Locke und Lied
Meine Lieder sandte ich dir,
Meines Herzens strömende Quellen,
Deines Hauptes ringelnde Wellen;
Sie zogen einander vorüber;
Haben sie nicht im Kusse geruht?
Schoß nicht ein Leuchten darüber?
Und du klagest: verblichen sei
Scheiden thut weh, mein Liebchen, ei,
Die Scheidenden dürfen erbleichen;
Warst du blaß nicht, zitternd und kalt,
Als ich von dir mich gerissen?
Bald werden den Herrn sie nicht missen.
Auch deine Locke hat sich gestreckt,
Verdrossen, gleich schlafendem Kinde,
Doch ich hab’ sie mit Küssen geweckt,
Ihr geflüstert von unsrer Treu’,
Sie geschlungen um deine Kränze,
Und nun ringelt sie sich aufs neu,
Wie eine Rebe im Lenze.
Hat Sonnenschein sich ergossen,
Und wir sitzen am rieselnden Damm,
Die Hand’ in einander geschlossen,
Schaun in die Welle und schaun in das Aug’
Und Bekanntschaft mögen dann auch
Die Lock’ und der Liederstrom machen.