MKL1888:Beleuchtungsapparate, medizinische

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Beleuchtungsapparate, medizinische“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 640641
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Beleuchtungsapparate, medizinische. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 640–641. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Beleuchtungsapparate,_medizinische (Version vom 21.04.2023)

[640] Beleuchtungsapparate, medizinische. Das Bedürfnis, die Krankheiten innerer Organe und zunächst der zugänglichen Körperhöhlen einer direkten Beobachtung zu unterwerfen, hat im Lauf der Zeit zu Erfindung zahlreicher Beleuchtungsapparate geführt, bei denen die Lichtquelle entweder außerhalb des Körpers bleibt, oder selbst an die zu beleuchtende Stelle hingeführt wird. Die Apparate ersterer Art lassen durch Spiegel oder einfache weiße Metall- oder Milchglasröhren Licht in eine tiefer gelegene Körperstelle einfallen und bringen dem Beobachter die erhellte Stelle direkt zur Anschauung. Auf diesem Prinzip beruhen die kleinen, trichterförmigen Ohrenspiegel, welche Licht gegen das Trommelfell leiten, die ähnlich einfachen Nasenspiegel, die Milchglas- und Metallspekula für Beleuchtung der Gebärmutter und die mit Griffen versehenen metallenen gebogenen Rinnen, von denen mehrere zugleich eingeführt die Mastdarm-Inspektion ermöglichen. Gleichfalls auf Benutzung einer Lampe beruhen der Kehlkopfspiegel und der Augenspiegel, aber bei ersterm sieht man nicht mehr die Verhältnisse der Stimmbänder und der Rachenorgane direkt, sondern im umgekehrten Bild, welches in dem am Stiel eingeführten Metallspiegel entsteht, und im Augenspiegel sieht man entweder das durch die Kristalllinse vergrößerte Bild des Augengrundes oder, gleichwie beim Kehlkopfspiegel, ein umgekehrtes Bild, welches im Brennpunkt einer vorgehaltenen Konvexlinse zu stande kommt. Die Bilder, welche hier durch Spiegel oder Linsen in das Auge des Beobachters gelangen, machen vorher einen Umweg, und man sollte annehmen, daß man durch ähnliche Mittel auch noch tiefere und entferntere Körperhöhlen, z. B. die

Fig. 1.
Diaphanoskop.

Speiseröhre und den Magen, zur Anschauung bringen könnte. Hier ergibt sich aber die außerordentliche Schwierigkeit, daß die Lichtquelle, d. h. die Lampe, außen bleibt und die Spiegel nicht gleichzeitig Licht in mehrfacher Brechung in die Tiefe werfen und Bilder aus der Tiefe reflektieren können.

Aus diesem Grund hat der Wiener Instrumentenmacher Leiter, angeregt durch Nitze, eine größere Zahl von Beleuchtungsapparaten konstruiert, welche die Lichtquelle selbst in enge und gewundene Kanäle einbringen lassen und durch ein System von Linsen und Prismen das Bild nach außen leiten. Dieser Zweck wird im allen Fällen dadurch erreicht, daß durch den Strom einer galvanischen Batterie eine Platinspirale zum Glühen gebracht wird, welche die [641] Lichtquelle bildet, u. daß die unvermeidlich entstehende Wärme durch einen konstanten Strom kalten Wassers unschädlich gemacht wird.

Fig. 1 zeigt ein Diaphanoskop, einen Apparat zur Durchleuchtung der Blasenwand. a und b sind zwei ungleich große, übereinander gestülpte und unten durch eine Kapsel abgeschlossene Glasröhren. Durch den Zwischenraum zwischen beiden fließt aus einem höher angebrachten Gefäß c durch das Rohr d kaltes Wasser zu und durch das Rohr e in das Gefäß f ab. In dem innern Glasrohr b befindet sich der spiralig gewundene Platindraht g, dessen Enden mit den Kupferdrahtleitungen der galvanischen Batterie h verbunden sind. Sobald der Platindraht durch den elektrischen Strom zum Weißglühen gebracht wird, entsteht ein intensives Licht, welches durch beide Glasröhren und die Wasserschicht hindurchleuchtet, dessen Wärme jedoch durch den Wasserstrom vollkommen abgekühlt wird. Die hiermit beabsichtigte Durchleuchtung durch die Wand der Blase und die Bauchdecken hat sich nicht bewährt, wohl aber gestattet ein kleiner Beleuchtungsapparat dieser Art, verbunden mit einem optischen, in ein Rohr eingeschalteten Apparat, eine sehr vollkommene Übersicht der ganzen Harnblase.

Für die Untersuchung der Nasen- und Rachenhöhle sowie des Kehlkopfes ist die Anwendung des angeführten Prinzips dem gewöhnlichen Kehlkopfspiegel weit überlegen; während bei dem letztern das Licht von außerhalb durch einen Reflektor auf einen Planspiegel geworfen und von diesem durch abermalige Brechung an die zu untersuchende Oberfläche gewendet werden muß, bedarf es hier nur geringer Verschiebungen, um jegliche Stelle mit hellem, direktem Licht zu bescheinen. Zum zweiten wird die Technik außerordentlich erleichtert dadurch, daß der Planspiegel nicht zugleich als Reflektor dient und man nicht genötigt ist, alle Bilder in grellster Lampenbeleuchtung zu beobachten. Die Einrichtung selbst besteht aus einem Griff, an welchem ein Stiel mit der Wasserleitung

Fig. 2.
Schema des laryngoskopischen Apparats.

und doppelter galvanischer Leitung sitzt. Im stumpfen Winkel an dem Stiel ist der Spiegel befestigt, welcher durch einen besondern galvanischen Strom erwärmt und vor dem Beschlagen geschützt wird; unmittelbar neben demselben ist die Lichtquelle, welche je nach ihrer Stellung die Nasen- oder Kehlkopfshöhle erleuchtet, deren Bilder dann in dem Planspiegel zur Beobachtung kommen. Fig. 2 erläutert an einem schematischen Bilde den Vorgang; man sieht den Stiel längs der Zunge eingeführt, hinter dem Gaumensegel geht der Spiegel schräg nach hinten, an seinem obern Ende befindet sich die Lichtquelle, welche die hintere Wand des Gaumensegels und die drei Nasenmuscheln aufs deutlichste erhellt.

Die schwierigste Aufgabe von allen, die Beleuchtung des Magens, ist gleichfalls durch Einführung eines kunstvollen gegliederten Rohrs gelungen, jedoch wegen mancher lästiger Umstände beim Gebrauch noch nicht allgemein anwendbar.