MKL1888:Adriatisches Meer

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Adriatisches Meer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 133
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Adriatisches Meer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 133. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Adriatisches_Meer (Version vom 05.03.2023)

[133] Adriatisches Meer (s. Karte „Mittelmeerländer“), der die Apenninenhalbinsel von der hellenisch-slawischen scheidende Busen des Mittelmeers, in welchem dasselbe sich dem Herzen von Mitteleuropa am meisten nähert, so daß von diesem eine natürliche Straße nach dem Orient und durch den Suezkanal nach Südost- und Ostasien geschaffen ist. Die nur 70 km breite Meerenge von Otranto verbindet das Adriatische mit dem Ionischen Meer. Die Fläche desselben wird auf etwa 132,000 qkm, die Länge auf 850–960, die Breite auf 120–180 km, die Küstenlänge auf 1980 km berechnet. Die Tiefe steigt zwischen Brindisi und Ragusa bis 1030 m, beträgt im W. der Insel Lissa aber nur 311 m. Das nördliche Ende bilden die Golfe von Venedig und von Triest, welch letzterer durch die Halbinsel Istrien von dem Quarnerogolf oder Meerbusen von Fiume getrennt wird. Die Westseite des Adriatischen Meers ist einförmig und arm an Buchten, im NW. sumpfige oder von Lagunen begleitete Flachküste; bemerkenswert unter den Buchten ist nur die von Manfredonia. Die Ostküste dagegen ist zerrissen, felsig, steil und umsäumt mit einer dichten Kette von zahllosen größern und kleinern, langgestreckten Felseninseln und Riffen. Die bedeutendsten dieser Inseln sind von N. her: Veglia, Cherso, Lussin, Arbe, Pago, Isola Lunga oder Grossa, Brazza, Lesina, Lissa, Curzola, Lagosta, Meleda. Die bedeutendern Städte auf der italienischen Küste sind von N. her: Venedig, Chioggia, Rimini, Pesaro, Sinigaglia, Ancona, Manfredonia, Barletta, Trani, Molfetta, Bari, Monopoli, Brindisi und Otranto. Auf der Ostseite, meist auf österreichischem Gebiet, liegen die Städte Triest, Pirano, Rovigno, Pola, Fiume, Buccari, Zengg, Zara, Sebenico, Spalato, Ragusa, Cattaro, Durazzo und Valona oder Avlona. Die bedeutendsten Flüsse, die in das Adriatische Meer münden, sind auf der italienischen Küste die Etsch und der Po, die fortwährend Land an der Küste ansetzen. Die übrigen aus Italien kommenden Flüsse sind kaum mehr als Küstenflüsse, ebenso die wenigen Zuflüsse von der östlichen Halbinsel: Narenta, Drin und Viosa. In diesem geringen Zufluß von Süßwasser liegt vielleicht die Ursache des außerordentlichen Salzgehalts des Adriatischen Meers. Der Grund des Meers ist in der Nähe der Pomündung Schlamm, an der istrischen und dalmatischen Küste Sand, Kalk und Thon, mit zahlreichen Muscheln bedeckt. Ebbe und Flut sind schwach, wie im Mittelmeer, und haben für den Seefahrer hier keine Bedeutung. Im allgemeinen ist die an Häfen, Buchten und Durchfahrten reiche Ostseite zur Schifffahrt geeigneter als die Westseite, da überdies die Steilküsten häufig vor der von den Bergen herabbrausenden gefährlichen Bora (Nordost) schützen. Der beträchtlichste See- und Handelsplatz ist jetzt Triest, an welches das sonst so berühmte Venedig seinen Rang hat abtreten müssen, obschon letzteres seit Eröffnung der Brennerbahn sich wieder sehr gehoben hat. Von ungarischer Seite wird viel zur Hebung des Verkehrs von Fiume gethan. Ein andrer Verkehrsplatz, der in neuester Zeit als Ausgangspunkt der sogen. Überlandrouten eine große Wichtigkeit erlangt hat, ist Brindisi (s. d.). Von Triest aus besteht regelmäßige Dampfschiffahrt nach den Haupthäfen des Adriatischen Meers, der Levante und Ostasien. Die Fischerei ist namentlich auf Thunfische, Sardellen, Makrelen, Brachsen, Meeraale und Schwertfische bedeutend. Berühmt sind die Austern von Venedig; auch Delphine und Seehunde finden sich zuweilen ein, letztere besonders an der Mündung der Narenta. Vgl. Wolf und Luksch, Physische Untersuchungen im Adriatischen und Sizilisch-Ionischen Meer (Wien 1881); Österreicher und Imbert, Generalkarte des Adriatischen Meers (das. 1879, 4 Bl.).