Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Chartepartie“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 956
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Chartepartie. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 956. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Chartepartie (Version vom 23.06.2021)

[956] Chartepartie (Certepartie, ital. Carta partita, franz. Charte partie, Police d’affrétement, engl. Charter-party), im Seehandel der schriftliche Vertrag, welcher über die Befrachtung eines Schiffs oder auch eines Teils desselben zwischen dem Eigentümer des Schiffs, d. h. dem Reeder oder dem Kapitän, und dem Versender der Waren, dem Befrachter, abgeschlossen wird. Die darüber ausgestellte Urkunde hat ihren Namen von der alten Gewohnheit, mehrere Exemplare derselben auf Einen Bogen zu schreiben und sodann mit gezacktem Schnitt zu trennen, so daß man an ihrem Zusammenpassen ihr Zusammengehören erkennen kann. Diese Methode ist nur in England noch gebräuchlich, wo solche zerschnittene Urkunden Intendures heißen. Nur wenn ein Schiff als Ganzes befrachtet („gechartert“), d. h. dessen ganzer Raum von einem Mann oder Handlungshaus oder von mehreren auf gemeinschaftliche Rechnung für die zu verschiffende Ware gemietet wird, ist die Aufsetzung einer C. gewöhnlich. Über Stückgut pflegt nur ein Recief, Ladeschein, gegeben zu werden, wonach das Konnossement ausgefertigt wird. Von der C. pflegen drei Exemplare ausgestellt zu werden, wovon eins der Schiffer behält und zwei der Befrachter an sich nimmt, um das eine dem Empfänger der Ware zuzusenden. Zur Vollständigkeit der C. gehören: die Benennung des Schiffs und seiner Flagge, die Angabe seines Tonnengehalts, der Name des Befrachters und des Schiffers, des Orts der Befrachtung und der Löschung, das Verzeichnis der geladenen Güter nach Zahl, Gewicht und Marken der Kolli, die Angabe der bedungenen Fracht, der Lieferungszeit, der Liegetage und der Ungelder. Wenn der Befrachtungsvertrag durch Vermittelung eines Maklers geschlossen wird, so liegt es diesem ob, die C. zu entwerfen. Das deutsche Handelsgesetzbuch bestimmt Art. 558: „Wird das Schiff im ganzen oder zu einem verhältnismäßigen Teil oder wird ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffs verpachtet, so kann jede Partei verlangen, daß über den Vertrag eine schriftliche Urkunde (C.) errichtet werde“. Die Gültigkeit des Vertrags ist indes nach deutschem, englischem und nordamerikanischem Seerecht von der schriftlichen Form nicht abhängig. Nach französischem, portugiesischem und spanischem Seerecht soll der Befrachtungsvertrag allerdings schriftlich abgeschlossen werden. Die Praxis hält jedoch auch den mündlichen Vertrag für gültig. Vgl. v. Kaltenborn, Grundsätze des praktischen europäischen Seerechts, Bd. 1, § 88 ff.