MKL1888:Brunnen
[517] Brunnen, Hafenort im schweizer. Kanton Schwyz, in reizender Gegend am Einfluß der Muota in den Vierwaldstätter See und an der Gotthardbahn, als Touristenstation berühmt. In der Umgegend die Kurorte Stoß, Axenstein und jenseit des Sees, auf Unterwaldener Gebiet, Seelisberg. In B. beschworen 1315 nach der Schlacht am Morgarten die drei Waldstätte ihren Bund auf ewige Zeiten, worauf sie den Namen Eidgenossen erhielten.
Brunnen, natürliche oder künstliche Vertiefungen des Bodens, worin sich Quellwasser sammelt, welches durch Schöpfeimer oder Pumpen zu Tage gefördert wird. Andre B. werden durch Sickerwasser gespeist, welches aus Flüssen oder atmosphärischen Niederschlägen stammt und allmählich durch die benachbarten Erdschichten in den B. sickert. Bei zu Tage tretenden natürlichen Quellen genügt es, dieselben mit einem Brunnenkranz aus Bohlen oder Gemäuer zu umgeben, worin sich ein geregelter Wasserstand bildet. Hierdurch entsteht der Brunnenkessel (Brunnenhaus, Brunnenstube), welcher oft noch mit dem Brunnendach bedeckt wird. Wo Gefahr vorhanden ist, daß der B. durch Tagewasser verunreinigt wird, umgibt man die erste Mauer in einem Abstand von 30–45 cm mit einer zweiten und stampft den Zwischenraum mit Thon aus, welcher Wasser nicht durchläßt. Zur Leitung des Wassers nach einem entfernten Konsumtionspunkt legt man eine Röhrenfahrt oder Brunnenleitung an, welche mindestens 1 m unter der Erde liegen, gehörigen Fall haben und am Einlauf mit einem Sieb versehen sein muß, um Verunreinigungen und Verstopfungen zu vermeiden. [518] Am Ende der Röhrenfahrt errichtet man einen senkrechten Brunnenstock (Post), in welchem das Wasser bis zu einer Ausflußöffnung mit horizontalem Rohr aufsteigt. Die zu der Leitung dienenden Brunnenröhren werden aus sehr verschiedenem Material hergestellt. Gußeiserne setzen leicht im Innern Knollen von Eisenoxydhydrat an und hindern dann den Ausfluß des Wassers, auch frieren sie leicht auf. Holzröhren aus Erlen-, Kiefern- oder Eichenholz sind zwar billig und widerstehen einem starken Druck, faulen aber in einigen Jahren und erteilen dann dem Wasser einen übeln Geschmack. Zur Konservierung der Röhren trägt ein Umschütten derselben mit einer dünnen Schicht von gelöschtem Kalk oder ein Imprägnieren derselben mit Teer bei. Am empfehlenswertesten sind Thonröhren aus glasiertem Thon oder Steingut, welche jetzt in allen Dimensionen nebst Muffen angefertigt werden. Man verbindet sie mit Hilfe von Zement. Auch gießt man die Röhren selbst aus Zement, indem man einen cylindrischen, 1 m langen Kern von Holz mit Zement umgießt und aus der erhärteten Masse so weit herauszieht, daß man sofort ein weiteres Stück Rohr anfügen kann. Dies Verfahren geht schnell von statten und liefert eine aus einem kontinuierlichen Rohr bestehende Leitung.
Sehr häufig und besonders in Städten ist man genötigt, sich mit dem Sickerwasser zu begnügen, welches man überall findet, wenn man nur tief genug gräbt. Man hat bei der Anlage solcher B. die Nähe von Düngergruben sorgfältig zu vermeiden und muß, am besten bei anhaltend trocknem Wetter, so tief graben, bis man das eindringende Wasser nicht mehr bewältigen kann. In festem Erdreich wird der Brunnenschacht mit Holzwerk abgetrieben und kann dann von unten nach oben ausgemauert werden. In lockerem Erdreich, oder wenn man das Eindringen von Obergrundwasser vermeiden will, gräbt man nur einige Fuß tief, legt auf den geebneten Boden einen aus Eichenbohlen konstruierten, mit Eisen beschlagenen Brunnenkranz (Grundring) und errichtet darauf ein Stück Brunnenmauer in Zement, wobei man vier eiserne Bolzen lotrecht mit vermauert. Entfernt man allmählich das Erdreich unter den Brunnenkranz, so sinkt das Stück Mauerwerk herab, und man kann weiter mauern und weiter graben, bis der B. die erforderliche Tiefe erreicht hat. Das Ausstopfen der untern Steinfugen mit Moos, welches allmählich fault, ist zu verwerfen.
Die Wasserförderung aus den B. wird bei den Schöpfbrunnen mittels eines Haspels und einer darüber sich aufwickelnden Kette oder eines Seils bewirkt, woran zwei Eimer das Gewicht gegenseitig ausgleichen. Bei großer Tiefe läßt man das Seil oder die Kette auf eine über dem B. liegende stärkere Welle sich aufwickeln, welche mittels Zahns und Getriebes von einer stehenden Welle aus durch Ochsen oder Pferde oder auch unmittelbar durch ein Lauf- oder Tretrad von Menschen oder Tieren in Bewegung gesetzt wird. Die Stelle der Eimer ersetzen dann größere oder kleinere Tonnen, welche bei ihrer Ankunft an oder über der Brunnenbrüstung von Haken gefaßt und gestürzt werden und so ihren Inhalt von selbst in Rinnen ausgießen. Sehr gewöhnlich sind auch die Ziehbrunnen, bei denen der Eimer mittels einer Kette oder besser einer Stange an dem langen Arm eines sich auf einer Säule in einer Gabel bewegenden Schwengels hängt, dessen kurzer Arm mit einem Gegengewicht beschwert ist. Pumpen und zwar einfache Saug- und Hub- oder bloße Hubpumpen, durch Schwengel, Drücker etc. in Bewegung gesetzt, sind für den Gebrauch im gemeinen Leben bei nicht zu großer Fördertiefe und zu hebender Wassermenge am meisten verbreitet. Damit sie von Einem Menschen bedient werden können, dürfen sie nicht über 13–16 cm im Stiefel weit sein und bei 30–40 cm Hub einen Lastarm von der 11/2fachen und einen Kraftarm von der 2–31/2fachen Länge des Hubes besitzen, so daß der Weg der Kraft nicht über 1,25–1,4 m beträgt. In dem B. müssen Tragehölzer für die Pumpen angebracht sein, die Saugröhre ist am untersten Ende zu schließen und auf der Seite mit einer Saugöffnung zu versehen oder besser mit einem durchlöcherten Senkkorb zu umgeben, damit kein Sand oder sonstiger Bodensatz mit aufgesaugt werde.
B. mit seitlich zufließendem Wasser sind um so ergiebiger, je größer man den Niveauunterschied beim höchsten und tiefsten Wasserstand, also bei bez. in Ruhe und in Thätigkeit befindlicher Pumpe macht. Empfängt aber der B. einen Zufluß durch Quellen, welche aus dem festen Grund von unten in den B. treten, so wird die Ergiebigkeit durch Herstellung eines luftleeren Raums über dem Wasserspiegel gesteigert. Hierauf beruht die Konstruktion der Evakuationsbrunnen, welche zuerst von Donnet in Lyon und fast gleichzeitig von Schulz in Hagen in vollkommenerer Form ausgeführt worden sind. Donnet konstruiert die Brunnenmauer aus Beton oder Steinen, welche innen mit Zement überstrichen werden, und schließt den Brunnenraum an der Oberfläche des Wassers durch eine Metallplatte, welche auf die hier angesetzte Mauer gelegt und durch Zement mit derselben verbunden wird. Nach einer andern Methode versenkt Donnet eine cylindrische Glocke von Metall, welche mit einer Betonmauer zu umgeben ist, in die Brunnengrube und zwar so, daß der obere Teil der Glocke noch unter das Wasserniveau kommt. Die Saugröhre der Pumpe sitzt auf dem Deckel der Glocke oder auf der erwähnten Platte, und der Saugkorb ragt durch eine Öffnung in den abgeschlossenen Raum hinein, Vorrichtungen, durch welche man die Ergiebigkeit der B. um das Acht- und Mehrfache gesteigert hat.
Durch große Einfachheit zeichnen sich die Rammpumpen aus, welche als amerikanische, Nortonsche- oder Röhrenbrunnen sehr bekannt geworden sind, nach ihrer Anwendung bei der englischen Expedition gegen Abessinien auch abessinische B. genannt werden, aber in Deutschland schon 1815 von Nigge und 1831 von Melm ausgeführt worden sind. Sie bestehen aus gewalzten eisernen Gasröhren von 32 cm innerm und 46 cm äußerm Durchmesser, welche sich durch Zusammenschrauben verschiedener Stücke auf eine Länge bis zu 9,5 m bringen lassen. Eine der zuerst eingerammten Röhren ist an einem Ende mit einer stählernen Spitze versehen und über dieser Spitze auf eine Länge von 30–40 cm ringsherum mit Löchern von 4 mm durchbohrt, so daß Wasser leicht in das Rohr eindringen kann. Zwei Männer können den B. in kurzer Zeit herstellen. Ist erst der Stand des Brunnens gewählt, so schraubt man etwa 1 m von der Stahlspitze entfernt einen eisernen Klemmring D (Fig. 1) auf das Rohr A, schiebt dann auf letzteres einen ca. 35 kg schweren eisernen Fallblock C, befestigt 2 m über demselben zwei Rollen B, über welche von dem Fallblock aus zwei Seile laufen, und treibt nun das senkrecht gestellte Rohr in den Boden, indem die Arbeiter den Fallblock abwechselnd heben und fallen lassen. Nachdem das erste Rohr eingetrieben ist, wird ein zweites angeschraubt, an diesem der Rammapparat befestigt und so fortgefahren, [519] bis Wasser erreicht ist, wovon man sich durch ein in das Rohr hinabgelassenes Senkblei leicht überzeugen kann. Hat man Wasser gefunden, so schraubt
Fig. 1. | |
Röhrenbrunnen, Rammpumpe. | |
man eine Pumpe an das hervorstehende Ende des Rohrs und wird mittels derselben zuerst meist schlammiges, sehr bald aber reines Wasser erhalten. Steht der B. in sehr feinem Sand, so kann dieser dauernd mitgerissen werden; in solchem Fall gibt man dem durchlöcherten Rohr mit der Stahlspitze bei etwa 1 m Länge einen etwas größern Durchmesser und schiebt in dasselbe ein zweites messingenes, ebenfalls vielfach durchbohrtes Rohr, welches mit einem Gewebe von Pferdehaaren überzogen ist. Der Röhrenbrunnen durchbricht zwar nicht feste Steinbildungen, dringt aber in harte Bodenarten ein. Will man das Rohr herausheben, so genügt es, das Fallwerk umgekehrt wirken zu lassen.
[Artesische Brunnen.] Das in den Erdboden eindringende Wasser wird sehr oft von undurchlässigen Schichten aufgehalten und ist dann gezwungen, diesen zu folgen. Ist die wasserführende Schicht auch noch von einer undurchlässigen bedeckt, so kann das Wasser bei passender Neigung der Schichten einem sehr hohen hydrostatischen Druck ausgesetzt werden. Das an der Erdoberfläche bei a (Fig. 2) in die Schicht eindringende Wasser bewegt sich zwischen den undurchlässigen Schichten b und c und steht z. B. am Punkte d unter einem Druck, welcher einer Wassersäule von der Höhe
Fig. 2. | |
Artesischer Brunnen. | |
ef entspricht. Treibt man nun bei g ein Bohrloch nieder, so wird das Wasser nach Durchbohrung der Schicht b alsbald im Bohrloch aufsteigen, zu Tage treten und je nach Umständen sich auch noch im Strahl erheben. Derartige B., welche also auf das Gesetz der kommunizierenden Röhren zurückzuführen sind, nennt man artesische. Die Anlage derselben hängt von dem geognostischen Bau der Gegend ab. Die meiste Aussicht auf Erfolg bieten weite, kegelförmige Thalmulden oder Becken, deren Wände der Schichtung der Gebirgsmassen konform sind. Man hat indes artesische B. auch in weiten Ebenen und selbst in dem in einer Meereslagune gelegenen Venedig erbohrt, und daß hier, wo die erforderlichen Höhen ganz zu fehlen scheinen, das Wasser dennoch emporgetrieben wird, erklärt sich aus der außerordentlich weiten, oft Hunderte von Quadratmeilen umfassenden Ausdehnung der ältesten Schiefer- und Schichtgesteine, welche meist in ihrer horizontalen Lagerung gestört und in eine geneigte Lage gebracht sind. Das Wasser des artesischen Brunnens stammt also unter Umständen aus sehr weiten Entfernungen und aus einem großen Gebiet. Diesem letztern Umstand verdanken die B. ihren nie versiegenden Wasserreichtum. Zur Herstellung der artesischen B. dient der Erdbohrer, welcher ein mehr oder minder enges Bohrloch erzeugt. Bisweilen gräbt man zunächst durch das obere lockere Erdreich einen gewöhnlichen Brunnenschacht und beginnt das Bohren erst an der Sohle desselben. Der Brunnenschacht wird dann ausgemauert und dient zur Ansammlung des durch ein Pumpwerk weiter zu hebenden Wassers, das Bohrloch aber muß, wenn das Erdreich es erfordert, mit eisernen Röhren ausgefüttert werden. Steigt das Wasser über die Erdoberfläche empor, so muß noch ein besonderes Steigrohr errichtet werden, und in solchem Fall ist dann das Wasser auch sehr wohl zum Betrieb von Maschinen geeignet. Ebenso kann die Wärme des Wassers, welche der großen Tiefe, aus der es emporsteigt, entspricht, in verschiedener Weise nutzbar gemacht werden. Bohrbrunnen sind seit alten Zeiten in China gebräuchlich gewesen; auch die alten Ägypter kannten sie, und die Wüsten von Theben und Gorbe sind von solchen B. sozusagen ganz durchlöchert. In Europa wurde zuerst 1126 ein artesischer B. zu Lillers im Departement Pas de Calais erbohrt; in größerer Ausdehnung aber scheinen die artesischen B. zuerst im Modenesischen und in Österreich angelegt worden zu sein. Die Benennung nach der Grafschaft Artois, wo die Bodenverhältnisse die Anlage der Bohrbrunnen besonders begünstigten, ist daher nur wenig berechtigt. In England, welches gegenwärtig sehr viele artesische B. besitzt, kamen sie erst gegen Ende des 18. Jahrh. in Gebrauch. In Deutschland wurden sie schon 1724 vom kursächsischen Bergkommissar Leupold empfohlen, doch vornehmlich zur Erbohrung von Solquellen. Die Kannstatter Anlage datiert von 1777. Das Bohrloch zu Neusalzwerk besitzt 672,9 m Tiefe. Bisweilen entströmen den Bohrlöchern auch gewaltige Mengen von Kohlensäure; der eine Nauheimer Sprudel liefert in jeder Minute 2,19 cbm, also jährlich 2,5 Mill. kg Kohlensäure, zu deren Erzeugung die Verbrennung von 15,000 Ztr. Steinkohlen erforderlich sein würde. In ähnlicher Weise liefern manche artesische B. brennbare Kohlenwasserstoffgase und die amerikanischen Erdöl. Einer der großartigsten artesischen B. ist der zu Grenelle bei Paris, welcher von 1833 bis 1841 erbohrt wurde, eine Tiefe von 545 m besitzt und in einer Minute 640 Lit. Wasser von 221/2° R. liefert, welches in einem Rohr 16 m über den Boden emporsteigt. Diese Wasserlieferung verminderte sich auf 430 L., als das noch großartigere Unternehmen von Passy bei Paris durch Kind vollendet wurde. Der wasserreichste artesische B. ist der zu Congé sur Cher im Departement Indre-et-Loire, welcher bei einer Tiefe von 308 m in der Minute 4050 L. liefert. Die Bedeutung der artesischen B. für wasserarme Gegenden hat sich besonders in Algerien gezeigt, wo französische Ingenieure seit 1855 an den Rändern der Sahara mit dem glücklichsten Erfolg sehr ergiebige B. gebohrt haben. Diese B. ergießen jetzt täglich 100,000 cbm Wasser über den Boden, und wo bisher im dürren Sand kein Hälmchen gedieh, wachsen jetzt 150,000 Palmen.
Unter die bedeutendsten in der neuern Zeit erbohrten artesischen B. gehört der von Zsigmondy 1879 in der außerordentlichen Tiefe von 970,48 m hergestellte [520] zu Budapest, dessen Wasser in dieser Tiefe 73,88° C. aufweist. Die zur Bohrung bestimmte Anlage bestand aus dem eigentlichen Bohrhaus, dem in Form einer abgestumpften Pyramide von 17 m Höhe über dem Terrain erbauten Bohrturm mit dem Gestänge, dem Maschinen- und Kesselhaus sowie einem Kanzleigebäude. Am Fuß jener Pyramide befand sich der Schacht, zwischen diesem und dem Maschinenhaus der Balancier, durch welchen die Bewegung des Motors auf das Gestänge übertragen wurde. Im obern Teil des Bohrturms befand sich die zum Aufhängen des Gestänges bestimmte Rolle. Beim Beginn der Arbeit 1868 wurde die Maschine von Menschenhand, bereits 1872 durch eine Dampfmaschine von acht Pferdekräften betrieben, während der erwähnte Balancier ein der Zunahme des Gewichts der Gestänge entsprechendes Gegengewicht erhielt.
[Geschichtliches.] B. in Form von gefaßten Quellen oder Ziehbrunnen waren schon im frühsten Altertum hochgeschätzt. Die nomadischen Völkerschaften Asiens mußten in anbetracht ihrer Herden zuerst darauf bedacht sein, das hier und da aus der Erde quellende und das als Regenwasser sich auf derselben niederschlagende Wasser zu sammeln, und so waren die Zisternen die ersten Anfänge der B. In wasserarmen Gegenden waren dieselben von der höchsten Wichtigkeit, und es erhoben sich über ihre Benutzung nicht selten ernste Streitigkeiten. Nach Strabon hatten die alten Ägypter tief ausgegrabene und ausgemauerte B., von welchen die zwei merkwürdigsten auf Elephantine und bei Syene sich befanden; der erstere, aus Quadersteinen aufgeführt, stand mit dem Nil in Verbindung und zeigte durch einen an der Mauer angebrachten Maßstab das Steigen und Fallen des Flusses; der Boden des andern ward zur Zeit der Sommersonnenwende von der Sonne beschienen, weil er unter dem Wendekreis lag. Auch artesische B. sind von den alten Ägyptern angelegt worden. An B. versammelten sich in frühern Zeiten namentlich die jungen Leute, und nicht selten wurden auch Kriegslager und feste Wohnplätze daselbst aufgeschlagen, wie dies die Namen vieler Städte bis auf den heutigen Tag beweisen. Im Orient spielen die B. im Verkehrsleben noch gegenwärtig eine äußerst wichtige Rolle, weshalb das Graben derselben für höchst verdienstlich, das Verschütten derselben aber für ruchlos und gottlos erklärt wird. Nach der griechischen Mythe ist Danaos der Erfinder der B. Während die Griechen früher wohl nur lebendige Quellen und Zisternen kannten, hatte später jede bedeutendere Stadt wenigstens Einen B., der dekoriert und einer bestimmten Gottheit geweiht war. In Rom behalf man sich lange Zeit mit Tiber- und Quellwasser, bis durch Wasserleitungen Wasser nach Rom geführt und dort in Kasten und B. aufbewahrt wurde. Unter den Kaisern hatte fast jedes Haus in Rom seinen B. oder wenigstens Wasserbehälter, die das Wasser in Zimmer, Säle, Gärten etc. führten und auch Fontänen bildeten. Ziehbrunnen und Zisternen waren den Römern ebenfalls bekannt, und sie wie die Griechen verehrten bei B., namentlich Gesundbrunnen, Gottheiten; ja, es wurde jenen selbst göttliche Verehrung zu teil und ihnen Wein, Blumen, Öl, Kuchen, kleine Goldmünzen, Böckchen etc. geopfert. Endlich wurden die B. auch als Orakel spendend angesehen; so der B. im Tempel des Erechtheus zu Athen, der im Tempel des Poseidon Hippios bei Mantinea, der vor dem Tempel der Demeter zu Paträ, wo Kranke untrügliche Orakel erhalten haben sollen, der der Egeria vor dem kampanischen Thor in Rom u. a. Die nördlichern Völker in Germanien, Gallien, Britannien etc. waren bei ihrem Reichtum an Quellen weniger auf das Aufgraben künstlicher als auf das Benutzen und Erhalten der natürlichen Wasserzuflüsse angewiesen, und es beziehen sich daher die vielen deutschen Ortsnamen mit Brunn nur auf Quellen, die mit besonderer Stärke hervordrangen, oder auf Gesundbrunnen. Die Kunst des Brunnengrabens ist erst auf eine hohe Stufe von Vollkommenheit gebracht worden, nachdem die Städtebefestigungen, Bergschlösser- und Burgenbauten zu den kühnsten Werken in jenem Zweig der Baukunst notgedrungene Veranlassung gegeben hatten. Vgl. Boner, Vollständiger Unterricht über die Anlage der Bohrbrunnen (2. Aufl., Münster 1831); Spetzler, Anleitung zur Anlage artesischer B. (Lübeck 1832); v. Bruckmann, Vollständige Anleitung zur Anlage, Fertigung und neuern Nutzanwendung der gebohrten oder sogen. artesischen B. (2. Aufl., Heilbr. 1838); Paulucci, Das technische Verfahren bei Bohrung artesischer B., mit besonderer Rücksicht auf den dermaligen Stand der Brunnenbohrkunst in Frankreich (Wien 1838), und besonders Beer, Erdbohrkunde (Prag 1858); „Handbuch der Ingenieurwissenschaften“, Bd. 3: Franzius und Sonne, Wasserbau (Leipz. 1879).