Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aquarĭum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 710711
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Aquarĭum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 710–711. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aquar%C4%ADum (Version vom 12.04.2022)

[710] Aquarĭum (lat., „Wasserbehälter“), Vorrichtung, um Wassertiere und Wasserpflanzen längere Zeit am Leben zu erhalten und zu beobachten. Ein A. in einfachster Form, zugleich das älteste uns bekannte, ist die Vase mit Goldfischen, welche bei den Chinesen seit langer Zeit beliebt ist und in Europa vor etwa 150 Jahren eingeführt, indessen erst vor wenigen Jahrzehnten zur Aufnahme auch andrer Süßwasserbewohner eingerichtet wurde. Die gegenwärtig üblichen Süßwasseraquarien in den Zimmern (Zimmeraquarien) bestehen aus einem Kasten mit steinerner Grundplatte und wasserdicht darin eingefugten, meist gläsernen Seitenwänden. In der Mitte ist gewöhnlich ein über das Wasser emporragendes Felsstück angebracht, welches, gleich dem sandigen Grund, mit lebenden Pflanzen besetzt wird. Von Tieren sind Goldfische, Stichlinge, Salamander, kleine Süßwasserschildkröten, Frösche, Teichschnecken, Wasserkäfer, Libellen, Phyrganeenlarven etc. geeignet; doch ist Überfüllung, namentlich bei Fischen, zu vermeiden. Zur Fütterung benutzt man Oblaten, kleinere Insekten, Puppen von Ameisen (sogen. Ameiseneier) und sorgt von Zeit zu Zeit für Erneuerung des Wassers; in ähnlicher Weise vorteilhaft wirken die neuerdings hergestellten sogen. Durchlüftungsapparate, welche einen Strom feiner Luftblasen mit ziemlicher Kraft durch das Wasser treiben. Aus dem Süßwasseraquarium haben sich ähnliche Veranstaltungen entwickelt so das Terrarium zur Zimmerzucht zarter Pflanzen in Glaskasten und zur Pflege kleinerer Landtiere, und das Seewasseraquarium, welches die Fauna und Flora des Meers auch weit entfernt von demselben in aller Bequemlichkeit zu studieren gestattet. Im kleinen zwar sind dergleichen Anlagen nur in der Nähe der Küste zu ermöglichen, wo man Wasser, Tiere und Pflanzen öfter erneuern kann, und daher auch eigentlich nur in England allgemein bekannt. Größere derartige Aquarien sind jedoch auch im Binnenland, meist in Verbindung mit zoologischen Gärten, errichtet. Der erste solche Bau war das sogen. Marineaquarium oder Zoophytenhaus des zoologischen Gartens zu London (von W. Alfr. Lloyd ausgeführt); später kamen sie auch in Paris, Brüssel, Hamburg, Frankfurt etc. auf. Meist benutzt man für sie die Kellerräumlichkeiten mit ihrer gleichmäßigern Temperatur und regelt die Beleuchtung derart, daß der Zuschauerraum sein sparsames Licht durch die Glaswände der von oben erhellten Becken empfängt. Dies läßt jedoch manche Tiere, die Schatten oder gedämpftes Licht lieben, nicht zu vollem Wohlsein gelangen. Die Zirkulation wird durch Pumpen, welche Wasser und die von ihm mitgerissene Luft bis auf den Grund der Becken treiben können, unterhalten. Das beste Zeichen für die Güte einer solchen Einrichtung ist es, wenn sich an den Felswänden im Hintergrund und an den Seiten der Bassins Pflanzen oder Tiere von selbst ansiedeln. Eins der bedeutendsten Aquarien ist das von Lüer erbaute und 1869 unter der Direktion von Brehm eröffnete in Berlin. Es bedeckt einen Flächenraum von 1334 qm und enthält gegen 185 cbm Wasser, sollte aber richtiger Vivarium heißen, da es auch an Schlangen und namentlich an Vögeln sehr reich ist, ja sogar Affen beherbergt. Das zur Verwendung kommende Seewasser wird nach den Angaben des jetzigen Direktors Hermes zusammengesetzt [711] und bewährt sich recht gut. Die sehr großen Aquarien zu London, Brighton und New York sind mit Konzerthallen und ähnlichen Instituten verbunden und daher in erster Linie auf Vergnügung berechnet. Streng wissenschaftlich angeordnet ist von allen öffentlichen Aquarien nur dasjenige zu Neapel, welches zu Anfang der 70er Jahre von Anton Dohrn erbaut wurde und noch geleitet wird. Es enthält ausschließlich Tiere aus dem Neapolitaner Golf und gewährt so ein anschauliches Bild des reichen Tierlebens auf dem Grunde des Meers. Seine Bassins fassen gegen 300 cbm Wasser. In engster Beziehung steht es zu der unter derselben Direktion befindlichen sogen. Zoologischen Station (s. d.), in welcher Zoologen und andre Naturforscher Gelegenheit zu eingehenden Studien über die Organismen der See erhalten. Vgl. Gosse, Handbook to the marine A. (2. Aufl., Lond. 1874); „Leitfaden für das A. der zoologischen Station zu Neapel“ (von Schmidtlein, 2. Aufl., Leipz. 1885); Lloyd, Official handbook to the marine A. of the Crystal-Palace A.-Company (Lond. 1878); Pizzetta, L’aquarium d’eau douce, d’eau de mer (Par. 1872); Taylor, The A., inhabitants, structure and management (Lond. 1876); Roßmäßler, Das Süßwasseraquarium (4. Aufl., Leipz. 1880); Langer, Das A. und seine Bewohner (Berl. 1877); Gräffe, Das Süßwasseraquarium (2. Aufl., Hamb. 1881).