Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Dezember 1946
Einführung
BearbeitenDer Artikel Kunst und Kultur in Ahrenshoop, Dezember 1946 zeigt die von Stefan Isensee im Rahmen seines Werkes „Kunst und Kultur in Ahrenshoop 1945 bis 1948“ zusammengestellten Tagebuchauszüge vom Dezember 1946. Textauslassungen wurden mit [...] gekennzeichnet, eingefügte Erläuterungen von Stefan Isensee in eckigen Klammern kursiv [Erläuterung].
Tagebuchauszüge
Bearbeiten[1] Fritz schickte Zeitungen u. Zeitschriften, darunter auch den „Sonntag“, in dem ein „Brief aus Schwerin“, von Herrn Dr. Willi Bredel abgedruckt ist. In diesem Artikel erwähnt Herr B. auch meine Ausstellung im Landesmuseum in einer höchst abfälligen Weise. Es ist das bemerkenswert, weil in einem solchen Artikel wohl die Tatsache dieser Ausstellung erwähnt werden mag zu einer Kritik aber garkeine Veranlassung gegeben ist. Wenn Herr B. das trotzdem tut, dann offenbart er mir damit seine ausgesprochen üble Gesinnung. Die Sache ist interessant, weil Herr B. der verantwortliche Redakteur der „Demokratischen Erneuerung“ ist, deren Schriftleitung mir grade gestern schrieb: „Ihr Dank an Schwerin“ müßte [2] von uns mit einem Dank an Sie beantwortet werden. Sie haben in großzügiger Weise unseren bescheidenen Anteil an Ihrem Kunstschaffen gewürdigt“. Dieser Brief ist freilich nicht von Willi Bredel unterschrieben, aber den Dank an mich hätte ich mir anders vorgestellt. –
[3][...] [4] Heute war Dank des Hochamtes der erste richtige Advent, sonst geht das Leben im grauen Alltag dieser verfluchten Zeit ziemlich stark unter. Und das ist kein Wunder. Was hatte ich nicht erhofft von dieser Nachkriegs Zeit. Ich hatte Freiheit u. Demokratie erhofft, statt dessen werden wir immer stärker von einer neuen Diktatur bedroht, von der Diktatur des Proletariats. Auf politischem, wirtschaftlichem u. sozialem Gebiet sollte mich das nicht so sehr berühren, ich habe nichts dagegen, daß man diese ostelbischen Junker enteignet hat u. daß Monopole u. Trusts aus der Hand der bisherigen Besitzer in die Hand des russischen Staates übergehen, aber bedrückend ist dieser Herrschaftsanspruch auf kulturellem Gebiet. Die Forderung, daß die Künstler sich nach dem geistigen Niveau der Arbeiter zu richten hätten, wird immer lauter und dreister u. wenn dem nicht ein Riegel vorgeschoben wird, dann wird es wieder dazu kommen, daß alle fortschrittlichen Künstler unterdrückt werden, genau wie es bei den Nazis war. Ich warte auf den 10. März, wenn die Verhandlungen in Moskau beginnen sollen. Es ist kein gutes Omen, daß sie grade in Moskau sein werden; aber man wird dann wenigstens sehen können, wohin die Karre läuft. Am Ende wird man sich doch noch zur Auswanderung entschließen müssen. [...]
[5][...] [5] Petersen ist übrigens der Ansicht, daß der Widerstand gegen eine Ausstellung meiner Bilder im Motivischen liegt. Das kann gut stimmen. Auch in Schwerin u. Rostock war es so. Damals, im Sommer, als diese Ausstellung noch nicht sicher war, äußerte sich Herr Venzmer, daß er gegen die Ausstellung meiner Bilder sei, weil dieselben, „zu fromm“ seien. Religiöse Bilder liegen eben nicht im Interesse der SED. Solange diese Partei ihre Diktatur ausübt, werde ich keine Aussichten haben. Genau wie bei den Nazis. – [...]
[6][...] [6] Ferner ein Brief von Herrn E. Zieger aus Sellin – Rügen. Er erhielt meinen Brf. v. 30. 11. erst am 16. 12. u. heute bekomme ich seine Antwort. Ich hatte geglaubt, er habe den Wunsch, den „hl. Pfr. von Ars“ zu besitzen, aufgegeben, weil der Preis von 1000,– Rm. immerhin recht hoch ist; aber nun dankt er mir, daß ich ihm das Bild überlassen will u. daß er mir den Betrag per Postanweisung zugehen lassen wird. Er bittet, daß ich Schwerin veranlassen möge, daß ihm das Bild als Wertpaket zugesandt wird. – Ich möchte gern wissen, wer dieser Edgar Zieger eigentlich ist? [...]