Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aristolochĭa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 813
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Aristolochĭa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 813. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aristoloch%C4%ADa (Version vom 28.12.2022)

[813] Aristolochĭa Tourn. (Osterluzei), Gattung aus der Familie der Aristolochiaceen, kraut- und strauchartige, ausdauernde Gewächse mit aufrechtem oder schlingendem Stengel, abwechselnden, gestielten, meist herzförmigen, bisweilen sehr großen Blättern und achselständigen Blüten mit am Grund bauchig röhrenförmigem Perigon, welches an der Mündung in eine Zunge ausgezogen oder mit einem tellerartigen Saum versehen ist. Etwa 200 Arten, von denen 140 in (meist dem tropischen) Amerika, die übrigen in Asien, Afrika und Europa vorkommen. Einzelne zeichnen sich durch schön gefärbte oder höchst sonderbar gestaltete, oft auch sehr große Blumen aus. A. Clematitis L. (gemeine Osterluzei, Waldrebenhohlwurz) findet sich häufig in Weinbergen im südlichen und mittlern Europa, wird bis 0,6 m hoch und hat in den Blattwinkeln zu 5–7 zusammenstehende Blüten mit schmutzig gelbem Perigon, welches in eine zungenförmige Platte ausläuft. Die Pflanze riecht eigentümlich balsamisch; ihre Wurzel wurde vormals als schweiß- und urintreibendes Mittel angewendet. In größern Gaben ist die Wurzel zu den narkotisch scharfen Giften zu rechnen. A. serpentaria L., in feuchten Bergwäldern des mittlern Strichs der östlichen Staaten von Nordamerika, eine 25–40 cm hohe Staude mit ei- oder herzförmigen, zugespitzten Blättern und kleinen, violettbraunen, einzeln in den Achseln der Niederblätter stehenden Blüten, liefert die Schlangenwurzel (Radix Serpentariae), welche aus einem kleinen, rundlichen Rhizom und vielen dicht stehenden, sehr dünnen, zerbrechlichen, ineinander verflochtenen Wurzelfasern besteht. Sie riecht baldrianartig und schmeckt kampferartig bitter. Als Bestandteile werden ein ätherisches Öl und Aristolochin angegeben. Die Eingebornen benutzten die Wurzel gegen Schlangenbiß; seit 1663 kam sie nach Europa und wurde namentlich als Erregungsmittel bei Typhus und typhoiden Zuständen überhaupt angewandt; gegenwärtig ist sie ziemlich außer Gebrauch. Übrigens liefern auch andre nordamerikanische Aristolochia-Arten Schlangenwurzel. A. Sipho L’Hérit. (Pfeifenstrauch), aus Nordamerika, hat einen windenden, sehr langen Stamm, sehr große, fast kreisrunde, herzförmige Blätter und winkelständige, bräunliche Blüten, deren Perigon wie ein Pfeifenkopf gestaltet ist. Diese Art eignet sich vorzüglich zu Lauben- und Wandbekleidungen und dauert im Freien aus. Mehrere andre Arten werden bei uns in Treibhäusern kultiviert.