MKL1888:Drillen
[151] Drillen (weniger gut trillen), wirbelnd im Kreis herumdrehen, früher Strafe, bei welcher der Delinquent in ein sogen. Drillhäuschen, einen auf einem Unterbau stehenden, um einen Zapfen drehbaren Käfig, gesteckt und darin öffentlich ausgestellt ward; auch s. v. w. bohren. Außerdem ist D. im 16. und 17. Jahrh. offizieller, jetzt vulgärer Ausdruck für das Einexerzieren der Rekruten; in Holland (Drillmeester, Drillplaats) und England noch heute im Gebrauch, in Deutschland nur, wo man das pedantische Einschulen hervorheben will.
Drillen, in der Landwirtschaft das Aussäen in Reihen anstatt der ältern und noch allgemeiner gebräuchlichen breitwürfigen Saat, bei welcher der Same unregelmäßig ausgestreut wird, gleichgültig, ob das Ausstreuen durch die Hand oder durch Maschinen besorgt wird. Auch die Reihensaat kann durch die Hand bewirkt werden, in der Regel bedient man sich aber dazu besonderer Maschinen (Drills). Der Engländer Jethro Tull wird als der erste genannt, welcher die Drillkultur oder Reihensaat im großen angewendet hat (zu Anfang des vorigen Jahrhunderts). Lange Zeit hindurch blieb das Verfahren vorzugsweise auf England beschränkt, obschon einzelne Pflanzen, z. B. Kartoffeln, Rüben, Tabak, Mais etc., auch anderwärts regelmäßig in Reihen gepflanzt wurden und nicht minder in der Gärtnerei die Reihensaat oder -Pflanzung vielfach Anwendung fand (Spargel, Wein, Erbsen, Bohnen etc.). Außer für Hackfrüchte lernte man zuerst für Raps und Mohn der Reihensaat den Vorzug geben; deren allgemeine Anwendung auch für Getreide scheiterte auf dem Kontinent anfangs an vielen mißlungenen Versuchen, weil man sich streng an das in England übliche Verfahren hielt und nicht berücksichtigte, daß dieses den dortigen klimatischen und Bodenverhältnissen angepaßt war. Auf feuchtem Boden und unter feuchtem Klima bestockt sich das Getreide sehr stark, und deshalb muß eine entsprechende Reihenweite vorgesehen werden, zumal dann, wenn das Feld in gutem Kulturzustand erhalten wird. Wählt man die gleiche Reihenweite (unter Anwendung englischer Maschinen) da, wo es an Dungkraft oder an Feuchtigkeit oder an beiden und an guter Vorarbeit fehlt, so kann das Getreide die Zwischenräume nicht ausfüllen, das Unkraut überwuchert, und der Boden erhärtet, wenn nicht durch Bearbeitung während des Wachstums dem vorgebeugt wird. Lange Zeit hindurch glaubte man deshalb das Behacken der Zwischenreihen als den wesentlichsten Vorzug der Drillkultur ansehen zu müssen und wählte demgemäß die Reihenweite so, daß Hand- oder Pferdehacken angewendet werden konnten. Oft kann aber die Drillsaat ohne Behacken vorteilhafter sein, und jetzt weiß man, daß sie genau dem Boden und Klima anzupassen ist, wenn sie die höchsten Vorteile gewähren soll, ebenso aber auch, daß ihr eine entsprechende Bearbeitung des Bodens vorausgehen muß, und daß nicht jede Pflanze zum D. sich eignet. Am besten wurde das D. durch die Drainage gefördert, und nur nach vorgängiger Entwässerung, bester Bearbeitung und kräftiger Düngung kann man von Drillfertigkeit (Drillreife) des Bodens reden und den höchsten Erfolg von der Drillsaat erwarten. Aus vielfachen Versuchen kennt man das absolute (durchschnittliche) Raumbedürfnis einer jeden Pflanze. Das günstigste Verhältnis der Samenvervielfältigung würde man erzielen, wenn jedem einzelnen Saatkorn genau der ihm entsprechende Raum gegeben werden könnte. Im kleinen erreicht man dies mittels des sogen. Dibbelns (Dibbelkultur), indem man entweder durch kreuz und quer gespannte Schnüre, oder durch Furchenziehen mit dem Markeur und durch Einlegen der Körner in regelmäßigen Abständen in den Furchen, oder durch besonders konstruierte Maschinen den Samen genau verteilt und zwar so, daß jedes einzelne Korn nach allen Richtungen hin in gleichem Abstand von den nächsten Körnern zu liegen kommt. Bei dieser Kulturart bedarf man kaum 30 Proz. der für Breitsaaten nötigen Saatmenge und verschafft jeder einzelnen Pflanze die günstigsten Wachstumsbedingungen, besonders in Bezug auf Luft und Licht. Die Reihenkultur steht zwischen diesen beiden Saatmethoden in der Mitte; sie ermöglicht die Aussaat in gleichen Abständen der Reihen, nicht aber auch die entsprechende Lage der einzelnen Körner in den Reihen selbst. Die besten Maschinen streuen den Samen in dieselben immer noch relativ zu dicht, so daß das Saatquantum noch nicht unter 50–70 Proz. des für Breitsaat nötigen betragen kann und Luft und Licht den Pflanzen in erforderlicher Menge nicht von allen Seiten gleich zugänglich sind. Bei einzelnen Pflanzen, z. B. Zuckerrüben, lichtet man deshalb nach dem Aufgehen die Reihen durch Ausziehen der überflüssigen Pflänzchen, das sogen. Verdünnen (Verziehen), bei andern wohl auch durch Ausreißen mittels Eggens quer gegen die Reihen; in beiden Fällen leiden jedoch die stehen bleibenden Pflanzen leicht durch Beschädigung der Wurzeln, durch zu große Lockerung des Bodens und durch den Tritt von Menschen und Tieren. Ohne Verdünnen aber erhalten die Pflanzen nicht die vollkommenste Entwickelungsfähigkeit. Für die Kultur im großen muß man jedoch auf diese überhaupt verzichten, und es bietet deshalb die Reihensaat immerhin sehr große Vorteile.
Die Entfernung der Drillreihen richtet sich nach der Fruchtbarkeit des Bodens, Feuchtigkeit des Klimas, Drillreife des Ackers, Güte des Saatguts. Nach Eisbein drillt man, je nach Gunst der Verhältnisse:
Hafer, Sommerweizen, Roggen, Gerste, Wicken | auf | 10–20 | cm |
Klee, Luzerne, Esparsette, Senf, Weizen, Erbsen | „ | 12–20 | „ |
Buchweizen, Bohnen, Aweel | „ | 14–30 | „ |
Lupinen, Stoppelrüben, Möhren, Grünmais | „ | 17–36 | „ |
Zuckerrüben, Brachrüben, Raps | „ | 22–50 | „ |
Futterrunkeln | „ | 36–60 | „ |
Unter günstigen Verhältnissen wählt man die weitesten, unter ungünstigen die engsten Entfernungen.
Wo die Drillfertigkeit des Bodens nicht fehlt und die Saat selbst richtig getroffen wird, gewährt die Drillkultur vor der Breitsaat sicher folgende Vorteile: die gleichmäßigere Verteilung und, was nicht minder wichtig ist, die bessere Unterbringung der Saat, die Ersparnis an Saatgut, die stärkere Ausbildung der Halme und die größere Vollkommenheit und Gleichmäßigkeit der Körner, damit auch die größere Widerstandskraft gegen das Lagern, die Möglichkeit der Bearbeitung während des Wachstums, (s. Behacken), Schutz gegen (Pilz-) Krankheiten und Feinde, weil die Saat der Sonne und Luft zugänglicher ist und kräftiger wächst, die sicherere Zerstörung des Unkrauts, die bessere Überwinterung, die erleichterte Ernte, in Summa der höhere Ertrag und die bessere Instandhaltung des Bodens für die Nachfrucht. Als indirekter Nutzen kommt noch der des Zwanges zu vorzüglicherer Bodenbearbeitung überhaupt hinzu. Nachteilig wird die Drillkultur nur dann, wenn sie verkehrt angewendet wird, auf magerm Boden, bei ungenügender Bearbeitung desselben vor der Saat, [152] bei Anwendung schlechter Maschinen, unter Umständen allerdings auch durch die im allgemeinen verspätete Reife. Unanwendbar ist sie, abgesehen von einzelnen Pflanzen, auf zu ungleichem Boden, wo der Säemann ab- und zuthun kann, auf zu feuchtem, zu steinigem, zu trocknem Grund, bei Düngermangel, bei zu starker Verunkrautung, bei Anwendung von strohigem, frischem Mist sowie da, wo nur ungeübte Leute zur Handhabung der Maschinen verwendet werden können. Die Kostenersparnis, welche viele hervorheben, kommt nicht sehr in Betracht, weil gute Maschinen nicht gerade billig zu beschaffen sind und sich rasch abnutzen; immerhin aber wiegt die Saatgutersparnis die Mehrkosten gegen Handsaat in der Regel schon auf und erscheint das Mehrerträgnis als Reingewinn; dazu kommt noch der Vorteil für die Nachfrucht. Aus vorstehendem ergibt sich, daß die Breitsaat zwar nicht ganz verschwinden wird, aber von Jahr zu Jahr der Drillkultur mehr Terrain überlassen muß, zumal die Maschinen immer besser und billiger geliefert werden und die Mitteilungen über gemachte Erfahrungen sich stetig mehren. Von dem gleichzeitigen Ausstreuen von pulverigem Dünger mit dem Saatgut ist man größtenteils zurückgekommen. Man zieht dazu besondere Maschinen vor. Vgl. Schneitler, Die Dibbelkultur (Berl. 1860); Derselbe, Erfahrungen über Drillkultur (das. 1865 bis 1867, 3 Tle.); Eisbein, Die Drillkultur (2. Aufl., Bonn 1880); Sack, Die Tiefkultur und die Drillkultur (das. 1858 u. 1864).