Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Erbämter“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 720
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Erbämter. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 720. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Erb%C3%A4mter (Version vom 03.04.2022)

[720] Erbämter, Hofämter, welche in einer Familie erblich sind. In diesem weitern Sinn waren auch die Erzämter (s. d.) der Kurfürsten des frühern Deutschen Reichs E. Jeder der weltlichen Kurfürsten aber, welcher ein Erzamt des Reichs bekleidete, hatte eine altadlige Familie zur Stellvertretung bei der Ausübung seines Erzamtes, und diese Stellvertretungsämter wurden vorzugsweise E. genannt. So gab es einen Erbmarschall (Pappenheim), Erbschenk (Limburg, später Althan), Erbtruchseß (Waldburg), Erbkämmerer (Hohenzollern) und einen Erbschatzmeister (Sinzendorf). Auch gab es einige E. ohne korrespondierende Erzämter, wie das Reichsjägermeisteramt der Grafen von Urach, später der Herzöge von Württemberg, das Reichsthürhüteramt der Grafen von Werthern und das Reichserbvorschneideramt der Herzöge von Mecklenburg. Neben diesen Reichserbämtern bestanden aber auch E. der einzelnen Reichsfürsten. Schon Kaiser Konrad II. hatte den Reichsfürsten das Recht erteilt, nach dem Muster der Reichserzämter Hofämter zu errichten. Diese Hofämter, nachmals beträchtlich vermehrt und teilweise mit einträglichen Pfründen ausgestattet, wurden ebenfalls in gewissen Familien erblich. Sie waren als annehmbare Sinekuren gesucht, und selbst größere weltliche Fürsten verschmähten es nicht, solche E. bei geistlichen Fürsten anzunehmen, wie denn z. B. der Kurfürst von Sachsen Obermarschall des Stifts Bamberg und Obermundschenk der Abtei Kempten war. Der eigentliche Hofdienst wurde in solchen Fällen durch Vikare oder durch besonders dazu angestellte Hofbeamte verrichtet. Mit der Auflösung des Reichs hörten auch die E. desselben auf, während diejenigen in den einzelnen deutschen Ländern sich zum Teil erhielten und neubegründete als Erblandeshofämter hinzukamen. Die Errichtung von solchen ist Sache des Landesherrn; ihre Inhaber haben bei besonders feierlichen Gelegenheiten die nach den bestehenden Zeremonialvorschriften sich bestimmenden Ehrendienste zu leisten. Diese E. bestehen neben den jeweilig ernannten Inhabern der obersten und obern Hofchargen und Hofämtern (s. Hof). In Österreich gibt es in den zum vormaligen Deutschen Bund gehörigen Ländern zahlreiche Erbhofämter. Auch in Preußen sind in den verschiedenen Landesteilen vielfach Erblandeshofämter geschaffen worden. So bestehen in Ostpreußen vier solcher E.: der Landhofmeister, der Oberburggraf, der Kanzler und der Obermarschall; in der Provinz Brandenburg gibt es acht etc. In Bayern wurden durch die Verfassungsurkunde vom 1. Mai 1808 vier lehnbare Reichskronämter geschaffen. Von diesen Würden bekleidet dermalen diejenige des Kronobersthofmeisters der Fürst von Öttingen-Öttingen und Öttingen-Spielberg, die des Kronoberstkämmerers der Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst und das Amt des Kronoberstmarschalls der Fürst von Fugger-Babenhausen. Der vierte Kronbeamte des Reichs ist der Kronoberstpostmeister, dessen Posten zur Zeit unbesetzt ist. Die Inhaber dieser Ämter sind Mitglieder der Kammer der Reichsräte. In Hannover war 1814 ein Erblandmarschallamt errichtet und dem Grafen von Münster übertragen worden. Auch in Württemberg wurden 1808 vier lehnbare Kronerbämter geschaffen: der Reichserbmarschall (Hohenlohe-Öhringen), der Reichserboberhofmeister (Waldburg-Zeil-Wurzach), der Reichserboberkämmerer (Löwenstein-Wertheim) und der Reichserbpanner (Zeppelin). Die aus älterer Zeit stammenden E. des Erbkämmerers (Freiherr von Gültlingen) und des Erbmarschalls (Freiherr Thumb von Neuburg) gehören nicht zu den Kronerbämtern des Reichs.