Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Cisĭo-Janus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 142
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Cisĭo-Janus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 142. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Cis%C4%ADo-Janus (Version vom 28.12.2023)

[142] Cisĭo-Janus, vor Einführung unsrer heutigen Kalender die lateinischen Verse, aus denen man die Folge der wichtigsten Tage eines jeden Monats erkannte. Da man früher das Datum meist nach Festen und besonders Heiligentagen zu bestimmen pflegte, so hatte man die wichtigern derselben in jedem Monat in eine Art lateinischer Hexameter gebracht, aus denen sich ihr Tag leicht erkennen ließ. Man ordnete nämlich in je zwei Hexametern die Namen der wichtigsten Feste und Heiligen so, daß jede Silbe der beiden Verse einen Tag bezeichnete und der Name selbst mit derjenigen Silbe begann, welche die Tagezählung des Monats erforderte. So bedeutete das Wort Cisio s. v. w. Circumcisio Christi, während der Name Janus anzeigte, daß dieses Fest auf den 1. Januar falle. Nicht nur die Beschaffenheit des Versmaßes erforderte eine solche Abkürzung, sondern auch der Umstand, daß jede Silbe einen Monatstag bezeichnete und daher schon die sechste Silbe das auf den 6. Januar fallende Fest der Erscheinung Christi andeuten mußte. Als Abkürzung für Epiphania fügte man daher sogleich die Silben Epi und, da solche Abkürzungen an sich nicht verständlich waren, oberhalb der Verse die Ergänzungen hinzu. Ein von Ph. Melanchthon verfaßter C. beginnt also:

Cisio Janus Epiphaniis dic dona Magorum,
Vincit orans Agne, nova Paulum lumina vertunt.

Ein C., wo jedes Wort einen Tag bedeutet, beginnt:

Jesus das Kind ward beschnitten,
Drey König von Orient kamen geritten,
Und opferten dem Herrn lobesan,
Antonius sprach zu Sebastian,
Agnes ist da mit Paulus gewesen,
Wir sollen auch mit genesen; etc. etc.

Noch im Anfang des 17. Jahrh. findet man den Namen eines Kalenderheiligen statt des Datums in Urkunden angegeben, und bis dahin wurde auch der C. in den Schulen auswendig gelernt. Obgleich Ph. Melanchthon demselben mehr Geschmack zu geben versucht hatte, so legte man doch den ältern C. wegen der größern Heiligenzahl immer von neuem auf. So erschienen: „Lucae Losii C., h. e. Calendarium syllabicum“ (Wittenb. 1551) und „Chytraei Chronologia“ (Helmst. 1586, Rost. 1592). Zu Anfang des 18. Jahrh. wurde der C. vom Kalender verdrängt.