Textdaten
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Autor: Gustav van Muyden
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Titel: Labyrinthe
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aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 787
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[787] Labyrinthe. Auch dem jüngsten Klippschüler sind die wunderbaren Irrgärten und Irrgänge bekannt, von denen uns die alten Schriftsteller erzählen. In Aegypten bestand, nach Herodot, ein Labyrinth mit dreitausend Zellen; auf Kreta baute der athenische Allerweltskünstler Dädalos auf Geheiß des Königs Minos ein Labyrinth, welches wahrscheinlich aus einer Menge unterirdischer Gänge bestand und dem weisen Herrscher als Staatsgefängniß diente. Dessen Erbauer selbst wurde darin gefangen gehalten; später bewohnte der nicht minder berühmte Minotaur das unentrinnbare Gewirre, und Theseus würde sicherlich darin umgekommen sein, wäre die liebliche Ariadne nicht auf den schlauen Gedanken gekommen, ihm den im Laufe der Zeit zum Gemeinplatz gewordenen Ariadnefaden mit auf den Weg zu geben.

Das Labyrinth der Liebfrauenkirche zu St. Omer.

Auch Jerusalem besaß ein freilich etwas verkümmertes Labyrinth, und es darf somit nicht Wunder nehmen, wenn die Kreuzfahrer, denen das Ding offenbar imponirt hatte, den Gedanken mit nach Hause brachten und ihren Zwecken anpaßten. Es galt jetzt nicht mehr Staatsverbrecher oder Ungeheuer einzusperren, sondern den frommen Büßern durch ein handgreifliches Beispiel zu zeigen, wie schwer die Seligkeit zu erringen sei. Erzbischof Alberich von Humbert ging mit dem guten Beispiele voran und baute während der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in dem herrlichen Dome zu Rheims ein Labyrinth, welches den Lebenspfad und die Hemmnisse aller Art veranschaulichte, die sich dem Christen entgegenthürmen. Die Pilger suchten ihren Weg in den Irrgängen, wobei sie Gebete verrichteten und fromme Lieder sangen. Wer sich nicht abschrecken ließ, gelangte zuletzt nach dem Mittelpunkte, wo ein Heiligenbild aus bläulichem Stein stand. Leider wurde das Rheimser Labyrinth 1779 dem Erdboden gleich gemacht, weil die Kinder der Stadt darin Versteck spielten und den Gottesdienst störten. So schlimm wird es also wohl mit den Irrgängen nicht gewesen sein.

Das Labyrinth in der Kathedrale zu Rheims.

Dagegen besitzen die Liebfrauenkirche zu St. Omer und der Dom zu Bayeux noch heute Labyrinthe.

Wir führen unsern Lesern zwei dieser Labyrinthe im Grundriß vor. Vielleicht besitzen Einige die nöthige Geduld, um sich mit Hilfe eines Stiftes durch die Irrgänge durchzuarbeiten. G. van Muyden.