Kunstfahren auf dem Rade
[531] Kunstfahren auf dem Rade. (Zu dem Bilde S. 529.) Große Entfernungen möglichst rasch zurückzulegen, wird stets das Endziel aller Radfahrer sein; darauf weist der natürliche Vorteil des Stahlrads ohne weiteres hin. Und es ist ja auch schon ganz Hervorragendes auf diesem Felde geleistet worden. Fischer, der Sieger auf der kürzlich veranstalteten Distanzfahrt Mailand-München, hat beispielsweise diese rund 590 Kilometer lange Strecke in 29½ Stunden zurückgelegt, also durchschnittlich in der Stunde 20 Kilometer oder den Kilometer in 3 Minuten bewältigt. Andere Jünger des Radsports trachten weniger nach dem Ruhm der Geschwindigkeit als nach dem der Kunst. Für sie wird das Rad, was für den Seiltänzer das Seil ist. Was Kraft und Uebung in dieser Beziehung zustande bringen können, das zeigen unsere Bilder, die keineswegs aus der Phantasie geschöpft, sondern unmittelbar dem Leben entnommen sind, und zwar den Vorführungen des Kunstfahrers Richard Schulz aus Hamburg-Altona, die gelegentlich auf der Radfahrbahn in Halensee bei Berlin zu sehen waren. Die Kunststücke im einzelnen erklären sich aus den beigefügten Unterschriften – soweit man hier von „erklären“ reden kann. Denn dem Auge des Beschauers erscheinen die Leistungen dieses Akrobaten auf dem Rade der großen Mehrzahl nach so gut wie unerklärlich. Im übrigen liegen sie dem eigentlichen Zwecke des Radfahrens ziemlich fern. Eine gesunde Körperbewegung ist das Radfahren auch ohne solche halsbrecherische Kraftstücke, und die Bedeutung der flinken Maschine ruht in ihrer Eigenschaft als Verkehrsmittel, nicht darin, daß sie Gelegenheit zu neuen Cirkuskünsten bietet.
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