MKL1888:Elektrische Verdunstung
[527] Elektrische Verdunstung. Wenn man Wasser oder feuchte Erde in einer Schale, die mit dem Boden in leitender Verbindung steht, unter den Konduktor einer Holtzschen Maschine stellt und letztern dauernd in elektrischem Zustand erhält, so wird nach Mascart die Verdunstung ungemein befördert, zuweilen fast verdoppelt. Ohne Zweifel macht sich aber diese Wirkung der Elektrizität auch geltend, wenn die thätigen elektrischen Kräfte minder stark sind als in den Mascartschen Versuchen, und man hat es hier mit einem Phänomen zu thun, welches bei Beurteilung der Rolle, welche die Elektrizität in der Natur spielt, in Rechnung zu bringen ist. Gernez fand, daß die Elektrizität auch die Destillation befördert. Er beschickte ein ∩-förmig gebogenes Rohr mit Wasser, verschloß die beiden Schenkel mit Korken, durch welche zwei Platindrähte gingen, machte das Rohr luftleer und verband die Drähte mit den Polen einer Holtzschen Maschine. Das Wasser destillierte dann sehr schnell aus einem Schenkel in den andern und zwar stets in der Richtung des positiven Stroms. Temperaturdifferenzen wurden dabei nicht beobachtet, mindestens nicht größere als 0,1°, und dann fand sich die höhere Temperatur stets am negativen Pol. Anderseits erzeugt eine Temperaturdifferenz von 20° bei weitem nicht eine so schnelle Destillation wie der elektrische Strom, und durch letztern gelang es, eine Destillation vom kalten zum warmen Schenkel hervorzubringen. Die Menge der übergeführten Flüssigkeit zeigte sich proportional der benutzten Elektrizitätsmenge und nicht merklich abhängig von der Größe der freien Oberfläche der Flüssigkeit.