaterialien. In Österreich-Ungarn, Bayern, Württemberg, Sachsen und Preußen wird mehr F. verbraucht als von irgend einem andern Gerbmaterial. Neben Eichenstammlohe ist sie auch im ganzen östlichen und nördlichen Deutschland am wichtigsten. Auch in Rußland und Frankreich findet sie häufig Verwendung. Ihr Wert ist außerordentlich verschieden, Lage und Standort, auch das Alter üben den größten Einfluß auf die Güte des Produkts. Starke Borke mindert den Wert, doch enthält sie oft fast ebensoviel Gerbstoff wie das Fleisch der Rinde, und nur der reichlich vertretene rotbraune Farbstoff ist schädlich. Der durchschnittliche Gerbstoffgehalt beträgt 8 Proz., und die Rinde eignet sich daher nur zum Schwellen, nicht zum Ausgerben der Häute. Sie ist deshalb auch sehr billig, und in vielen Gegenden rentieren sich nicht einmal die Kosten der Schälung. Da die Rinde keinen weiten Transport verträgt, so ist die Benutzung in der Regel nur eine sofortige und lokale. Die beste Rinde erhält man, wo in höhern Lagen die Stämme zur Saftzeit gefällt und sofort geschält werden. In Wert, Beschaffenheit und Bau steht der F. die der nordamerikanischen Picea alba Mill. (White spruce) sehr nahe. Lärchenrinde von Larix europaea L. eignet sich sehr gut zum Gerben, wird aber wegen der relativen Seltenheit der Lärche wenig verwendet. Tannenrinde von Abies pectinata Dec. ist mit Zusatz von Dividivi, Myrobalanen etc. ein vortreffliches Gerbmaterial und wird in Steiermark, Oberösterreich, in der Schweiz, in Savoyen und Rußland verwendet. Die Benutzung der nordamerikanischen Hemlockrinde von Abies canadensis Michx. hat in neuerer Zeit sehr zugenommen (in den Vereinigten Staaten sollen vor 20 Jahren 80 Proz. sämtlichen Leders mit Hemlock gegerbt worden sein). Man bereitet aus der Borke, welche gerbstoffreicher ist als das Fleisch, den Hemlockextrakt (Millers Tannin) und bringt ihn in großen Mengen nach Europa. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis Desf., s. Tafel „Gerbmaterialien liefernde Pflanzen“) liefert zwei für die Mittelmeerländer wichtige Rinden. In Algerien und Tunis fällt man die Stämme, entfernt die Borke und schält die saftige Innenrinde ab, welche als Snobarrinde (Snoubarrinde) in den Handel kommt. In Süditalien, Griechenland, Dalmatien, in der Türkei etc. nimmt man nur die Borke von den lebenden Stämmen ab und läßt die saftige Innenrinde unberührt, so daß dieselbe wieder neue Borke bildet. Diese Borke bildet die Scorza-rossa des Handels. Auch in Frankreich spielt die Rinde der Aleppokiefer eine große Rolle. Das damit gewonnene Leder heißt cuir d’Alger. Übrigens soll schon zuzeiten Theophrasts mit dieser Rinde in Griechenland gegerbt worden sein.