Lied eines Gefangenen
Wohl ist nun der schöne Maimond,
Da die Lüftchen wehn im Thal,
Da die Lerche lieblich singet,
Lieblich singt die Nachtigall.
Neu dem Dienst der Liebe weihn;
Und ich armer sitz’ im Kerker,
Sitze traurig und allein,
Weiß nicht, wenn es draußen taget,
Einst noch kam ein Vöglein droben,
Und sang mir den Morgen an.
Aber ach! ein böser Schütze
Schoß es – lohn’ ihm Gott dafür!
Reichen fast zur Ferse mir.
Und die Haare meines Kinnes
Könnten wohl mein Tischtuch seyn,
Und die Nägel meiner Finger
Ist es so des Königs Wille –
Nun er ist mein hoher Herr!
Aber thuts der Kerkermeister,
Ist er ein Abscheulicher.
Wiedergäbe! Wär’s ein Staar,
Der hier mit mir schwatzen könnte,
Oder eine Nachtigall,
Wär’s ein Voglein, das die Damen
Zu Lenoren, meiner Lieben,
Trüg’ es Botschaft hin und her,
Brächte mir von ihr gefüllte
Speisen, nicht mit Salm gefüllt,
Wäre drinnen wohl verhüllt.
Eine Feile für die Fessel,
Eine Pfrieme für das Schloß. –
Also sang er in dem Kerker,
Und gab den Gefangnen los.