Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Cyansäure“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 379
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Cyansäure. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 379. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Cyans%C3%A4ure (Version vom 06.01.2023)

[379] Cyansäure CNOH entsteht, wenn Cyan über glühendes kohlensaures Kali oder in wässerige Alkalien geleitet wird, und beim Glühen von Cyanverbindungen unter Luftzutritt, mit Salpeter oder Braunstein. Reine C. erhält man durch Erhitzen von getrockneter Cyanursäure C3N3O3H3 in einer Retorte. Sie bildet eine wasserhelle Flüssigkeit von höchst durchdringendem, stechendem, der Essigsäure ähnlichem Geruch, ist sehr flüchtig und verursacht, auf die Haut gebracht, unter heftigen Schmerzen augenblicklich weiße Blasen; sie reagiert stark sauer, ist nur unter 0° beständig, wird bei gewöhnlicher Temperatur trübe, breiartig und geht unter sehr starker Erhitzung in festes, weißes, geruchloses Cyanmelid über, welches gleiche prozentische Zusammensetzung wie C. hat, in Wasser und Alkohol unlöslich ist und beim Erhitzen wieder C. liefert. Wasser wird von der C. augenblicklich absorbiert, wodurch sie zersetzt wird und Ammoniak und Kohlensäure bildet. Die C. bildet mit Basen die Cyansäuresalze (Cyanate), die mit verdünnten Mineralsäuren Kohlensäure entwickeln, welche von einem Anteil unzersetzt sich verflüchtigender C. den Geruch der letztern hat, während sich in der Flüssigkeit Ammoniak findet. Die cyansauren Salze der fixen Alkalien werden selbst in der Rotglühhitze nicht zersetzt. Die Salze mit alkalischer Basis sind im Wasser löslich, alle übrigen unlöslich. Cyansaures Kali (Kaliumcyanat) CNOK erhält man durch Schmelzen von gelbem Blutlaugensalz (Kaliumeisencyanür) mit kohlensaurem Kali und Bleioxyd und Ausziehen der Schmelze mit Alkohol. Es ist dem chlorsauren Kali ähnlich, löst sich leicht in Wasser, schwerer in Alkohol, zersetzt sich in wässeriger Lösung schnell in kohlensaures Kali und Ammoniak. Cyansaures Ammoniak (Ammoniumcyanat) CNONH4 entsteht aus Cyansäuredampf und trocknem Ammoniak als farbloses Pulver. Seine Lösung gibt beim Verdampfen, ohne daß etwas hinzukommt oder hinweggeht, Harnstoff CO(NH2)2. Wenn man über erhitzten Harnstoff Chlor leitet und den dabei gebildeten Salmiak mit Wasser auszieht, so bleibt Cyanursäure C3N3O3H3 zurück, die in farb- und geruchlosen, wasserhaltigen, an der Luft verwitternden Kristallen erhalten werden kann, in Wasser und Alkohol löslich ist und beim Erhitzen in 3 Moleküle C. zerfällt. Aus einer Lösung von cyansaurem Kali scheidet sich auf Zusatz von Essigsäure cyanursaures Kali in glänzenden, wenig löslichen Kristallen ab.