Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Colebrooke“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 203
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Colebrooke. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 203. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Colebrooke (Version vom 02.04.2024)

[203] Colebrooke (spr. kohlbruck), Henry Thomas, der erste Sanskritist seiner Zeit und Hauptbegründer des Studiums der indischen Litteratur in Europa, geb. 15. Juni 1765, kam frühzeitig nach Indien, war zuerst Richter zu Mirzapur und dann britischer Resident am Hof zu Berar, kehrte 1816 nach Europa zurück und starb 10. März 1837 in London als Präsident der Asiatischen Gesellschaft. Auf das Sanskrit, die alte heilige Sprache Indiens, wurden die Engländer zuerst durch die praktischen Bedürfnisse der Rechtsprechung in Indien geführt, und dieses Bedürfnis rief auch das erste größere Werk von C. hervor, seine Übersetzung eines umfangreichen indischen Rechtswerks über Erbrecht, Sachen- und Obligationenrecht („A digest of Hindu law on contracts and successions“, Kalkutta 1798, 3 Bde.; Lond. 1801, 3 Bde.; Madras 1864, 3 Bde.), dem später als Ergänzung seine „Translation of two treatises on the law of inheritance“ (das. 1810) folgte (wieder abgedruckt in Stokes’ „Hindu law books“, das. 1865). Diese noch ohne alle lexikalischen Hilfsmittel, nur mit Unterstützung einiger indischer Punditen mit außerordentlicher Genauigkeit und bewunderungswürdigem Geschick in der Wiedergabe der zahlreichen juristischen Kunstausdrücke der Sanskritlitteratur ausgeführten Übersetzungen gaben nicht nur das Muster für alle spätern Übertragungen indischer Rechtswerke ab, sondern sie bilden noch heutzutage die Hauptgrundlage für die Rechtsprechung der anglo-indischen Gerichtshöfe, soweit dabei das indische Nationalrecht zu Grunde gelegt wird, und der zahlreichen englischen Handbücher für indisches Recht. Die gleiche Sorgfalt und philologische Gründlichkeit zeichnet die zahlreichen Essays von C. aus, die fast alle Teile der indischen Litteratur betreffen und größtenteils auch jetzt noch nicht überholt sind, so seine Abhandlungen über die Wedas, über die philosophischen Systeme der Inder, über die indischen Sekten, über das indische Maß- und Münzsystem, über Sanskrit- und Prâkritpoesie, über indische Inschriften, über den indischen und arabischen Tierkreis, über die Pflichten einer indischen Witwe (Witwenverbrennung) und andre Aufsätze, die zuerst in den Veröffentlichungen der Asiatischen Gesellschaften von Kalkutta und London erschienen und später wiederholt gesammelt wurden (zuletzt von Cowell, „Miscellaneous essays by H. T. C.“, Lond. 1873, 2 Bde.; dazu als dritter Band Colebrookes Biographie von seinem Sohn). Grundlegend für das Studium der indischen Grammatiker und Lexikographen wirkten seine leider unvollendete Sanskritgrammatik (Kalkutta 1805), die von ihm veranlaßte erste Ausgabe der Grammatik des Pânini (1810) und das von ihm herausgegebene alte Sanskritwörterbuch „Amarakosha“. Für die Geschichte der Mathematik wichtig ist seine Übertragung aus dem Sanskrit „Algebra of the Hindus“ (Lond. 1817). C. erkannte auch als einer der ersten die enge Verwandtschaft des Sanskrits mit den indogermanischen Sprachen Europas.