Textdaten
Autor: Kurt Tucholsky
unter dem Pseudonym
Theobald Tiger
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Lamento
Untertitel:
aus: Ulk Jahrgang 48. Nummer 47. Seite 206
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 23. November 1919
Verlag: Rudolf Mosse
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Heidelberg und Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[174]
 Lamento

 Von Theobald Tiger

Wenn ich bei meiner Marmeladenstulle
(tief liegt im Schrank die teure Silkapulle) –
wenn ich als weiser und gereifter Mann
mir so den Weltenlauf genau betrachte,

5
und wer und was den großen Brand entfachte –:

kömmt mich ein tiefes Weh im Bauche an.
Und alle meine innern Sinne singen:
     Du guter Götz! Du Götz von Berlichingen!

Da stehn am Königsplatz vor Zivilisten

10
die Herren, die, in strammer Uniform,

verknackten damals alle Pazifisten. –
Was war der U-Boot-Krieg? „Na, janz enorm!“
So lang enorm, bis alle Kräfte splittern.
Und dennoch hörst du heut von diesen Rittern

15
das alte Lied genau so laut erklingen …

     Du guter Götz! Du Götz von Berlichingen!

Die Kohle fehlt. Die Arbeit stockt. Die Züge
sind auf der offnen Strecke eingeschneit.
Und doch – in dieser jämmerlichen Zeit –

20
steht auf der fixe Agitator mit der Lüge.

Ideen? Und Geist? I, nicht doch diese Töne!
Es geht durchaus und nur um höhre Löhne –
Wofür die Väter auf die Barrikaden gingen …
     Du guter Götz! Du Götz von Berlichingen!

25
Und doch, wenn alle dicken Stricke reißen –:

Der Kientopp spielt. Die bessern Stücke heißen
zum Beispiel: Schicksalsstunde im Bordell.
Und: Julchen in dem Lebemannshotel.
Es staunt das Volk. Da kann man noch was lernen.
– – – – – – – – – – – – – – – –

30
Mein Sang steigt auf zu fühllos kalten Sternen:

Du lieber Gott! sag ich. Und dann, vor allen Dingen:
     Du guter Götz! Du Götz von Berlichingen!