Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aralsee“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Aralsee“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 1 (1885), Seite 738739
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Aralsee
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Aralsee. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 738–739. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aralsee (Version vom 20.08.2021)

[738] Aralsee (Inselsee), nächst dem Kaspischen Meer der größte Binnensee Asiens (s. Karte „Zentralasien“), liegt östlich von jenem in einer salzigen und unfruchtbaren Steppe des turkistanischen Tieflands. Seine Länge beträgt etwa 450, seine Breite 220–300 km, sein Flächeninhalt 66,999 qkm (1217 QM.). Die Küste ist niedrig, sandig, unfruchtbar, im NW. mit Schilf bewachsen; im O. reicht die Kisilkumwüste bis an den See heran. In denselben münden die großen Steppenflüsse Amu Darja (Oxus), von welchem noch 1640 ein Arm das Kaspische Meer erreichte, und Sir Darja (Jaxartes). Einen sichtbaren Abfluß hat der See nicht. Der Wasserspiegel desselben wurde 1874 ermittelt zu 48 m ü. M., 74 m über dem Kaspisee. Die Angabe, daß der A. in der neuesten Zeit an Umfang verliere, ist richtig; unerwiesen ist dagegen, daß derselbe zeitweise ganz verschwunden sei, und daß er vorübergehend, z. B. um 1417 n. Chr., infolge sehr hohen Wasserstands des Kaspisees mit diesem zusammengehangen habe (vgl. „Ausland“ 1872, S. 319 ff.). Von den zahlreichen Inseln sind die Zareninseln, deren größte Nikolaiinsel heißt, die wichtigsten. Das Wasser des Aralsees ist schwach salzhaltig; 1000 Teile [739] Wasser enthalten nur 15 Teile Salz. Seine Tiefe beträgt in der Mitte etwa 27 m, weiter nach W. hin aber ca. 160 m; nach der Nordost- und Südküste nimmt die Tiefe bedeutend ab. Im SW. geht der A. in den Sumpfsee Laudan oder Aibugir über, der stellenweise ganz ausgetrocknet ist. Im Winter soll der See nicht selten ganz mit Eis bedeckt sein. Das Wasser ist fischreich. Die seichten Küsten sind der Schiffahrt sehr ungünstig, weshalb der See nur zu Gouvernementszwecken mit kleinen Dampfern befahren wird. – Die klassischen Autoren kannten den A. nicht, nur bei Plinius findet sich eine darauf bezügliche Stelle (vgl. Hehn, Das Salz, Berl. 1873). Der erste europäische Reisende, welcher an den A. kam, ist Zemarchos, Gesandter des byzantinischen Kaisers Justin II., der 569 auf der Rückreise von seiner Sendung an Dizabul, den Chakan der Türken, längs des Aralsees seinen Weg nahm. Genauer beschreiben ihn die arabischen Schriftsteller. Die erste zuverlässige Kunde erhielt Europa durch die Bemühungen Peters d. Gr. um die Kunde Rußlands und der angrenzenden Reiche. Bis 1848 lag der See vollständig auf dem Gebiet der Chane von Chiwa und Chokand; 1848 dehnten die Russen ihr Reich bis an den A. aus, nahmen Besitz vom Nordufer und rechneten nach der Abrundung ihres Besitzes am Sir Darja, wo bis dahin der Chan von Chokand gebot, den See selbst, dann das ganze Ostufer bis zu 43½° nördl. Br., im W. das Gebiet nördlich des 36.° zu ihrem Reich. Unbestritten ward ihre Herrschaft über den See und seine Ufer aber erst 1873 durch den Frieden mit Chiwa (s. d.). Hauptstützpunkte der Russen sind im O. Kasalinsk, im S. Tschimbai. Neuerdings ist die Ablenkung des Amu Darja (s. d.) nach dem Kaspisee geplant, wodurch der A. an Zufluß und Umfang bedeutend verlieren würde. Vgl. Rösler, Die Aralseefrage (Wien 1873); Wood, The shores of the Aral-Lake (Lond. 1876).