Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dezemvirn“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 922
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Dezemvirn. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 922. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Dezemvirn (Version vom 02.08.2021)

[922] Dezemvirn (lat. Decemviri, „Zehnmänner“), eine zu einem bestimmten Zweck ernannte Kommission von zehn Männern bei den Römern. Rücksichtlich ihrer Wahl, der Dauer ihrer Amtsthätigkeit und ihrer Machtbefugnis waren sie sehr verschieden, daher die betreffende Bestimmung im Titel hinzugefügt zu werden pflegte. Die bekanntesten und oft schlechthin mit diesem Namen bezeichneten sind: die D. legibus scribendis, eine infolge des Antrags des Tribuns Terentilius Arsa zur Abfassung von Gesetzen für das Jahr 451 v. Chr. erwählte und mit der höchsten obrigkeitlichen Gewalt, so daß die übrigen Magistrate aufhörten, bekleidete Behörde. Die von diesen D. gesammelten und redigierten Gesetze wurden auf zehn eherne Tafeln eingegraben und auf dem Comitium aufgestellt. Da dieselben aber nicht völlig genügend erschienen, wurden für das Jahr 450 wieder D. gewählt, die noch zwei Gesetztafeln hinzufügten und ihr Amt verfassungswidrig auch 449 fortführten, bis ihr Übermut und namentlich der Frevel, den ihr Haupt Appius Claudius an Virginia versuchte, ihre Auflösung und die Wiedereinsetzung der alten Magistrate zur Folge hatte. Über die Gesetze der D. s. Zwölftafelgesetz. Die D. sacrorum oder sacris faciundis waren ein Priesterkollegium, welches dazu bestimmt war, die Sibyllinischen Bücher einzusehen und auszulegen. Anfänglich hatte dasselbe unter den Königen nur aus zwei Männern (Duumviri) bestanden; seit die Plebejer Zutritt bekommen hatten, waren es 10, je 5 Patrizier und 5 Plebejer. Sulla erhöhte 80 v. Chr. ihre Zahl auf 15, die nun Quindecimviri hießen. Die D. litibus (oder häufiger mit der alten Form stlitibus) judicandis waren ein Kollegium von Richtern. Über ihre Wahl und die Dauer ihres Amtes ist nichts Näheres bekannt; auch über den Bereich ihrer richterlichen Amtsthätigkeit läßt sich nur so viel mit Sicherheit erkennen, daß sie über Angelegenheiten, welche Freiheit und Bürgerrecht betrafen, Recht zu sprechen hatten. In der Kaiserzeit erscheinen sie als Präsidenten des Centumviralgerichts. Außer den genannten D. gab es noch außerordentliche Kollegien desselben Namens, z. B. diejenigen, welche bei Aussendungen von Kolonien zur Verteilung der Ländereien ernannt wurden: D. agris dividundis und colonis deducendis. Ihnen stand die Anweisung, Abmessung, Einteilung des Landes zu; auch fungierten sie als Richter etc. Ernannt wurden sie durch Komitien und zwar ohne Bestimmung der Dauer ihres Amtes.