Lenz
Lenz.
Ins Schlafgemach der Sonne tritt
Ihr liebstes Kind,
Der Morgenwind,
Und ruft: „Wacht auf, Frau Sonne!
Besuch ist da,
Der Lenz ist nah
Mit Glanz und Lust und Wonne!“
„So gieb mir her mein bestes Kleid
Mit Blümlein blau
Und Silbertau –
Es liegt dort in der Truhe!
Auch putze flink
Mir blank und blink
Die goldnen Morgenschuhe.
Dann zieh’ den Wolkenvorhang fort
Und wisch’ mir schnell
Die Fenster hell;
Doch führ’ inzwischen immer
Den Junker Lenz
Zur Audienz
Ins gute Vorderzimmer!“
Die Sonne spricht’s. Der Morgenwind
Hüpft hin und her
Und eilt sich sehr
Und schmückt die Sonne prächtig.
Ins Spiegelein
Wirft sie hinein
Noch einen Blick bedächtig …
„Ei schönen guten Tag, Herr Lenz,
Ihr kommt fürwahr
Sehr bald dies Jahr
Zur Frühjahrspromenade.“
„O gnädige Frau,
Wald, Flur und Au
Harrt längst schon Eurer Gnade!
Die Veilchen und die Primeln stehn
Geraume Zeit
Empfangsbereit;
Das graue Weidenkätzchen
Schwingt leis und lind
Im Morgenwind
Und macht verliebte Mätzchen.
Die Vögel haben auch im Wald,
Wie sich’s gebührt,
Schon einstudiert
Zum Frohwillkomm ihr Liedel.
Storch dirigiert,
Heimchen souffliert
Und Grille streicht die Fiedel.“
Frau Sonne, als sie dieses hört,
Lacht hell und warm
Und nimmt den Arm
Des Frühlings an mit Neigen.
Sie folgt ihm stumm,
Läßt sich ringsum
Die Frühlingswunder zeigen ...
Heut’ früh beim ersten Hahnenschrei
Strich ich daher
Von ungefähr
Auf stillen Waldeswegen.
Da kamen grad’
Auf ihrem Pfad
Die beiden mir entgegen.
Die Knospen sprangen duftend auf,
Die Vöglein all
Mit Jubelschall,
Ihr Liedlein klingen ließen.
Rings war erwacht
Glanz, Duft und Pracht
Und Singen und Klingen und Sprießen.
Richard Zoozmann.