Textdaten
Autor: Lukian von Samosata
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Titel: Lukians Traum
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Auflage:
Entstehungsdatum: 2. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1974
Verlag:
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: Christoph Martin Wieland
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Digitalisat aus: Lukian von Samosata, Werke in drei Bänden. Aufbau Verlag, Berlin 1974. Bd. 1, S. 1–8
Kurzbeschreibung:
Der Traum übersetzt von August Friedrich Pauly
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[1]

Lukians Traum


Ich hatte vor kurzem aufgehört, die öffentlichen Schulen zu besuchen, und das Alter, wo der Knabe sich in den Jüngling verliert, beinahe erreicht, als mein Vater mit seinen Freunden zu Rate ging, was für eine Profession er mich lernen lassen sollte. Die meisten erklärten sich sogleich gegen das Studieren; es erforderte, meinten sie, große Mühe, lange Zeit und nicht geringen Aufwand; es gehörten schon ziemlich glänzende Glücksumstände dazu; die unserigen wären gering und bedürften vielmehr einer schleunigen Nachhülfe. Wenn ich ein Handwerk erlernte, so würde ich mich gar bald durch meine Kunst selbst ernähren können und nicht nötig haben, so ein großer Bursche als ich schon sei, des Vaters Brot zu essen; ja es würde nicht lange währen, so würde ich meinem Vater selbst zum Troste sein und ihn durch meinen Erwerb unterstützen können.

Es kam also nur noch auf den zweiten Punkt der Beratschlagung an, nämlich welche unter den mechanischen Professionen die beste, d. i. einem freigebornen Menschen anständig und leicht zu erlernen sei, die wenigsten Anstalten und Kosten erfordere und gleichwohl ihren Mann ernähre. Als nun jeder, je nachdem er Kenntnis oder Erfahrenheit hatte, der eine diese, der andere jene herausstrich, wandte sich mein Vater an meinen ebenfalls gegenwärtigen Mutterbruder, der für einen stattlichen Bildhauer und unter den Steinmetzen unsrer Stadt unstreitig für den geschicktesten passierte. „Es wäre nicht erlaubt“, sagte mein Vater, „in deiner Gegenwart einer andern Kunst den Vorzug zu geben; nimm also den Jungen da mit dir nach Hause, und mach uns einen tüchtigen Steinmetzen und Bildhauer aus ihm; an Anlage fehlt es ihm nicht, wie du weißt.“ Er bezog sich deshalben auf gewisse Spielwerke, womit ich mich als Knabe abgegeben hatte. Denn sobald ich von meinen Lehrern abgefertigt war, kratzte ich allenthalben Wachs zusammen und machte Ochsen, Pferde, ja, Gott verzeihe mir’s! sogar [2] Menschen, und recht ähnlich, wie es meinen Vater dünkte. Dies Kinderspiel, worüber ich manche Ohrfeige von meinen Schulmeistern bekommen hatte, wurde jetzt als ein Beweis meines natürlichen Berufs geltend gemacht; und man faßte die besten Hoffnungen, daß ich es mit diesem plastischen Naturtriebe in kurzem sehr weit in der Kunst bringen würde.

Sobald man also einen glücklichen Tag zum Antritt meiner Lehrjahre gefunden zu haben glaubte, ward ich meinem Oheim übergeben, ohne daß ich mir’s eben sonderlich leid sein ließ: im Gegenteil, ich stellte mir’s als etwas sehr Lustiges und das mir ein Ansehen unter meinen Kameraden geben würde, vor, Götter zu machen und allerlei kleine Bilderchen für mich selbst und andere, denen ich wohlwollte, zu fertigen.

Inzwischen gab mir mein Oheim, wie es bei Anfängern gebräuchlich ist, ein Grabeisen in die Hand und befahl mir, auf einer am Boden liegenden Tafel sachte damit hin und wider zu fahren: er fügte noch den alten Weidspruch hinzu: „Wohlangefangen ist halb getan“ und überließ mich nun meiner eigenen Geschicklichkeit. Weil ich aber aus Unerfahrenheit zu hart aufdrückte, ging die Tafel entzwei. Darüber entrüstete er sich, griff nach einer neben ihm liegenden Peitsche und gab mir damit einen so unfreundlichen Willkommen, daß mir alle Lust zur Kunst auf einmal verging. Ich lief davon, kam heulend und weinend in das väterliche Haus zurück, erzählte die Geschichte von der Peitsche, wies meine Striemen vor und erhob über die Grausamkeit meines Oheims große Klage; gewiß hätte er aus bloßem Neide so mit mir verfahren, sagte ich, weil er besorgte, ich möchte es ihm dereinst in der Kunst zuvortun. Meine Mutter wurde darüber sehr aufgebracht und machte ihrem Bruder die bittersten Vorwürfe. Indessen kam die Nacht heran. Ich brachte sie in großer Betrübnis und beständigem Nachdenken über mein Schicksal zu, bis ich endlich mit tränenvollen Augen einschlummerte.

So weit, meine Freunde, ist freilich meine Erzählung nichts als ein läppisches Knabengeschichtchen: aber was nun folgt, [3] ist schon weniger unbedeutend und verdient eure ganze Aufmerksamkeit. Es erschien nämlich, mit Homer zu reden,

– – im Schlaf ein göttlicher Traum mir
durch die ambrosische Nacht – –

und zwar so deutlich und lebhaft, als ob ich wachte; dergestalt, daß nach langer Zeit die Bilder dessen, was ich gesehen, noch in meinen Augen sind und die Worte, die ich hörte, noch in meinen Ohren klingen. Zwei Frauenspersonen faßten mich zu gleicher Zeit bei den Händen und zogen mich jede mit solcher Gewalt und Heftigkeit auf ihre Seite, daß sie mich, weil keine die Schande haben wollte nachzugeben, beinahe darüber in Stücken zerrissen hätten. Bald wurde die eine Meister und hatte mich fast ganz, bald darauf fand ich mich wieder in den Armen der andern. Beide verführten ein gewaltiges Geschrei gegeneinander: „Er ist mein“, rief die eine, „ich habe ein älteres Recht an ihn und laß ihn mir nicht nehmen!“ – „Er geht dich nichts an“, schrie die andre, „du bemühst dich vergeblich, ihn von mir abzuziehen.“ Die erstere hatte ein arbeitsames und männisches Ansehen, ihre Haare waren schmutzig, ihre Hände voller Schwielen, ihr Rock hoch aufgeschürzt, ihre ganze Person mit Kalk bestäubt; kurz, sie sah geradeso aus wie mein Oheim, wenn er Steine polierte. Die andere hingegen war eine Frau von feiner Gesichtsbildung, von edelm Anstand und zierlich gekleidet. Endlich wurden sie zu meinem Glücke einig, es auf mich selbst ankommen zu lassen, bei welcher von beiden ich bleiben wollte. Zuerst fing also jene derbe und männische zu sprechen an:

„Lieber Sohn“, sagte sie, „ich bin die Bildhauerkunst, der du dich gestern zu widmen anfingst und die schon von langem her in deinem Hause einheimisch und, sozusagen, deine Blutsverwandte ist. Denn dein Großvater (hier nannte sie mir den Vater meiner Mutter) war ein Steinmetz, und deine beiden Mutterbrüder stehen unter den Unsrigen im Ruf einer vorzüglichen Geschicklichkeit. Wenn du dich nun der Possen und Lappalien dieser Närrin hier entschlagen und dich mir ergeben willst, so verspreche ich dir dafür ein gutes Auskommen [4] und starke Schultern; die Plagen des Neides sollen dir was Unbekanntes bleiben; du wirst niemals nötig haben, dein Vaterland und deine Familie mit dem Rücken anzusehen; der Ruhm wird dich in deiner eigenen Heimat aufsuchen, und du wirst allgemeinen Beifall nicht durch Worte, sondern durch Werke erhalten. Übrigens stoße dich ja nicht an meinem schlichten Aufzug und dieser schmutzigen Kleidung! Jener große Phidias, der uns den Jupiter sehen ließ, Polykletus, dem seine Juno so viel Ehre macht, der berühmte Myron, der bewunderte Praxiteles haben keinen andern Anfang gehabt, wiewohl sie nun die Kniebeugungen der Menschen mit den Göttern teilen. Wenn du also ihresgleichen würdest, wie könnte es dir fehlen, einen Namen in der Welt zu erhalten? Du würdest sogar deinen Vater beneidenswürdig machen und die Augen der Welt auf deine Vaterstadt ziehen.“

Dieses und noch mehr, wovon ich das meiste wieder vergessen habe, brachte die Kunst, stotternd und in einer pöbelhaften Provinzialmundart, vor. Die gute Frau ließ sich’s recht eifrig angelegen sein, mich zu überreden, und konnte lange das Ende nicht finden. Da sie aber doch endlich aufhören mußte, fing die andre folgendermaßen an:

„Ich, mein Sohn, bin die Gelehrsamkeit. Auch in mir siehst du eine Person, deren Gesichte dir nicht fremd ist, wiewohl noch viel daran fehlt, daß du mich völlig kennen solltest. Das beste, was du zu gewarten hättest, wenn du ein Steinmetz würdest, hast du von dieser hier vernommen: nämlich, am Ende würdest du doch nichts mehr sein als ein Handarbeiter, der die ganze Hoffnung seines Fortkommens in der Welt auf seine Hände gründet, ohne Ansehen, wenig besser als ein Taglöhner bezahlt, niedrig und beschränkt in deiner Denkensart, eine unbedeutende Person im gemeinen Wesen, gleich unvermögend, dich deinen Freunden nützlich und deinen Feinden furchtbar zu machen, kurz, wie gesagt, ein bloßer Handwerksmann, einer vom großen Haufen, der sich vor jedem Vornehmern ducken und schmiegen muß, vor jedem Sprecher Respekt hat, ein wahres Hasenleben lebt und immer die Beute des Mächtigern ist. Gesetzt auch, du würdest [5] ein Phidias oder Polykletus und hättest eine Menge bewundernswürdiger Werke gearbeitet: so wird zwar jeder, der sie siehet, deine Kunst erheben, aber gewiß keiner von allen, solange er bei Verstand ist, deinesgleichen zu sein wünschen. Denn wie groß du auch in deinem Fache sein möchtest, wirst du doch immer mit den Leuten, die ihr Leben mit ihren Händen gewinnen müssen, in eine Klasse geworfen werden. Folgest du hingegen mir, so werde ich dich vor allen Dingen mit allem, was die edelsten Menschen der Vorwelt Bewundernswürdiges gesprochen, getan und geschrieben haben, und überhaupt mit allem, was wissenswürdig ist, bekannt machen; vorzüglich aber werde ich dein edelstes Teil, dein Herz, mit Mäßigung, Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Sanftmut, Billigkeit, Klugheit und Standhaftigkeit, mit der Liebe zum Schönen und mit Aufstreben nach jeder Vollkommenheit zieren; denn diese Tugenden sind der Seele wahrer unvergänglicher Schmuck. Es soll dir nichts verborgen sein, was ehemals Denkwürdiges geschah, noch was jetzt geschehen muß; ja, du wirst durch mich sogar das Künftige vorhersehen: mit einem Worte, ich will dich in allen göttlichen und menschlichen Dingen, und zwar in kurzer Zeit, vollständig unterrichten. Und nun höre auch, was die Folgen davon sein werden. Du, der nämliche arme Schlucker, der du jetzt bist, eines Mannes ohne Namen Sohn, der noch in Zweifel ist, ob er sich nicht einer so unedlen Kunst ergeben wolle, wirst in kurzem von jedermann beneidet und mit Eifersucht angesehen werden; denn du wirst überall geehrt und gepriesen und als ein Mann von den schätzbarsten Talenten, selbst von denen, die durch Geburt und Reichtum über die andern hervorragen, geachtet werden. Du wirst nicht schlechter als du mich hier siehest gekleidet sein, und man wird dir nicht nur in deinem Vaterlande die Oberstelle einräumen, sondern, wenn du verreisest, wirst du auch im Auslande weder unbekannt noch ohne Ansehen sein; denn ich will dich mit solchen Kennzeichen versehen, daß jeder, der dich erblickt, seinen Nachbar anstoßen und mit dem Finger auf dich weisend sagen wird: das ist der berühmte…! Sobald deinen Freunden oder der ganzen Stadt irgend etwas Wichtiges und Bedenkliches [6] zustößt, werden alle Augen auf dich gerichtet sein; und wenn du zum Reden auftrittst, wird dir die Menge mit weit offnem Munde zuhören und dich anstaunen und wegen der gewaltigen Beredsamkeit dich und den Vater, der einen solchen Sohn aufgestellt hat, selig preisen. Die gemeine Sage, daß einigen unter den Menschen die Unsterblichkeit zuteil werde, will ich an dir wahr machen; denn wenn du auch aus dem Leben scheidest, wirst du doch nicht aufhören, unter den Gelehrten zu wohnen und mit den edelsten Menschen Umgang zu pflegen. Denke an jenen großen Demosthenes, wessen Sohn er war, und welch einen Mann ich aus ihm gemacht habe! War nicht Äschines der Sohn einer Schellentrommelschlägerin? Gleichwohl brachte ich ihn soweit, daß ein König wie Philippus sich um seine Gunst bewarb. Sokrates selbst war, wie du, bei dieser Bildhauerkunst aufgewachsen; aber, weil er in Zeiten das Bessere ergriff und von ihr zu mir überging, hörst du, wie ihm von allen Menschen lobgesungen wird? Und so große und vortreffliche Männer, denen du an Weisheit und Tugend gleich werden könntest – ein Leben voll Ansehen, Ruhm und Ehre, kurz alle die Vorteile, die dir bei mir nicht fehlen können, die schöne Figur, die du in der Welt machen, die allgemeine Achtung und Bewunderung, die du dir durch deine Beredsamkeit und Wissenschaft erwerben würdest, alles das wolltest du von dir stoßen, um in einen armseligen groben Kittel zu kriechen, einen sklavenmäßigen Anstand anzunehmen, Hebel und Grabeisen und Schlägel und Meißel in den Händen zu führen, immer den Kopf auf deine Arbeit gebückt mit Leib und Gemüt am Boden zu kleben und in jeder Betrachtung ein niedriger Mensch zu sein, der nie den Mut hat, sein Haupt wie ein freier Mann zu tragen und wie ein freier Mann zu denken, sondern, im Gegenteil, über dem Bestreben, seinen Werken Ebenmaß und Wohlgestalt zu geben, an nichts weniger denkt, als diese Eigenschaften an sich selbst zu zeigen, und also im Grunde weniger geachtet wird als die Steine, die er bearbeitet.“

Sie war im Begriff noch fortzusprechen, als ich, ohne das Ende ihrer Rede abzuwarten, aufsprang, jener unansehnlichen [7] Taglöhnerin den Rücken kehrte und mich voller Freuden der Gelehrsamkeit in die Arme warf: eine Entschließung, wozu die Erinnerung an die Peitsche, womit mir jene gleich am ersten Tage unserer Bekanntschaft einen so unfreundlichen Einstand gegeben hatte, vielleicht das meiste beitrug. Die Verlassene geriet über die Schmach, die sie von mir zu erleiden glaubte, in die heftigste Gemütsbewegung; sie schlug die Hände zusammen und knirschte mit den Zähnen; ja zuletzt erstarrte sie wie eine zweite Niobe und ward in einen Stein verwandelt; eine Begebenheit, deren Unwahrscheinlichkeit euch meine Erzählung nicht verdächtig machen muß; denn ihr wißt, die Träume sind Wundertäter.

„Es ist nun Zeit“, sagte die andere, indem sie mich freundlich ansah, „daß du für diese gerechte Entscheidung meiner Sache von mir belohnet werdest. Wohlan! komm und besteige diesen Wagen (indem sie dies sprach, stand ein Wagen neben ihr, mit geflügelten Pferden, die dem Pegasus glichen, bespannt), und du sollst sehen, wie viele sehenswürdige Dinge dir unbekannt geblieben wären, wenn du dich nicht für mich erklärt hättest.“ Ich stieg ein, und sie ergriff die Zügel und kutschierte; wir fuhren durch die Lüfte empor, und indem wir so vom Aufgang bis zum Niedergang dahinfuhren, sah ich eine unendliche Menge Städte, Völker und Reiche unter mir, während ich überall, wie ein andrer Triptolemus, im Vorbeiziehen etwas auf die Erde herabstreute. Was es eigentlich war, erinnere ich mich nicht mehr; nur dies weiß ich noch, daß die zu mir aufschauenden Leute Freude darüber bezeugten und mir überall, wo ich vorbeiflog, Lob und gute Wünsche nachriefen.

Nachdem sie nun alle diese Dinge mir, und hinwieder jenen dankbaren Seelen mich gezeigt hatte, brachte sie mich wieder an Ort und Stelle; aber nicht mehr in meinem vorigen Aufzuge: denn mir deuchte, ich käme in einer prächtigen Kleidung zurück. Es schien mir auch, als ob sie meinen Vater, der dabeistand und mich erwartete, auf die stattliche Figur, worin ich zurückkam, aufmerksam machte und ihm etwas darüber sagte, daß er mich beinahe so übel beraten hätte. – Und dies ist es, was mir von dem Traumgesichte noch erinnerlich [8] ist, das sich mir in meiner ersten Jugend darstellte und vermutlich ein bloßes Werk der heftigen Gemütsbewegung war, in welche mich die Furcht vor der Peitsche meines Oheims gesetzt hatte.

Indem ich dies erzähle, höre ich jemand sagen: Nun, bei Gott! das nenn ich einen langen und advokatenmäßigen Traum! – Vermutlich war es ein Wintertraum, setzt ein anderer hinzu, wenn die Nächte am längsten sind – oder vielleicht gar dreinächtig wie Herkules, sagt ein dritter. Aber was kam ihn an, daß er uns für gut genug hält, solchen Possen zuzuhören? Uns so ein kindisches Nachtstückchen von einem vor Alter grau gewordenen Traume zu erzählen! Wahrlich, eine frostige Unterhaltung! Oder sieht er uns etwa gar für Traumdeuter von Profession an? – Das nicht, mein Freund! – Als Xenophon einst seinen Traum erzählte, wie ihm vorgekommen sei, als höre er einen plötzlichen Donnerschlag und der Blitz falle in sein väterliches Haus usw. (ihr kennt die Stelle), da war seine Meinung wohl auch nicht, seine Zuhörer, in einem Augenblicke, wo sie den Feind im Nacken hatten und ihre Sachen in einem verzweifelten Zustande waren, mit einer zur Kurzweil erdichteten Posse zu unterhalten, sondern seine Erzählung hatte einen nützlichen Zweck. Ebenso habe auch ich bei Erzählung meines Traumes keine geringere Absicht, als junge Leute dadurch zum Studieren und zu allem, was das Schönste und Edelste im Leben ist, aufzumuntern; zumal wenn sich etwa ein guter Kopf unter ihnen befände, der aus bloßer Dürftigkeit irgendeine schlimme Partei ergreifen wollte und also Gefahr liefe, ein schönes Naturell im Keime verderben zu lassen. Ich bin gewiß, ein solcher wird sich durch meine Erzählung gestärkt fühlen. Er wird mich zum Beispiele nehmen und bedenken, in was für Umständen ich mich der Gelehrsamkeit gewidmet und, ohne durch meine damalige Armut den Mut zu verlieren, zu dem, was das Schönste und Edelste ist, mich emporgearbeitet habe: kurz, was ich einst war, und wie ich jetzt zu euch zurückgekommen bin – wenigstens mit keinem unberühmtern Namen, als sich irgendein Bildhauer unsrer Zeit gemacht hat.