Letzte Fahrt (Tucholsky)
Letzte Fahrt
An meinem Todestag – ich werd ihn nicht erleben –
da soll es mittags rote Grütze geben,
mit einer fetten, weißen Sahneschicht …
Von wegen: Leibgericht.
aus seiner Nase – niemand haut ihm auf die Finger.
Er strahlt, als einziger, im Trauerhaus.
Und ich lieg da und denk: „Ach, polk dich aus!“
Dann tragen Männer mich vors Haus hinunter.
die mir zuletzt noch dies und jenes lieh …
Sie findet: Trauer kleidet sie.
Der Zug ruckt an. Und alle Damen,
die jemals, wenn was fehlte, zu mir kamen:
Und vorne rollt Papa.
Da fährt die erste, die ich damals ohne
die leiseste Erfahrung küßte; die Matrone
sitzt schlicht im Fond, mit kleinem Trauerhut.
Und Lotte! Lottchen mit dem kleinen Jungen!
Briefträger jetzt! Wie ist mir der gelungen?
Ich sah ihn nie. Doch wo er immer schritt:
mein Postscheck ging durch sechzehn Jahre mit.
da tragen feierlich zwei Reichswehroffiziere
die Orden durch die ganze Stadt,
die mir mein Kaiser einst verliehen hat.
Und hinterm Sarg mit seinen Silberputten,
sie schluchzen innig und mit viel System.
Ich war zuletzt als Kunde sehr bequem …
Das Ganze halt! Jetzt wird es dionysisch!
Nun singt ein Chor: Ich lächle metaphysisch.
Ich schweige tief.
Und bin mich endlich los.