Lied von der schönen Bernauerin
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- 542.
- Lied von der schönen Bernauerin.
J. G. Büsching wöchentl. Nachrichten III., 409. Dazu Ergänzung von Nagel in Teuto-
burg II., 144 und Cos 1825, Nr. 117.
- Es reiten drei Ritter zu München hinaus,
- Sie reiten wohl vor der Bernauerin ihr Haus:
- Bernauerin bist du drinnen,
- ja drinnen?
- Bist du darinnen, so tritt du heraus,
- Der Herzog ist draußen vor ihrem Haus
- Mit allem seinem Hofgesinde,
- ja Gesinde.
- Sobald die Bernauerin die Stimme vernahm,
- Ein schneeweißes Hemd zog sie gar bald an,
- Wohl vor den Herzog zu treten,
- ja treten.
- Sobald die Bernauerin vor’s Thor naus kam,
- Drei Herren gleich die Bernauerin vernahm:
- Bernauerin was willst du machen,
- ja machen.
- Ei willst du lassen den Herzog entweg’n,
- Oder willst du lassen dein jung frisches Leb’n
- Ertrinken im Donauwasser,
- ja Wasser?
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- Und als ich will lassen mein’n Herzog entweg’n,
- So will ich lassen mein jung frisches Leb’n
- Ertrinken im Donauwasser,
- ja Wasser.
- Der Herzog ist mein,
- Und ich bin sein;
- Sind wir gar treu versprochen,
- ja versprochen.
- Bernauerin auf dem Wasser schwamm,
- Maria Mutter Gottes hat sie gerufet an,
- Sollt’ ihr aus dieser Noth helfen,
- ja helfen.
- Hilf mir Maria aus dem Wasser heraus,
- Mein Herzog läßt dir bauen ein neu’s Gotteshaus,
- Von Marmelstein ein’n Altar,
- ja Altar!
- Sobald sie dieses hat gesprochen aus,
- Maria Mutter Gottes hat geholfen aus
- und von dem Tod sie errettet,
- ja errettet.
- Sobald die Bernauerin auf die Brucken kam,
- Ein Henkersknecht zur Bernauerin kam:
- Bernauerin, was willst machen,
- ja machen?
- Ei willst du werden ein Henkersweib,
- Oder willst du lassen dein’n jung stolzen Leib
- Ertrinken im Donauwasser,
- ja Wasser.
- Es stund kaum an den dritten Tag,
- Dem Herzog kam eine traurige Klag:
- Bernauerin ist ertrunken,
- ja ertrunken.
- Auf rufet mir alle Fischer daher,
- Sie sollen fischen bis in das rothe Meer,
- Daß sie mein feines Lieb suchen,
- ja suchen.
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- Es kommen gleich alle Fischer daher,
- Sie haben gefischt bis in das rothe Meer,
- Bernauerin haben sie gefunden,
- ja gefunden.
- Sie legen’s dem Herzog wohl auf die Schooß,
- Der Herzog wohl viel tausend Thränen vergoß,
- Er thät gar herzlich weinen,
- ja weinen.
- So rufet mir her fünftausend Mann,
- Einen neuen Krieg will ich nun fangen an
- Mit meinem Herrn Vatern eben,
- ja eben.
- Und wär mein Herr Vater mir nicht so lieb,
- so ließ ich ihn aufhenken als wie einen Dieb,
- Wär aber mir eine große Schande,
- ja Schande.
- Es stund kaum an den dritten Tag,
- Dem Herzog kam eine traurige Klag,
- Sein Herr Vater ist gestorben,
- ja gestorben.
- Die mir helfen meinen Herrn Vater begrab’n,
- Rothe Manteln müssen sie hab’n,
- Roth müssen sie sich tragen,
- ja tragen.
- Und die mir helfen mein fein’s Lieb begrab’n,
- Schwarze Manteln müssen sie hab’n,
- Und schwarz müssen sie sich tragen,
- ja tragen.
- So wollen wir stiften eine ewige Meß,
- Daß man der Bernauerin nicht vergeß,
- Man wolle für sie beten,
- ja beten.