Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Esche“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 840
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Esche. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 840. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Esche (Version vom 01.12.2024)

[840] Esche (Fraxinus L., hierzu Tafel „Esche“), Gattung aus der Familie der Oleaceen, Bäume mit gegenüberstehenden, unpaarig gefiederten Blättern mit meist gesägten Fiedern, seitlich an vorjährigem Holz erscheinenden, unscheinbaren Blütenständen oder end- und seitenständige Rispen bildenden Blüten und einsamiger Flügelfrucht. Etwa 30 Arten in den gemäßigten und subtropischen Klimaten der nördlichen Erdhälfte. Die gemeine E. (Fraxinus excelsior L., s. Tafel), einer unsrer schönsten Waldbäume, mit hohem, schlankem Stamm, heller, rauher, im Alter borkenrissiger Rinde, ziemlich spät sich abwölbender Krone, schwarzen Knospen, unpaarig gefiederten Blättern mit länglichen oder elliptischen, gesägten, meist kahlen Blättchen, blumenblattlosen Blüten, die in ungleichen, kleinen Rispen vor dem Ausbrechen der Laubknospen erscheinen, und überhängender, breiter, geflügelter Frucht. Die Wurzel dringt nicht tief in den Boden, breitet sich aber ziemlich weit aus. Das Holz gleicht im Gefüge dem Rüsternholz, besitzt sehr zahlreiche schmale, feine Markstrahlen, ist gelbweiß, nur an stärkern Stämmen im Kern braun, fein, schwerspaltig, auf der Radialfläche ziemlich glänzend, hart, dient zu Drechsler- und Wagnerarbeiten, Turngeräten etc., junges Holz auch zu Faßreifen. Die E. findet sich in Europa bis 62° nördl. Br. und im Orient in feuchten Wäldern. Sie verlangt frischen, fruchtbaren Boden, wächst in der Jugend schnell und üppig und erreicht bei einem Stammdurchmesser von 90–125 cm eine Höhe von 40 m. In England soll es Eschen von nahe an 18 m Umfang geben. Die E. besitzt eine große Ausschlagsfähigkeit, an Krankheiten leidet sie wenig, bisweilen durch Spätfröste; Wild und Weidevieh benagen sie gern, und die Spanische Fliege frißt am liebsten Eschenlaub. Letzteres ist auch ein vorzügliches Schaffutter und wird als solches besonders in Steiermark und Kärnten benutzt. Die E. spielt in der nordischen Mythologie eine große Rolle: aus ihr ging der Mann hervor, aus der Erle das Weib. Man kultiviert viele Abarten, von denen die Trauer- oder Hängeesche (F. excelsior pendula Ait.) als Trauerbaum benutzt wird. Die E. kommt nicht in reinen Beständen in der Natur vor, sondern immer nur einzelständig oder in ganz kleinen Horsten. Reine Eschenbestände sind daher überall, wo man sie künstlich hervorgebracht hat, eine Unnatur und entspringen einem Zwange gegen die genannte Holzart, welcher sich durch totalen Mißerfolg rächt. Dagegen ist es durchaus ratsam, auf geeignetem kräftigen, thonreichen und frischen Boden in den Laubholzbeständen der E. im Einzelstand ihren Platz zu gönnen, ihr Vorkommen und ihren Wuchs möglichst zu fördern. Die E. ist heimisch auf dem kräftigen Buchenboden des Hügel- und untern Berglandes, meidet die Flachlandsandböden ebenso wie die rauhern Gebirgslagen, kommt aber in milden lehmigen Brüchern auch im Flachland gern vor, besonders an den etwas erhöhten und vor stauender Nässe geschütztern Rändern derselben. Will man sie an geeigneten Stellen in Verjüngungen einsprengen, so geschieht dies am zweckmäßigsten durch Pflanzung stärkerer, etwa 1 m hoher Pflanzen; kostspielige Heisterpflanzungen sind nur da ratsam, wo man fürchtet, daß die Pflänzlinge bald überwachsen werden. Dieselben sind gegen Wild (insbesondere gegen das Schlagen oder Fegen des Reh- und Rotwildes) sorgfältig zu schützen. Zur Erziehung der Pflanzen besäet man eine spatentief umgegrabene Fläche mit etwa 1 hl Samen pro Ar. Der Same reift im Oktober und wiegt pro Hektoliter etwa 17 kg. Er keimt meist erst im zweiten Jahr, und man bewahrt ihn daher auch in einem trocknen Graben, in welchem er etwa 15 cm hoch aufgeschüttet und mit Laub und Erde bedeckt wird, bis zum nächsten Herbst auf, um ihn dann auszusäen. Die jungen Pflanzen werden zweckmäßig einjährig verschult (in 0,3 m Quadratverband verpflanzt), wachsen dann aber in wenigen (2–3) Jahren zur kräftigen Lode oder zum Halbheister heran, wenn der Kamp eine frostfreie Lage hat. Gegen Frost sind die jungen Eschen überaus empfindlich. Die Mannaesche (Blumenesche, F. Ornus L.), ein hübscher, kleiner Baum oder Strauch in Südeuropa und im Orient, hat mit vier kleinen, zungenförmigen, weißen Blumenblättern versehene Blüten in ansehnlichen Trauben, auf der Unterfläche längs des Mittelnervs behaarte, drei- bis vierjochig unpaarig gefiederte Blätter und aufrechte Flügelfrüchte, findet sich in Bergwäldern Südeuropas, nordwärts bis zur südlichen Schweiz, Südtirol, Istrien, Ungarn, Siebenbürgen, in Kleinasien und Turkistan, wird besonders in Sizilien kultiviert und liefert die Manna, welche aus Einschnitten in die Rinde als süßer, an der Luft bald erhärtender Saft ausfließt. In unsern Parkanlagen werden auch mehrere nordamerikanische Eschen kultiviert, z. B. die Weißesche (F. americana L.), ein schöner, großer Baum von der Ostseite; die Rotesche (F. pennsylvanica Marsh); die Schwarzesche (F. nigra Marsh), gleichfalls von der Ostseite; die Blauesche (F. quadrangulata Mchx.), aus Ohio, Kentucky, Illinois, Tennessee, deren Holz gleich dem der Weißesche in der Heimat sehr geschätzt ist.

[Beilage]

[Ξ]

Esche.
Gemeine Esche (Fraxinus excelsior).
1, 2. Knospenentfaltung. – 3. Ein blühender Kurztrieb. – 4, 5, 6. Zwitterblüte von verschiedenen Seiten gesehen. – 7. Männliches Blütchen, bloß aus 2 Staubgefäßen bestehend. – 8. Stempel. – 9. Fruchtknoten mit weggeschnittener Vorderwand, um die am Samenträger hängenden Samenknospen zu zeigen. – 10. Derselbe quer durchschnitten. – 11. Zweigspitze mit anhängenden Früchten. – 12. Geöffnete Frucht mit an den Samenfaden angehängtem Samen. – 13. Auseinander gelegte Samenlappen, rechts mit dem Keimling. – 14. Keimpflanze.