Kleine Bilder aus der Gegenwart/Zwei unpolitische „Kongresse“
[500] Kleine Bilder aus der Gegenwart: Zwei unpolitische „Kongresse“. (Mit Illustration S. 497.) Wenn die beiden Versammlungen, welche in den Tagen vom 25. bis 27. beziehungsweise 28. Juni d. J. in Leipzig tagten, überhaupt als „Kongresse“ bezeichnet werden dürfen, so waren es jedenfalls solche, welche den Weltfrieden in keiner Weise zu gefährden vermochten, vielmehr ihre Aufmerksamkeit der Lösung von Aufgaben zuwandten, die mit diplomatischen Problemen durchaus nichts zu thun hatten.
Die eine der Versammlungen, welche sich officiell als „Kongreß“ bezeichnete, tagte in den Räumen der „Centralhalle“, und der große Saal dieses Etablissements bot ein eigenartiges Bild: 170 Tische standen dicht gedrängt neben einander, und an ihnen wetteiferten 680 Personen im edlen Skatspiel. Die „Arbeit“ war sichtlich eine harte und nahm die volle Aufmerksamkeit der Betheiligten in Anspruch; es handelte sich um nicht weniger als 80 Spiele an jedem Tische, und neben der Ehre, sich als gute Skater zu bewähren, standen für die Sieger ansehnliche Preise in verlockender Aussicht. Das Rundbild oben rechts auf unserer Illustration führt drei solche Skater vor, während der Künstler unmittelbar darunter eine Scene aus dem Gedränge giebt, das bei Eröffnung der „heiligen Hallen“ vor dem Eingang zum Turniersaal entstand.
Das „II. Preiskegelfest des Verbandes deutscher Kegelklubs“ bot ein farbigeres Bild: die originellen Kostüme der Kegler mit allerlei humoristischen Aufschriften, die bunten, oft wunderlich verzierten Kopfbedeckungen, wie sie auf dem Mittelbilde unserer Illustration angedeutet sind, boten eine reiche Abwechselung. Das Komité hatte dafür gesorgt, daß es an unterhaltenden Festlichkeiten nicht fehlte, und der Krystall-Palast mit seiner „Alberthalle“ (dem neuerbauten Cirkus), seinem schönen Garten und seinen großen Sälen war für eine frohe Gesellschaft der rechte Ort. Das Interesse für die Festaufführungen wurde durch deren Beziehung zum Kegelsport gehoben, und besonders der von Tänzerinnen des Stadttheaters ausgeführte Kegeltanz fand reichen Beifall. Für das Preiskegeln waren im Zoologischen Garten 9 Bahnen erbaut worden, auf welchen sich gegen 1400 Kegler maßen, deren Eifer durch eine bedeutende Anzahl recht werthvoller Preise erhöht wurde. Mancher gute „Schieber“ warf allerdings statt der beliebten „Neune“ wohl auch eine „Ratte“ und erntete statt des winkenden Preises mehr oder minder verdienten Spott; doch das that der guten Laune keinen Abbruch, und der Verlauf der harmlosen Festlichkeiten war ein im Ganzen befriedigender. **