Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dampfkochung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 459
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Dampfkochung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 459. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Dampfkochung (Version vom 21.11.2022)

[459] Dampfkochung, das Erhitzen von Flüssigkeiten mit Dampf, welcher in einem besondern Kessel erzeugt wird. In vielen Fällen kann man den Dampf aus dem Dampfkessel durch ein metallenes Rohr direkt in die betreffende Flüssigkeit leiten. Der Dampf gibt dann seine Wärme sehr vollständig ab und wird selbst wieder zu Wasser verdichtet, welches sich der zu kochenden Flüssigkeit beimischt. Bei dieser Methode wird die Flüssigkeit also verdünnt, sie ist aber in allen Fällen, wo dies nicht in Betracht kommt, sehr vorteilhaft, und man erhält z. B. direkt sehr konzentrierte Lösungen, wenn man den Dampf auf Salz, Zucker u. dgl. wirken läßt; leitet man ihn zu Farbholzspänen, so entsteht eine sehr starke Brühe, und der Farbstoff wird dem Holz vollständig entzogen. Besondere Wichtigkeit hat die Methode auch für die Landwirtschaft. Gekochtes Futter wird vom Vieh viel besser verdaut als ungekochtes, und man erreicht also mit einer kleinern Menge gekochten Futters dasselbe Resultat wie mit einer größeren Menge rohen Futters. Nun kann man leicht berechnen, wieviel vorteilhafter es ist, wenn man das Futter durch hinzugeleiteten Dampf bis auf den Siedepunkt des Wassers erhitzt, als wenn man es mit Wasser übergießt und dies dann zum Kochen erhitzt. Zu diesem Zweck sind von Gall, Richmond u. Chandler, Eckert u. a. zweckmäßige Apparate konstruiert worden. – Darf das aus dem Dampf verdichtete Wasser nicht mit der zu kochenden Flüssigkeit in Berührung kommen, so wendet man Gefäße mit doppeltem Boden an und leitet zwischen beiden Böden den im Dampfkessel erzeugten Dampf. Diese Art der D. wird namentlich angewandt, wo in einer zu erhitzenden Flüssigkeit zugleich feste Körper vorkommen, also z. B. beim Scheiden des Rübensafts, in der Färberei, wenn man Zeuge in die Flotte tauchen will, etc. Hat man es aber nur mit einer gleichartigen Flüssigkeit zu thun, so legt man ein oder zwei Schlangenrohre (Heizschlangen) in den Kessel, in welchem gekocht werden soll, und leitet den Dampf durch die Rohre. Hier ist die durch den Wasserdampf erhitzte und von der Flüssigkeit berührte Metallfläche größer, und die Erhitzung verläuft deshalb schneller. Bei dem Robertschen Verdampfungsapparat sind mehrere Hundert Rohre mit ihren Enden in entsprechenden Öffnungen zweier horizontaler Scheiben befestigt, die den cylindrischen Raum des Verdampfungsgefäßes, den Dampfheizraum, unten von dem kleinen gewölbten Bodenraum und oben von dem geräumigen Saftdampfraum trennen. Der Bodenraum steht also mit dem Saftdampfraum durch die Rohre in Verbindung, und eingelassener Saft füllt erstern, letztern und die Rohre: der eingelassene Dampf umspült den obern und den untern Boden sowie die Rohre und erhitzt dadurch den Saft. Die D. bietet besonders den Vorteil, daß man mit Einer Feuerung viele Gefäße erhitzen, und daß man zu den Kochgefäßen sehr häufig hölzerne Fässer od. dgl. benutzen kann, da dieselben mit Feuer nicht in Berührung kommen, und namentlich den, daß ein Anbrennen vollständig vermieden wird. – Auch für die Küche hat man daher die D. angewendet und für gewisse Zwecke mit großem Vorteil. Man gießt in einen Topf einige Zoll hoch Wasser und stellt einen mit drei Füßen versehenen zweiten Boden aus Drahtgeflecht oder siebartig durchlöchertem Blech hinein. Diesen Boden darf das Wasser nicht berühren; erhitzt man nun zum Kochen, so dringt der Dampf durch die Öffnungen des zweiten Bodens und wirkt auf die auf demselben befindlichen Körper. Mit größerm Vorteil und namentlich für Speiseanstalten wendet man geschlossene Töpfe an und leitet in jeden derselben aus einem Dampfkessel ein Dampfrohr. Man kann dann den Druck beliebig steigern und erhält in kürzester Zeit sehr wohlschmeckende Speisen.