Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Akarnānien“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 252
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Akarnānien. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 252. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Akarn%C4%81nien (Version vom 06.01.2023)

[252] Akarnānien, die westlichste Landschaft des alten Hellas, ein rauhes, wald- und weidereiches Bergland, im O. durch den Acheloos von Ätolien, im N. durch den Ambrakischen Golf von Epirus geschieden und im W. und S. vom Ionischen Meer bespült. Städte waren Stratos, Alyzia, Anaktorion, Aktion (Actium), Öniadä. Die Akarnanier, benannt nach Akarnan, einem Sohn des Alkmäon aus Argos, der zur Zeit des Trojanischen Kriegs die Landschaft kolonisiert haben soll, trieben meist Viehzucht und glichen in Charakter und Sitten mehr ihren barbarischen Nachbarn in Epirus als den Griechen, denen sie erst seit dem Peloponnesischen Krieg nähertraten. Griechische Sprache und Sitten nahmen sie erst seit dem 7. Jahrh. von den an ihren Küsten angesiedelten korinthischen Kolonien an. Im übrigen zeichneten sie sich durch große Treue und Energie aus und hielten in Kriegszeiten fest zusammen, wie sie auch anfangs einen gemeinsamen Gerichtshof zu Olpä hatten. Als alte Feinde der Ätolier kämpften sie später für Philipp III. von Makedonien gegen Rom, teilten aber nach der Eroberung Korinths das allgemeine Schicksal Griechenlands. Im Mittelalter bemächtigten sich die Normannen von Italien aus des Landes, und Roger, König von Sizilien, nannte sich „Fürst von A. und Ätolien“. Kaiser Andronikos vereinigte A. wieder mit dem byzantinischen Reich, mit dem es unter die Herrschaft der Osmanen kam. – Gegenwärtig bildet A., mit Ätolien (s. d.) vereinigt, den nordwestlichsten Nomos des Königreichs Griechenland, der nördlich an Türkisch-Albanien, westlich und südlich an das Meer, östlich an den Nomos Phthiotis und Phokis grenzt und nach Strelbitsky ein Areal von 7465 qkm (135,6 QM.) mit (1879) 138,444 Einw. hat. Diese Doppellandschaft umfaßt die Gebiete des untern Aspropotamo (Acheloos) und des Fidaris (Euenos) und bildet im N. ein wildes, von Gebirgen erfülltes, schwer zugängliches Hochland, das zu allen Zeiten ein Wohnsitz räuberischer Stämme war. Der Küstensaum, an dem die Bergflüsse ihren Schlamm ablagern, ist ein hafenloses, ungesundes Vorland. In der Mitte des Landes an den genannten Flüssen und nach dem Golf von Arta hin erstrecken sich fruchtbare, mit Seen besetzte und angebaute Ebenen. Die Bewohner sind ein naturwüchsiges Volk von wilden Sitten, namentlich die der Gebirgsgegenden, wie die räuberischen und gefürchteten Karagunides, nomadisierende Kutzo-Walachen, die im Winter aus den nördlicher gelegenen Gebirgsgegenden in Haufen von 50–100 Familien herabkommen und mit ihren Herden am Saum der Wälder lagern. Der Nomos zerfällt in fünf Eparchien und hat Missolunghi (Mesolongion) zur Hauptstadt.