Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Erythroskōp“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 828
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Erythroskōp. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 828. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Erythrosk%C5%8Dp (Version vom 06.01.2023)

[828] Erythroskōp (griech., v. erythros, rot, und skopein, schauen), eine Kombination aus zwei aufeinander gelegten farbigen Gläsern, einem dunkelroten Kupferoxydulglas (Rubinglas) und einem blauen Kobaltglas. Ersteres läßt sämtliche rote und orangefarbige Strahlen durch sich hindurchgehen, letzteres nebst den blauen nur die am wenigsten brechbaren roten Strahlen, welche das äußerste Ende des Spektrums (vor der Fraunhoferschen Linie B) einnehmen. Durch beide Gläser zusammen dringt also nur dieses äußerste Rot, die einzige Farbe, für welche beide Gläser gleichzeitig durchsichtig sind. Betrachtet man durch das E. eine sonnenbeschienene, vegetationsreiche Landschaft, so sieht man alle Gegenstände rot; die Pflanzen erscheinen aber im Vergleich mit den übrigen Dingen außerordentlich hell. Eine Baumkrone zeigt sich ebenso hell wie eine Wolke; das Laubwerk, welches, mit bloßem Auge gesehen, dunkel vom klaren Himmel absticht, zeichnet sich jetzt hell auf dunklem Grund ab; der Rasen, welcher für das bloße Auge dunkler ist als der bekieste Weg, erscheint hell, der Kiesweg dunkel. Diese Wirkung beruht auf dem eigentümlichen optischen Verhalten des Blattgrüns oder Chlorophylls, welches die mittlern roten Strahlen (zwischen B und C) kräftig absorbiert, die äußersten roten Strahlen aber reichlich zurückstrahlt. In dem von den Pflanzenblättern zurückgeworfenen Licht, welches dem bloßen Auge grün erscheint, ist daher diejenige Strahlenart, welche von dem E. allein durchgelassen wird, in verhältnismäßig größerer Menge enthalten als in dem Licht, welches von den übrigen Körpern ausgeht, und die Pflanzen erscheinen daher heller als diese. Den umgekehrten Effekt erzielt man durch eine Brille, welche aus rotem und violettem Glas zusammengesetzt ist; diese Kombination läßt nur die mittlern roten Strahlen durch, welche in dem von den Pflanzen zurückgestrahlten Licht in weit geringerer Menge enthalten sind als in dem Licht, welches von andern Körpern zurückgeworfen wird. Eine durch eine solche Brille betrachtete Landschaft erscheint ebenfalls durchaus rot; die Pflanzen aber sind jetzt viel dunkler als die übrigen Gegenstände, beinahe schwarz, weswegen die Vorrichtung Melanoskop genannt worden ist. Das E. und das Melanoskop erläutern in instruktivster Weise das verschiedene Verhalten des Blattgrüns gegenüber den äußersten und mittlern roten Strahlen; da jedoch jeder dieser Apparate nur eine einzige Farbe durchläßt, so verschwindet der Farbenreichtum und damit der malerische Reiz der betrachteten Landschaft. Eine wahrhaft wunderbare Wirkung bringt aber das Erythrophytoskop hervor, welches man erhält, wenn man mit dem blauen Kobaltglas ein hellrotes Kupferoxydulglas vereinigt; da nämlich letzteres auch für die blauen Strahlen durchgängig ist, so erhält man eine Kombination, welche zwei Farben, nämlich das äußerste Rot und Blau, durchläßt. Durch diesen Apparat blickend, sieht man die Pflanzen prachtvoll rubinrot gefärbt, während der klare Himmel tief violettblau, die Wolken in zartem Purpur, das Erdreich und die Felsen violettgrau erscheinen.