MKL1888:Albigénser
[292] Albigénser, ursprünglich die Einwohner der Stadt Albi und ihres Gebiets Albigeois, wo sich schon gegen Ende des 12. Jahrh. die Lehren der unter dem Namen der Katharer, Patarener oder Publikaner bekannten Häretiker verbreiteten; dann Gesamtname der südfranzösischen häretischen Gemeinden, auch der Waldenser. Im J. 1209 gab die Ermordung des päpstlichen Legaten Peter von Castelnau Anlaß zu den von Papst Innocenz III. betriebenen, von Simon von Montfort geleiteten entsetzlichen Albigenserkriegen, in denen Südfrankreich grauenhaft verwüstet wurde, besonders das Gebiet des den Ketzern geneigten Raimund VI. von Toulouse. Béziers wurde erstürmt und die gegen 20,000 Seelen starke Bevölkerung mit fanatischer Grausamkeit ermordet. „Schlagt sie alle tot, der Herr erkennt die Seinen!“ so rief der Cistercienserabt Arnold. Graf Raimund ward seines Landes für verlustig erklärt und das Kreuzheer mit Vollziehung des Urteils (1211) beauftragt. Nach Besiegung Raimunds und seines Vetters Peter von Aragonien wurde der Graf von Montfort zur Belohnung für die der Kirche geleisteten Dienste 1215 mit Languedoc belehnt, fiel aber schon 1218 vor Toulouse. Nach dem Tode des Grafen Raimund VI. (1222) setzte dessen Sohn Raimund VII. den vom Vater ererbten Kampf fort, bis auch der König von Frankreich des Papstes Partei ergriff. Da schloß er unter demütigenden Bedingungen Frieden (1229), und die gleichzeitig zu Toulouse errichtete päpstliche Inquisition vollendete die gewaltsame Bekehrung [293] des Landes. Der Sektengeist aber wucherte insgeheim fort, so in Piemont, wohin viele A. aus der Provence geflohen, die als Waldenser im 13. und 14. Jahrh. Vorläufer des Protestantismus wurden. Vgl. Hahn, Geschichte der Ketzer im Mittelalter (Stuttg. 1845); K. Schmidt, Histoire et doctrine de la secte des Cathares ou Albigeois (Straßb. 1849); Peyrat, Histoire des Albigeois (Par. 1882, 2 Bde.). Der Verzweiflungskampf der A. ist der Gegenstand des epischen Gedichts „Die A.“ von Nikolaus Lenau.