Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aconītum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 95
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Aconītum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 95. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Acon%C4%ABtum (Version vom 27.12.2022)

[95] Aconītum L. (Eisenhut, Sturmhut, Venuswagen), Gattung aus der Familie der Ranunkulaceen, Staudengewächse mit häufig knollig verdickten Rhizomen, abwechselnden, handförmigen Blättern und großen, blauen oder gelben Blüten in gipfelständigen Trauben, mit fünfblätterigem, blumenkronenartigem Kelch, dessen oberstes Blatt helmförmig ist, fünf Blumenblättern, wovon die zwei obersten kapuzenförmig, nektarientragend und gespornt, die übrigen sehr klein und verkümmert sind oder auch ganz fehlen. A. Napellus L. (A. variabile Hayne, s. Tafel „Giftpflanzen II“), mannshoch, mit in fiederspaltige Lappen geteilten Blättern, dunkelblauer Blüte und einem aus zwei rübenförmigen (daher der Name Napellus, das Rübchen), matt graubraunen Knollen bestehenden Rhizom, dessen eine im Herbst einschrumpfende Knolle den blühenden Stengel trägt, während die andre die Knospe für den nächstjährigen Trieb besitzt; weitverbreitet, wächst gesellschaftlich in der Bergregion des mittlern Europa, im Himalaja, in Sibirien und Nordamerika, besonders an steinigen, gedüngten Stellen, sehr häufig in den Alpen, im Jura, auf den deutschen Mittelgebirgen bis Siebenbürgen. Alle Teile der Pflanze sind stark giftig, besonders die Knollen, welche scharf rettichartig riechen, schwach süßlich, aber bald äußerst brennend scharf schmecken und wie die Blätter und Samen Aconitin und einige andre Alkaloide enthalten und offizinell sind. An Nepalin ist besonders A. ferox Wallich. (A. virosum Don.), aus dem Himalaja, reich, welches wie auch A. palmatum, A. Napellus und A. luridum das in Indien als eins der schrecklichsten Gifte geltende Bikh liefert und als Pfeilgift benutzt wird. A. Stoerckeanum Rchbch., in Gebirgswäldern, selten und sehr zerstreut, hat weit reichlicher entwickelte, A. variegatum L. (A. Cammarum Jacq.), ebendaselbst, ähnliche, aber kleinere Knollen; beide Arten blühen blau, aber heller als A. Napellus und variieren oft in Weiß. A. Lycoctonum L. (Wolfseisenhut, gelber Eisenhut) ist ebenso weitverbreitet wie A. Napellus, blüht aber gelb, hat keine Knollen, sondern ein mehrköpfiges, zerfasertes Rhizom, welches höchst narkotisch, aber nicht scharf wirkt. A. Anthora L., in den Alpen, hat rübenförmige Knollen und gelbe Blüten und wurde bis ins 16. Jahrh. von den Älplern zur Bereitung von Pfeilgift benutzt. Alle Arten werden in Gärten als Zierpflanzen kultiviert und wirken dann viel weniger heftig als die wild wachsenden; medizinisch wird besonders das Aconitin benutzt, sonst auch Extrakt und Tinktur aus den Knollen von A. Napellus bereitet. In die Heilkunde wurde A. von Störck im 18. Jahrh. eingeführt. Bei Vergiftungen mit A. tritt zunächst brennender Schmerz im Mund und in der Speiseröhre ein, über den ganzen Körper verbreitet sich bald wieder verschwindendes Wärmegefühl, der Puls wird seltener, kleiner, die Atemzüge werden langsamer, mühsam. Die Pupille ist erweitert, es macht sich ein eigentümliches kriebelndes Gefühl bemerkbar, später folgen Anästhesie, Schwindel, Mattigkeit, Kältegefühl, bis zuletzt Puls und Atmung schwinden und der Tod eintritt. Sobald eine Aconitvergiftung bemerkt wird, rufe man den Arzt und suche einstweilen starkes Erbrechen herbeizuführen. Vgl. Reichenbach, Illustratio specierum Aconiti generis (Leipz. 1823–27).