Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Feldbrücken“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 108109
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Feldbrücken. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 108–109. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Feldbr%C3%BCcken (Version vom 17.10.2022)

[108] Feldbrücken, die für die Truppen im Krieg oder bei Friedensübungen über Gewässer, trockne Gräben, Hohlwege etc. herzustellenden Übergänge. Man stellt sie her mit den Mitteln, welche man in der Nähe der Brückenstelle vorfindet, oder mit dem im Frieden vorbereiteten und auf den Brückentrains von den Truppen dazu mitgeführten Material. Man unterscheidet die F. nach der Breite der Brückenbahn in Brückenstege, etwa 1 m breit, für einzelne Fußgänger passierbar, Laufbrücken, 2–3 m breit, für Infanterie in geschlossenen Abteilungen, und in Kolonnenbrücken,m breit und für alle Waffen brauchbar. Außerdem benennt man die F. nach der Art der Unterstützungen, welche die Brückenbahn tragen. Diese, bei Stegen oft nur ein Brett oder Leitern mit aufgebundenen Brettern, besteht aus Balken, die der Länge nach dicht nebeneinander liegen, öfter noch aus einigen durch Zwischenräume getrennten, sogen. Streckbalken u. quer darübergelegten und festgebundenen Brettern. Die Zahl der Balken bedingt die Tragfähigkeit der Brücke; bei Stegen sind 2, bei Laufbrücken 3, bei Kolonnenbrücken mindestens 5 erforderlich, 1 Mittelbalken, 2 an den äußern Enden, der vierte und fünfte als Geleisebalken dazwischen, um die Spurbreite der Kriegsfahrzeuge voneinander entfernt, so daß die Räder auf ihnen rollen, wenn die Wagen die Mitte der Brücke halten. Der Bretterbelag wird auf den Streckbalken mit Hilfe von an den Enden aufgelegten Rödelbalken oder Rödelbrettern mit Rödeltauen befestigt. Die Streckbalken reichen entweder in Einer Spannung von Ufer zu Ufer, Uferbrücken, oft durch Häng- oder Sprengwerke (vgl. Brücke, S. 497) künstlich verstärkt, oder man braucht mehrere Balken und besondere Unterstützungen zwischen den Ufern; die Brücke zerfällt dann in mehrere Strecken, für welche Unterstützung und Brückenbahn nacheinander hergestellt werden. Die Unterstützungen ruhen auf dem Flußgrund, oder sie schwimmen auf dem Wasser. Als feste Unterstützung dienen Wagen, die man ins Wasser oder in die Einsenkung fährt, und auf denen dann die Streckbalken befestigt werden (Wagenbrücken), oder Bretterhaufen, durch Pflöcke in ihrer Lage erhalten (Brettstapelbrücken); wo viel Strauchwerk vorhanden, baut man Schanzkorbbrücken aus mit Steinen gefüllten und gut befestigten Schanzkörben, aus denen man Joche bildet, oder indem man das Gewässer mit hohlen, liegenden Körben füllt und über diese die Brücke legt; des Zeitaufwandes wegen seltener sind Pfahljochbrücken auf nebeneinander eingerammten, durch Latten zu größerer Haltbarkeit verbundenen Pfählen. Am ehesten sind solche in trocknen Ravins, Eisenbahneinschnitten etc. anwendbar, wo man die Balken leicht eingraben und die Brückenbahn höher legen kann. Endlich liefern die häufig vorhandenen und auch schnell zu zimmernden Böcke das Material zu den am meisten gebrauchten Bockbrücken. Seil- und Kettenbrücken auf von Ufer zu Ufer gezogenen Tauen und Ketten, welche direkt die Brückenbahn tragen, sind hier und da gebraucht worden, aber von geringer Verwendbarkeit. Schwimmende Unterstützungen sind Balken bei Floßbrücken, leere, paarweise verbundene Tonnen bei Faßbrücken, Kähne und größere Flußfahrzeuge bei Schiffbrücken. Die Zahl der Unterstützungen richtet sich nach der Länge u. Tragfähigkeit der für die Brückenbahn vorhandenen Balken.

Zum Brückenbau im Feld führt jedes deutsche Armeekorps mit sich in 2 Divisionstrains Material für je 36–39 m, im Korpstrain für 122–132 m, im ganzen also ein Material für 200–210 m Brückenlänge. Dasselbe besteht aus eisernen Pontons und für die dem Ufer nahen Strecken aus zweibeinigen Böcken als Unterstützungen; für die Brückenbahn teils aus gewöhnlichen Streckbalken, teils aus sogen. Knaggenbalken, welche auf die Holme der Böcke aufgekämmt werden können, und aus Belagbrettern von je 1/3 m Breite, welche zum Durchziehen der Rödelleinen an beiden Enden ausgeschlitzt sind. Rödelbalken, Schnürleinen, Geländerstangen und -Leinen sowie das Material zur Verbindung und Verankerung der Pontons bilden das sonstige Zubehör. Der Transport des Brückenmaterials erfolgt auf eigens konstruierten Fahrzeugen, den sogen. Hakets, die das Material für je eine Strecke tragen. Die Spannung der einzelnen Strecken ist für Bockstrecken mit Knaggenbalken gleichmäßig 5 m; für die Strecken mit Pontons kann die Spannung je nach der verlangten Tragfähigkeit wechseln. Normal, für alle Fahrzeuge der Feldarmee genügend, ist 4,50 m, wobei die Balken auf allen 4 Rändern (Borden) von je 2 Pontons ruhen und 3 m lichter Raum zwischen diesen bleibt; ausnahmsweise kann die Spannung auf 4,80 m erweitert oder für anhaltende Benutzung auf 3,30 m verkürzt werden, wobei die 6,50 m langen Streckbalken auf je 2 Strecken schon so weit übergreifen, daß sie doppelt nebeneinander liegen. Für den Transport schwerer Belagerungsgeschütze u. dgl. legt man die Balken über je 3 Pontons, wobei nur eine Spannung von 2,40m und 0,90 m lichter Raum zwischen

Fig. 1.
Feldbrücke (Bock).

je 2 Pontons bleibt. Die Böcke (Fig. 1) haben einen an beiden Enden durchlochten, 5,33 m langen Holm und Beine von 3 sowie längere von 4,50 m. Zum Bau steckt man die Bockbeine (bb) durch die Öffnungen des Holms a, bringt die mit eisernem Schuh versehenen untern Enden der Beine, welche eine breite Fußscheibe f‌f gegen zu tiefes Einsinken sichert, an Ort und Stelle; der Holm hängt in Ketten kk, durch deren Länge man die Höhe der Brückenbahn über dem Wasserspiegel regelt; dann legt man die Köpfe der Knaggenbalken c über den Holm, mit dem andern Ende über einen Uferbalken. Die Köpfe der Balken von je 2 Strecken halten den Bock in seiner Lage, dd sind die Rödelbalken, e die Belagbretter. Ist die zweite Unterstützung ein Ponton, so liegt der Knaggenbalken über den Ponton (Fig. 2) hinweg. Das Einbauen der Pontons geschieht einzeln, wobei die Pontons in die Brückenrichtung gerudert, die Streckbalken übergelegt und befestigt, die sogen. Spanntaue an beiden Enden der Pontons angebunden, dann Belag und Geländer angebracht werden; oder gliederweise, indem man 2, 3 oder 4 Pontons gleich am Ufer verbindet, die fertigen [109] Stücke dann in die Brücke einfährt und mit den schon stehenden Teilen verbindet. Die Pontons werden zu je 2, 3 oder 4 durch Anker befestigt, zunächst oberstrom, aber zur Sicherung gegen Wind und Flut auch unterstrom. Auf größern Flüssen bestimmt man einzelne solcher Brückenglieder, welche zum Durchlassen von Schiffen ausgefahren werden. Der Wacht- und Sicherheitsdienst auf der Feldbrücke wird durch die Pioniere gehandhabt; die etwanige Deckung gegen den Feind ist Sache der Truppen. – Die Herstellung zerstörter Brücken erfolgt je nach Beschaffenheit der Brücke thunlichst mit demselben Material. Größere massive Brücken, aus denen Bogen weggesprengt sind, werden entweder in einer Strecke mit Balken überdeckt, oder man verspreizt die Tragebalken gegen die stehen gebliebenen Pfeiler; reicht das nicht aus, so schafft man eine haltbare Unterstützung durch Aufstellen von Böcken auf einem entsprechend großen, gut verankerten Prahm, Flußkahn u. dgl. Bei gesprengten eisernen Brücken geben oft die im Wasser liegenden, noch fest verbundenen eisernen Gitter etc. eine haltbare Unterlage für anzubringende Unterstützungen. – Dem Feldbrückenbau verwandt ist auch die Anlage von Übergängen über Sumpf- und Moraststrecken. Diese sogen. Sumpfbrücken bildet man durch lagenweises Übereinanderschichten von Strauchwerk und Faschinen, so hoch, bis diese 1/3 m über den Morast hervorragen. Auf dem so gebildeten Damm legt man dann die Fahrbahn an.

Fig. 2.
Feldbrücke (Ponton).

F. werden schon im Altertum vielfach erwähnt, so die Brücken der Perser unter Dareios über den Bosporus und die Donau, im Kriege gegen die Skythen, des Xerxes über den Hellespont zum Zug nach Griechenland, von denen nach Herodot die eine aus 314, die zweite aus 360 Schiffen bestand. Alexander d. Gr. führte schon tragbare Brücken auf seinen Kriegszügen mit. Die Römer bauten regelrecht Bock-, Pfahljoch- und Schiffbrücken; Cäsar ließ leichte Kähne zum Brückenbau mitführen. In der Kaiserzeit hatte jede Legion Pontons in ihrem Train. Aus dem Mittelalter ist über den Bau der F. wenig überliefert. In der neuern Zeit ist Albas Brückenbau über die Schelde bei der Belagerung von Antwerpen 1584 genauer bekannt. Die Kriege der Revolutionszeit brachten häufige Überbrückungen des Rheins. Aus der Napoleonischen Zeit haben besonders die Schiffbrücken über die Donau bei Aspern 1809 und die nach Verlust aller Pontons 26. Nov. 1812 mühsam hergestellten zwei Bockbrücken über die Beresina kriegsgeschichtliche Berühmtheit erlangt. Aus den Kriegen des letzten Jahrzehnts sind besonders der Brückenschlag der Preußen über die 240 m breite Schlei am 6. Febr. 1864 und zahlreiche Überbrückungen der Mosel, Maas, Seine etc. im Krieg 1870/71 zu nennen.