Textdaten
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Autor: Heinrich Pröhle
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Titel: Kloster Altmünster zu Mainz
Untertitel:
aus: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten, S. 34–36
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Tonger & Greven
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans eines Exemplares der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin, Signatur 19 H 104 auf Commons; E-Text nach Deutsche Märchen und Sagen
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Sankt Bilhildis
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Kloster Altmünster zu Mainz.

In dem Städtchen Hochheim unweit Mainz lebte der Ritter Iburich zu der Zeit, da Chlodwig das Reich der Franken beherrschte. Mitten im Kriege hatte Iburichs Gattin ein Töchterlein bekommen. Da brachte Iburich vor den heranstürmenden Heiden sein Töchterlein nach dem festen Mainz in Sicherheit. Er selbst aber trank in Hochheim unbesorgt mit seinen Mannen den herrlichen Wein, der dort wächst, obgleich die Kämpfe im Lande sich in die Länge zogen. Das Mägdlein wuchs bei seinen christlichen Verwandten in Mainz zu einer lieblichen und tugendhaften Jungfrau heran. Diese mochten wohl glauben, daß sie schon in Hochheim getauft sei. So wurde sie denn auch in Mainz nicht getauft, wenngleich sie sich in ihren Gedanken nichts lieber ausmalte, als in einem Kloster eine Gottesbraut zu werden und ihr Leben in einer Zelle zu beschließen. Aber als sie sechzehn Jahre alt war, hielt der Herzog von Franken und Thüringen um die Hand des Burgfräuleins an. Gehorsam ihren Eltern vermählte sie sich mit ihm. Er war ein Heide, und sie hoffte ihn noch zum Christentume zu bekehren. Aber durch alle ihre Liebe und Demut erreichte sie dies nicht. So brachte sie ihre Tage voll Kummer und Schmerz hin. Sie, die im goldenen Mainz an christliche Sitten gewöhnt worden war, mußte jetzt alle wilde Grausamkeit eines Heiden ertragen lernen. Endlich verließ sie der Herzog und zog in den Krieg. Da sollte sie mit [35] seinen Vögten und Dienern das Land der Franken und Thüringer regieren. Allein die Räte ihres Mannes waren ebensogut als die anderen Bewohner des Landes noch Heiden. Als nun gar noch die Botschaft vom Tode des Herzogs anlangte, da geriet Alles gegen sie in Aufruhr und sie war ihres Lebens nicht mehr sicher. Endlich ergriff sie die Flucht. Sie begab sich an die Ufer des Maines, welcher durch ihr Land floß. Mit dem Wenigen, was sie bei sich trug, gewann sie eine arme Fischerfamilie für sich. So wurde sie auf einem ärmlichen Fischerkahn nach Mainz geführt. Bei ihren Verwandten in Mainz bekam Bilhilde – so wurde sie genannt – noch einen Sohn. Schon sprachen die Ritter und Knappen in Mainz davon, wie sie ihn noch als Kind in das Land seines Vaters und mit ihm die unglückliche Mutter zurückführen wollten. Dabei gedachten sie dann, die Heiden bis nach Thüringen hin mit dem Schwerte zum Christentume zu bekehren. Die milde Bilhilde aber malte es sich schon als das höchste Glück aus, nur ihr Söhnlein als frommen Christen aufzuziehen; doch nicht einmal dieser Wunsch sollte ihr erfüllt werden. Der Knabe starb schon vor der Taufe, und Bilhilde’s aufgeregte Phantasie sah ihn mit anderen ungetauften Kindern in der wilden Jagd hinter dem wilden Jäger und der Tutursel einherziehen. Sie eröffnete jetzt ihrem Oheime, dem Bischof Siegbert von Mainz, daß sie dort das Kloster Altmünster von ihrem Vermögen erbauen und darein als die Äbtissin eintreten wolle. Schon lange Zeit hatte sie dieses heilige Amt versehen. Da träumten einst drei Nonnen, die in drei Zellen neben einander schliefen, während einer und derselben Nacht, ihre Aebtissin sei eine Heidin. Alsdann erwachten alle drei zugleich aus dem Schlafe. Sie rannten wütend aus ihren Zellen und befanden sich in der größten Aufregung. Indem sie sich gegenseitig ihren Traum mitteilten und feststellten, daß derselbe bei allen Dreien genau der nämliche gewesen war, sprachen sie lauter und immer lauter, sodaß zuletzt alle Nonnen erwachten und sich vor den Zellen dieser drei Klosterjungfrauen versammelten. Zuletzt kam die Aebtissin dazu, die zwar etwas entfernter schlief, aber endlich gleichfalls durch den Lärm im Kloster aufgeweckt war. Einige Nonnen wichen scheu vor ihr, wie vor einer Heidin, zurück, doch die Klügste von jenen drei Nonnen, welche den gleichen Traum gehabt hatten, erzählte ihr denselben, wenn [36] auch erst nach einigem Zögern und nicht ohne Verlegenheit. Da eilte Bilhilde zu dem Bischofe und wollte ihm ihre Not klagen. Sie vermutete, daß der Teufel, welcher ihr früher die Herzen ihrer Unterthanen abwendig gemacht hatte, ihr nun auch die Liebe ihrer geistlichen Schwestern entziehen und dieselben zum Ungehorsam gegen sie verleiten wolle. Allein der Bischof hatte zu der nämlichen Zeit denselben Traum gehabt. Nur war ihm deutlich ein Engel erschienen, der ihm klärlich dargelegt hatte, daß während des Kriegsgetümmels Bilhilde’s Taufe von seiner Familie vergessen worden sei. Darauf wurde ein großes Tauffest im Kloster Altmünster zu Mainz angestellt. Der Bischof selbst taufte die fromme Bilhilde. Jene drei Nonnen, welche geträumt hatten, daß ihre Aebtissin eine Heidin sei, standen mit den anderen Nonnen des Klosters bei ihr Gevatter. Das war ein ebenso fröhlicher als heiliger Tag für das Kloster und für ganz Mainz. Von dieser Zeit an strömten alle Kranken nach dem Kloster Altmünster, denn es zeigte sich, daß der Aebtissin Bilhilde bei der Taufe die Gabe, Kranke zu heilen und Wunder zu thun, verliehen war.