Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bildlich“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 947
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Bildlich. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 947. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bildlich (Version vom 13.04.2021)

[947] Bildlich, ein Bild enthaltend; daher bildliche Vorstellung, eine vermittelst der Einbildungskraft auf seine Anschauung bezogene Vorstellung. Der bildliche Ausdruck (bildliche Darstellung) ist dem eigentlichen Ausdruck entgegengesetzt und besteht darin, daß man sich der Vorstellung eines sinnlichen Gegenstandes, der naturgemäße Beziehungen auf einen andern hat, bedient, um die Vorstellung des letztern um so lebendiger und wirksamer zu erregen. Jeder den Gedanken versinnlichende Ausdruck ist daher in gewisser Beziehung bildlich, und in diesem Sinn ist die poetische Sprache, welche das Konkrete, die Belebung des Ausdrucks für die Phantasie, liebt, eine Bildersprache. Aus dieser Quelle entspringen die Vergleichung, welche das Bild einfach neben den Gegenstand stellt, dann die Metapher, die Personifikation, die Hyperbel, die Metonymie (wie bei weiterer Ausführung das Gleichnis, die Parabel, die Fabel) und verschiedene rednerische Figuren. Wesentliche Bedingungen des bildlichen Ausdrucks sind Leichtigkeit und Natürlichkeit; das gewählte Bild muß aus einem Kreis von Gegenständen hergenommen werden, welche denen vollkommen bekannt sind, für welche man es gebraucht, und es muß eine wirkliche, sofort einleuchtende Übereinstimmung zwischen deren Merkmalen und den Merkmalen der eingekleideten Sache herrschen. Als eine besonders naturwüchsige Eigentümlichkeit tritt der bildliche Ausdruck bei einigen großen Dichtergenien auf, z. B. bei Shakespeare, Calderon, Jean Paul, unter den neuern namentlich bei Lenau, A. Grün u. a. Über die Rückschlüsse, welche sich aus den einer Sprache, einem Volk, einem Zeitalter geläufigen bildlichen Ausdrücken auf die Naturumgebung und den Kulturzustand derselben ziehen lassen, vgl. Brinkmann, Die Metaphern (Bonn 1878).