Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dreschen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 138
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Dreschen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 138. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Dreschen (Version vom 08.05.2024)

[138] Dreschen, das Entkörnen der Getreidearten, Hülsenfrüchte, Ölgewächse etc., wurde in den ältesten Zeiten wohl durch Auspeitschen mit Ruten ausgeführt, später ließ man das Getreide etc. durch Haustiere austreten, wie dies heute noch bei Hülsen- und Ölfrüchten mancherorten üblich ist; mehrere Kulturvölker, wie die Ägypter, Römer, Karthager, bedienten sich geringelter Walzen oder durch Einschlagen von Zapfen und Steinen rauh gemachter Bohlen und Schleifen. Diese Methode hat sich hier und da bis heute erhalten; am gebräuchlichsten war aber bis in die neueste Zeit und ist in kleinern Wirtschaften noch heute der Dreschflegel, mit welchem das Getreide auf der Tenne bearbeitet wird. Der Dreschflegel besteht aus dem Klöppel, welcher durch einen Lederriemen, seltener durch einen Drahtbügel, mit dem Stiel, der Rute, verbunden ist. Im Durchschnitt drischt ein Arbeiter mittels des Dreschflegels stündlich 20–40 kg Getreidegarben mit einem Körnererträgnis von 7–14 kg. Diese Leistung wird um etwa ein Fünftel vermindert, wenn der Arbeiter gleichzeitig die Reinigung besorgt. Beim D. auf dem Acker wird zwar ein größerer Körnerverlust verhütet; aber gewöhnlich leiden Stroh und Spreu sehr, und beim Eintritt von Regenwetter ist die ganze Frucht gefährdet. Nur wenn die Felder weit von dem Wirtschaftshof gelegen sind, kann das D. mancher Früchte auf dem Acker vorteilhaft sein. Solche Früchte sind alle die, welche ungleich reifen oder leicht ausfallen, also Hirse, Buchweizen, Hülsenfrüchte, besonders aber die Ölgewächse. Das D. geschieht bei diesen auf einem festgestampften Platz oder auf groben Tüchern, die man ausbreitet, oder auch auf transportabeln Tennen. Gegenwärtig finden die Dreschmaschinen immer mehr Eingang, besonders seitdem gute Apparate gegeben sind, die Dampfkraft die teure Handarbeit ersetzt und besondere Unternehmer das D. akkord- oder lohnweise übernehmen.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 200201
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[200] Dreschen. Erfahrungsgemäß sind die Preise, besonders des Weizens, unmittelbar nach der Ernte am höchsten, weshalb das Streben, den Abdrusch der Ernte zu beschleunigen, dahin führte, den Dampfdrusch Tag und Nacht mit Zuhilfenahme elektrischer Beleuchtung ununterbrochen vorzunehmen. Es wird damit überdies eine Verminderung der Versicherungskosten herbeigeführt, da die Feuerversicherungsgesellschaften, solange das unausgedroschene Getreide in Feimen auf dem Feld lagert, sehr hohe Prämiensätze verlangen, und die Verluste, welche durch Auswachsen und Qualitätsverminderung der Körner entstehen, solange das Getreide in den Feimen lagert, werden vermieden. Gewisse Körnergattungen, z. B. Raps, dreschen sich in der kühlen Nacht besser als in der heißen Tageszeit. Durch Verkürzung der Druschkampagne werden die Arbeiter für die Herbstarbeiten früher verfügbar. Schließlich läßt sich durch das beständige Unterdampfhalten des Kessels wesentlich an Brennmaterial sparen. Der Nachtdrusch wird sich daher besonders für den Lohndrusch empfehlen, weil sich damit ein um die Hälfte höherer Lohn hereinbringen läßt. Freiherr Steiger-Münsingen („Pester Lloyd“) verwendete eine achtpferdige Dreschgarnitur von Clayton u. Shuttleworth und eine Dynamomaschine (Type Flachring-Compound-Wickelung für 8 Ampère bei 70 Volts) zum Betrieb einer Bogenlicht-Nebenschlußlampe von 800 Normalkerzen. Die elektrische Beleuchtungsanlage war in der Erntekampagne 1890 unter ungünstigen Verhältnissen 32 Nächte oder 206 [201] Stunden, somit durchschnittlich 6,13 Stunden pro Nacht im Betrieb, ohne Störung könnten 7,5 gerechnet werden. Die ganze Druschleistung der Garnitur betrug:

716 Tagesstunden 589000 Kilogr. = 822 Kilogr. pro Stunde
206 Nachtstunden 162900 = 790
922 Tag- u. Nachtstunden 751900 Kilogr. = 815 Kilogr. pro Stunde.

Nach Abzug der Arbeits- und Schmierpausen ist der Normaldruschtag von 5 Uhr früh bis 8 Uhr abends mit 13, die Nachtarbeitszeit von 8 Uhr abends bis 5 Uhr früh mit 71/2 Stunden zu rechnen. Bei Heranziehung der Nacht zum Drusch (mit Schichtwechsel der Arbeiter je Mittag und Mitternacht) würde sich daher die effektive Arbeitszeit auf 201/2 Stunden pro Kalendertag stellen, wovon in anbetracht der kurzen Sommernächte durchschnittlich 6 Stunden bei elektrischem und 141/2 Stunden bei Tageslicht gearbeitet werden. Obige 751,900 kg ergeben daher eine Druschkampagne von 45 Kalendertagen bei Anwendung des Nachtdrusches und von 71 Kalendertagen bei bloßem Tagdrusch, es würde daher eine nicht zu verachtende Zeitersparnis von 26 Kalendertagen oder rund einem Monat erzielt werden. Die Amortisations- und Zinsenkosten für den Dynamo im Wert von 1000 Mark inkl. der Kosten für Leuchtkohle (pro Stunde 4,4 Pf.) und Schmieröl betrugen 16 Pf. pro 100 kg, während der 4proz. Lohndrusch bei Tag sich auf 56 Pf. pro 100 kg ausgedroschener Frucht stellt.