MKL1888:Abrus
[54] Abrus L. (Paternostererbse), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, Sträucher und Halbsträucher mit oft windenden Zweigen, paarig gefiederten, mit Stachelspitze endenden Blättern, end- oder achselständigen Trauben und flach zusammengedrückter, zwischen den Samen mehr oder weniger gefächerter Hülse. A. precatorius L., windender Strauch mit blaß rosenroten Blüten und sehr harten, erbsengroßen, schön roten Samen, welche am Nabel mit einem schwarzen Fleck versehen sind, ist in Ostindien heimisch, jetzt aber in fast allen Tropenländern verbreitet. Die Samen dienen zu Halsbändern, Rosenkränzen, auch als Gewicht (Rati), als Semen Jequirity in der Augenheilkunde. Die lange, gedrehte, holzige Wurzel wird arzneilich wie Süßholz benutzt (indisches, amerikanisches Süßholz).
[3] Abrus L. (Paternostererbse). In dem wässerigen Auszug der Samen von A. precatorius L., der in der Augenheilkunde benutzt wird, entdeckte Sattler einen Bacillus, welcher später auch in der durch das Mittel hervorgerufenen Eiterung nachzuweisen ist und als wirksamer Bestandteil der Samen angesehen wurde. Letztere werden in Indien nach dem Einweichen geschält, in dem Milchsaft von Calotropis gigantea geweicht und zu Brei gestoßen. Aus diesem Brei formt man Nadeln, welche, durch die Haut eines Menschen oder eines Tiers gestoßen, in wenigen Tagen den Tod desselben herbeiführen. Waddell hat nun durch Reinkulturen des Bacillus nachgewiesen, daß dieser unwirksam ist, und Martin fand in den Samen als wirksame Stoffe zwei Eiweißkörper, welche sehr ähnlich wie Schlangengift, nur schwächer, auf den Organismus wirken und beim Erhitzen auf 75–80° unwirksam werden. Wie nach dem Schlangenbiß, bleibt das Blut nach Vergiftung mit Abrussamen flüssig.