Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Alter“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 418420
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Alter. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 418–420. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Alter (Version vom 21.04.2022)

[418] Alter. 1) In der Physiologie bezeichnet das A. nicht nur die Zahl der verlebten Jahre, sondern auch den dieser Zahl entsprechenden Entwickelungszustand des Körpers und Geistes. Pythagoras nahm vier solcher Entwickelungsstufen (Lebensalter) an, jede zu 20 Jahren. Solon und Macrobius dachten sich das Leben in zehn Lebensalter geteilt, jedes zu sieben Jahren, eine Einteilung, die sich auf die alte Lehre von den Stufenjahren (anni cyclici oder climacterici) gründet, von denen jedes einen Zeitraum von sieben Jahren oder einen siebenjährigen Cyklus umfassen soll. Gewöhnlich wird das Leben in vier A. geteilt, nämlich in das Kindesalter (infantia), die Jugend (adolescentia), das Mannesalter (virilitas) und das Greisenalter (senectus). Jedes dieser A. zerfällt wieder in verschiedene Abschnitte: das Kindesalter nämlich in das Fötusleben, die frühere Kindheit und das Knabenalter; die Jugend erstreckt sich bis zur Beendigung des Wachstums; das Mannesalter begreift in sich das junge, reife und abnehmende, das Greisenalter aber das beginnende und das hohe A. Das Fötalleben legt der Mensch im Mutterleib zurück. Mit dem Tag der Geburt hat er bei normaler Dauer der Schwangerschaft diejenige Reife erlangt, um außerhalb des mütterlichen Organismus selbständig fortzuleben, Nahrungsmittel in sich aufzunehmen und zu assimilieren sowie zu atmen. Näheres s. Kind. Die erste Zeit nach der Geburt bringt das Kind größtenteils im Schlaf zu. Sein Leben beschränkt sich wesentlich auf den Fortgang der vegetativen Verrichtungen. Allmählich zeigen sich auch Spuren der Sinnesthätigkeit. Die willkürlichen Bewegungen sind ungeschickt, nur ganz allmählich lernt das Kind seine Muskeln in zweckmäßiger Weise gebrauchen. Das Herz arbeitet sehr lebhaft, durchschnittlich macht es 140 Schläge in der Minute. Mit dem Durchbruch der ersten Zähne wird das Säuglingsalter abgeschlossen, zum Kauen aber wird das Kind erst geschickt mit dem Eintritt der Backenzähne; dann erst erwacht das Bedürfnis, andre Nahrung zu sich zu nehmen als die Muttermilch. Mit dem Hervorbrechen der sogen. Milchzähne beginnt auch die regere Entwickelung des ganzen Knochensystems. Die Entwickelung der Muskeln hält mit der der Knochen gleichen Schritt, das Kind lernt seinen Kopf aufrecht halten und kann mit 5–6 Monaten aufrecht sitzen; bald versucht es auch zu kriechen, aber erst im 10. oder 11. Monat lernt es stehen und nach Verlauf des 1. Jahrs gehen. In der Zeit nach dem Durchbruch der ersten Zähne schreitet das Wachstum des Körpers, damit die Entwickelung des Skeletts und der Muskeln immer noch schnell vorwärts, doch nicht ganz so schnell wie im Säuglingsalter. Die Verdauungsorgane werden kräftiger, das Kind verträgt und verdaut bald jede Art von Nahrung. Die sinnlichen Wahrnehmungen werden schärfer und bestimmter, es zeigen sich die ersten intellektuellen Regungen, namentlich aber lernt das Kind, sobald es etwa 11/2 Jahr zurückgelegt hat, allmählich auch seine Sprachwerkzeuge gebrauchen. Die Grenze des frühern Kindes- und Knabenalters wird bezeichnet durch den Ausfall der Milchzähne und den beginnenden Durchbruch der bleibenden Zähne, der in das 7. Lebensjahr zu fallen pflegt. Im Knabenalter, welches bis zum Eintritt der Mannbarkeit dauert, tritt die runde Form des Körpers mehr zurück und wird schlanker; mit größerer Ausbildung der Knochen nehmen auch die Kraft und Gewandtheit der Bewegungsorgane zu; die Sprache bildet sich mehr und mehr aus, und der Gesang fängt an, sich zu entwickeln; die Geistesthätigkeit gewinnt eine bestimmtere Richtung; das unbewußte Auffassen der äußern Eindrücke verwandelt sich in ein beabsichtigtes Lernen; der Geist richtet sich mit Selbstbestimmung auf die Objekte und sucht sie sich anzueignen, unterstützt durch Neugierde und Wißbegierde, durch den Trieb, sich zu beschäftigen und es den Erwachsenen nachzuthun, wozu sich dann später auch die Freude am Wissen gesellt; der Verstand fängt an zu sondern, zu vergleichen, den Grund der Dinge zu erforschen; die Einbildungskraft schafft sich Ideale von Größe und Tapferkeit; das Ehrgefühl steigert sich, das Gedächtnis erreicht nach und nach einen immer höhern Grad, es erfaßt leicht und behält das Erfaßte für das ganze Leben, so daß in diesem A. die Grundlage für alles künftige Wissen gelegt wird. Infolge des schnellern Wachstums des Körpers steigert sich auch das Bedürfnis der Nahrungsaufnahme. Der Puls nimmt an Schnelligkeit ab und hat nur 80–90 Schläge in der Minute. Das Jünglingsalter reicht von der beginnenden Entwickelung der Zeugungskraft (Pubertät) bis zur Beendigung des Wachstums, also beim männlichen Geschlecht vom 17. bis zum 23., beim weiblichen vom 14. bis zum 20. Jahr. Das Wachstum geht im Anfang dieses Lebensalters meist schnell vorwärts und macht, besonders wenn es zuvor nicht bedeutend vorgerückt war, einen neuen Schuß, bisweilen 10–16 cm in einem Jahr. Das Aufhören des Wachstums tritt im 18., 20., selten im 23. Jahr ein. Die mittlere Größe beim männlichen Geschlecht beträgt dann 1,57–1,73 m, beim weiblichen 1,46–1,62 m, die mittlere Schwere aber 65 kg. Es nimmt in diesem Lebensalter die Größe des Körpers ungefähr um 26–31 cm, das Gewicht aber ungefähr um 30 kg zu. Kopf, Bauch und Extremitäten treten mehr zurück bei stärkerer Entwickelung der Brust, des Kehlkopfs und, namentlich beim weiblichen Geschlecht, des Beckens. Die Stimme erleidet eine Veränderung, und die Pubertät (s. d.) tritt auf. Mit diesen körperlichen Veränderungen gehen auch solche der psychischen Thätigkeiten einher. Gedächtnis, Verstand und Urteilskraft reifen mehr heran, besonders aber erlangt die produktive Einbildungskraft ein hohes Übergewicht. Das Mannesalter zerfällt in das junge, reife und höhere. Das erstere beginnt mit beendigtem Wachstum, gegen das 24. Jahr. Alle körperlichen Systeme stehen zu einander in einem vollkommenen Verhältnis, Aufnahme der Stoffe der Außenwelt und Abgabe an dieselbe treten mehr ins Gleichgewicht; das Wachstum in die Länge hat sein Ziel erreicht, dagegen nimmt der Körper mehr an Breite und Dicke zu. Das Zeugungsvermögen ist in [419] diesem Zeitalter zur vollen Entfaltung gekommen. Mit dem 28.–36. Jahr tritt die eigentliche Höhe des Lebens ein und mit ihr das reife Mannesalter. Alle physischen und psychischen Verrichtungen gehen in dieser Periode mit voller Kraft vor sich. Im spätern Mannesalter treten dann Zeichen der Abnahme des Körpers ein, das Gedächtnis und das Vermögen der Rezeption werden schwächer, es stellt sich ein gewisses Bedürfnis nach Bequemlichkeit ein, die Bewegungen geschehen nicht mehr mit der Leichtigkeit wie früher, es besteht Neigung zur Fettleibigkeit. Bei Frauen erlischt in der Mitte der 40er Jahre die Menstruation und damit das Zeugungsvermögen; beim Mann bleibt letzteres bis in die 50er Jahre erhalten. Ungefähr mit dem neunten Lebenscyklus endlich beginnt das Greisenalter, welches man wieder in das beginnende und höhere unterscheidet. Beide sind jedoch nicht durch scharfe Grenzen getrennt. In diesem Lebensabschnitt beginnen die Körpergewebe zu schrumpfen. Die Zahnhöhlen werden eingezogen und daher die Zähne selbst lockerer; sie nutzen sich ab, fallen aus, wodurch die Höhe des mittlern Teils des Unterkiefers abnimmt und, wenn alle Zähne ausgefallen sind, nur ein knöcherner Bogen übrigbleibt. Die Zeugungsorgane schrumpfen ein; die Blutbildung ist sparsamer; die Absonderung der Drüsen geht weniger kräftig vor sich; die Sinnesorgane verlieren ihre frühere Schärfe; es schwindet die Kraft der willkürlichen Bewegungen; der Puls sinkt bis auf 60 Schläge in der Minute; die Ernährung wird schwächer, auch die innern Sinne werden stumpfer; das Gedächtnis nimmt immer mehr ab, hält am wenigsten die Ereignisse der Gegenwart und nur noch die aus der Vergangenheit fest; die geistige Thätigkeit und Geschäftigkeit nehmen ab, Gleichgültigkeit und Affektlosigkeit treten an die Stelle früherer Neigungen und Begierden; die Neigung zum Schlaf nimmt zu, der Schlaf selbst aber ist weniger ruhig und kürzer. Nur verhältnismäßig wenige Menschen durchlaufen alle Cyklen von der Kindheit bis ins hohe A.; die meisten werden früher infolge von Krankheiten eine Beute des Todes. Das menschliche Durchschnittsalter beträgt nur 34 Jahre.

Vor allem sind zur Erreichung eines hohen Alters eine gute, nicht durch angeerbte Fehler und Krankheitskeime getrübte Konstitution und eine der Gesundheit angemessene Lebensweise erforderlich. Aber auch Klima und Wohnort sind darauf nicht ohne Einfluß. In Deutschland erreichen die Menschen des öftern Wechsels von Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit wegen nur selten das höchste Ziel des menschlichen Alters, während in hoch liegenden, mäßig kalten und trocknen Gegenden, z. B. in Schottland, Dänemark, Schweden, Ungarn und im südlichen Rußland, verhältnismäßig mehr alte Leute vorkommen. Die kaukasische Rasse scheint eine größere Lebensdauer zu haben als die mongolische und malaiische. Hinsichtlich der beiden Geschlechter werden in der Mehrzahl die Weiber älter als die Männer. Im allgemeinen kann man annehmen, daß im Durchschnitt 178 Frauen auf 100 Männer über 90 Jahre und 155 Frauen auf 100 Männer über 100 Jahre alt werden. Von sehr hohem A. bei unverheirateten Menschen ist kein Beispiel vorhanden, und die, welche ein ungewöhnlich hohes A. erreichten, zeichneten sich meist auch durch eine ungewöhnlich lange Dauer der Zeugungskraft aus. In vielen Familien erbt die Fähigkeit, ein hohes A. zu erreichen, jahrhundertelang fort. Das höchste A., welches nach unsrer Zeitrechnung (die in der Bibel angeführten Beispiele bleiben hier ausgeschlossen) bis jetzt Menschen erreicht haben, beträgt 185 Jahre. Sehr bezeichnend ist, daß die höhern und höchsten Stände fast kein einziges Beispiel eines Alters von 100 Jahren und darüber aufzählen können, obschon die Durchschnittsdauer bei ihnen gerade am größten ist. Fast alle Beispiele von A. über 110 Jahren gehören niedrigen und dürftigen Lebensverhältnissen an. Unter den gekrönten Häuptern erreichte der einzige Papst Gregor IX. ein A. von beinahe 100 Jahren; unter den Gelehrten erreichten Fontenelle und Grolman ein gleiches A.; Hippokrates lebte 104 Jahre, obschon Ärzte in Bezug auf Lebensdauer zu den weniger begünstigten Ständen gehören. Auffallend viele Beispiele eines hohen Alters bietet die Künstlerwelt dar. Michelangelo z. B. wurde 90, Tizian fast 100 Jahre alt. Vgl. Sterblichkeit.

2) Rechtliche Bedeutung des Alters. Der Einfluß des Alters auf die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Menschen wird auch im Recht und im Rechtsleben anerkannt. Nach dem Vorgang des römischen Rechts werden in Ansehung der Handlungsfähigkeit einer Person in allen Gesetzgebungen zwei Altersstufen unterschieden, indem man der Groß- oder Volljährigkeit (Majorennität, aetas legitima) die Minderjährigkeit oder Minorennität gegenüberstellt. Zur Bezeichnung dieses Unterschieds werden wohl auch die Ausdrücke Mündigkeit und Unmündigkeit gebraucht. Das römische Recht unterschied aber innerhalb der Minorennität wiederum verschiedene Stadien. Zunächst wird das Kindesalter (infantia) oder das A. bis zu sieben Jahren als dasjenige Lebensalter aufgefaßt, in welchem der Mensch absolut willens- und handlungsunfähig ist und seine Handlungen jeglicher rechtlichen Bedeutung entbehren. Zwischen dem Kindesalter und der Pubertät (pubertas, Mündigkeit im eigentlichen Sinn) liegt das A. der Unmündigkeit (impubertas) vom 7. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr bei dem männlichen und bis zu dem vollendeten 12. Lebensjahr bei dem weiblichen Geschlecht. Der Unmündige kann Rechte erwerben, aber nicht solche aufgeben; er kann sich nur durch seinen Hausvater oder Vormund verpflichten. Das römische Recht unterschied dann ferner das A. der Minorennität von der Mündigkeit an bis zum vollendeten 25. Lebensjahr, indem auch die Minderjährigen (minores viginti quinque annis) manchen rechtlichen Beschränkungen unterworfen waren, während sie auf der andern Seite eine beschränkte Handlungsfähigkeit hatten, namentlich als ehemündig galten und Testamente errichten konnten. Eine ähnliche Unterscheidung findet sich auch im alten sächsischen Recht vor, nach welchem man mit dem vollendeten 12. Lebensjahr mündig ward oder, wie man zu sagen pflegte, „zu seinen Jahren kam“, während mit dem vollendeten 21. Jahr die Großjährigkeit oder das „zu seinen Tagen Kommen“ eintrat. Mit dem 16. Jahrh. bildete sich aber, unterstützt durch die Notariatsordnung von 1577, die gemeinschaftliche Praxis dahin aus, daß jener römisch-rechtliche Unterschied zwischen Minderjährigen und Unmündigen beseitigt ward. Für Minderjährige überhaupt, welche nicht unter väterlicher Gewalt stehen, muß unter öffentlicher Autorität ein Altersvormund bestellt werden, welcher für deren körperliche, geistige und sittliche Ausbildung Sorge zu tragen hat, und welchem die Verwaltung des Mündelvermögens unter obervormundschaftlicher Kontrolle obliegt. Partikularrechtlich wurde jedoch der Termin der Großjährigkeit [420] vielfach abweichend von dem römischen Recht (25. Lebensjahr) bestimmt, so in Preußen auf das 24., später auf das 21., in Bayern, Baden, Hessen, Belgien und Frankreich auf das 21., in Hamburg für das männliche Geschlecht auf das 22., in Österreich, Oldenburg und Bern auf das 24., in Sachsen auf das 21. Lebensjahr. Für das Deutsche Reich ist nunmehr durch Reichsgesetz vom 17. Febr. 1875 der Endtermin der Minderjährigkeit und der Beginn der Großjährigkeit allgemein auf das vollendete 21. Lebensjahr festgesetzt. Es kann jedoch durch landesherrliches Reskript auch vor erreichtem Volljährigkeitsalter eine Majorennisierung oder Großjährigkeitserklärung (Jahrgebung, venia aetatis) aus besonders triftigen Gründen erfolgen. Nicht berührt werden durch jene reichsgesetzliche Bestimmung diejenigen hausverfassungsmäßigen und landesgesetzlichen Bestimmungen, welche den Beginn der Großjährigkeit (und damit der Regierungsfähigkeit) der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der fürstlichen Familie Hohenzollern bestimmen. Als solche ist z. B. in Bayern, Braunschweig, Oldenburg, Preußen, Sachsen und Württemberg das vollendete 18., in Mecklenburg das vollendete 19. Lebensjahr bestimmt. Besondere Vorschriften gelten ferner bezüglich der Ehemündigkeit, welche nach dem deutschen Personenstandsgesetz vom 6. Febr. 1875 bei dem männlichen Geschlecht mit dem vollendeten 20. und bei dem weiblichen mit dem vollendeten 16. Lebensjahr eintritt. Dispensationen sind zulässig. Eheliche Kinder bedürfen, solange der Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet haben, der Einwilligung des Vaters, nach dem Tode des letztern der Einwilligung der Mutter und, wenn sie minderjährig sind, auch der des Vormunds. Sind beide Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des Vormunds. Uneheliche Kinder werden wie vaterlose eheliche behandelt. Aber auch sonst nimmt die Gesetzgebung vielfach auf das A. Rücksicht, so in Ansehung der Fähigkeit, einen Eid zu leisten (Eidesmündigkeit), welche nach den neuen deutschen Justizgesetzen bei Minderjährigen mit dem vollendeten 16. Lebensjahr eintritt, ferner bei der Verpflichtung zum Kriegsdienst, welche im Deutschen Reich in der Regel mit dem 1. Januar desjenigen Kalenderjahrs beginnt, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet, sowie bei der Fähigkeit zum Amt eines Schöffen oder Geschworenen (30. Lebensjahr), ferner bei der aktiven und passiven Wahlfähigkeit, die z. B. für den deutschen Reichstag mit dem vollendeten 25. Lebensjahr beginnt, bei der Befugnis zur Ablehnung gewisser öffentlicher Ämter und zur Ablehnung von Vormundschaften, welche in der Regel 60jährigen Personen zusteht, etc. Im Gewerbewesen sind für jugendliche Arbeiter besondere Normen gegeben. Die deutsche Gewerbeordnung faßt unter dieser Bezeichnung Kinder von 12 bis 14 und junge Leute von 14 bis 16 Jahren zusammen. Aber auch für Arbeiter von 16 bis 21 Jahren bestehen besondere Vorschriften, namentlich der Arbeitsbuchzwang (vgl. Gewerbeordnung, § 107 ff., § 135 ff.). Auch im Strafrecht ist das A. von besonderer Bedeutung. Hier gilt namentlich die Jugend als ein Strafmilderungsgrund, ja es kann sogar gegen Kinder unter 12 Jahren nach den meisten Strafgesetzgebungen ein strafrechtliches Verfahren gar nicht stattfinden. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 55) kann jedoch ein noch nicht zwölfjähriger Verbrecher in eine Erziehungs- oder sonstige Besserungsanstalt untergebracht, auch können gegen ihn andre zur Besserung und Beaufsichtigung geeignete Maßregeln ergriffen werden. Verbrecher, welche zwar das 12., nicht aber das 18. Lebensjahr zur Zeit der That vollendet hatten (jugendliche Verbrecher), sind freizusprechen, wenn sie bei Begehung der strafbaren Handlung die zur Erkenntnis ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besaßen. Auch soll gegen jugendliche Verbrecher nie auf Todesstrafe oder Zuchthausstrafe und überhaupt stets auf eine geringere Strafart und Strafdauer als Erwachsenen gegenüber erkannt werden. Ebensowenig darf das Erkenntnis auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder auf Polizeiaufsicht lauten. In besonders leichten Fällen kann bei Vergehen und Übertretungen jugendlicher Personen das Urteil sogar nur auf Verweis lauten (deutsches Strafgesetzbuch, § 56 f.). Vgl. W. Wackernagel, Die Lebensalter (Bas. 1862).