Keno Hässelaer
Die Niederland! ach, wie viele Jahre
Der Spanier saugt am kriegszeriss’nen Mark!
Und würgt das Land, wirfts auf die Todtenbahre,
Doch immer neu ersteht es kühn und stark!
Die Henker und die Priester stehn bereit,
Hier ein Schaffot – dort Scheiterhaufengluten –
Des Volkes bittre Not zum Himmel schreit.
Zum Ketzer wird, wer nicht vor Rom sich neiget
Der auf der Niederländer Nacken steiget,
Den freien Bürger schlägt in Kettenlast.
Verzweiflung bricht hervor in Aufruhrsflammen,
Die immer wachsend durch die Lande lohn –
Der Tyrannei, der Inquisition!
Don Friedrich, Alba’s Sohn mit starkem Heere
Rückt listig ein, in das empörte Land,
Verspricht des Friedens freundliche Gewähre
Die Ihr vertrauend ihn bei Euch empfingt!
Weh Euch und Euren heiligen Standarten,
Daß blindlings Ihr so schmachvoll untergingt!
Und da sie trauten des Verräters Wort
Und hofften frei aus ihrer Stadt zu gehen,
War Losung Spaniens nur Brand und Mord.
Zur Kirche ruft die Trommel, ruft Geläute
Ein Priester spricht: „Ihr seid des Todes Beute!“ –
Ein Blutstrom grausig aus dem Tempel quillt.
Ermordet Männer, Frauen, Kinder, Greise –
Die Stadt geschleift, die frei sich unterwarf!
Ertönt durch’s Land, ob er nicht tönen darf!
Die Leichenhügel und die Aschenhaufen,
Sie reden lauter als die Zunge spricht:
„Im Bürgerblut will Tyrannei ersaufen –
So tönts in Haarlem als Don Friedrich dräuet,
Der Bürger wächst zum Helden groß und stark.
Ob man vordem den heißen Kampf gescheuet,
Jetzt quillt in jedem Arme Heldenmark.
Der Knabe wie der Jüngling wird zum Mann.
Es ruhn der Arbeit friedliche Geschäfte,
Seit rings der Feind die Stadt umspann.
Und Mond um Monden tapfer widerstand es,
Und manchen starken Kämpfer übermannt es,
Daß mehr und mehr der Hoffnung Stern erblaßt.
Doch wo die Männer zagen giebts noch Frauen,
Das Herz erfüllt mit frommem Heldenmut;
Begeistrung für der Seele höchstes Gut.
Für Freiheit und fürs Vaterland zu sterben,
Ruft Keno Hässelaer die Frauen all:
„Jetzt ist es Pflicht, uns eine Freischar werben,
Und eine Fahne schwang sie in der Rechten,
Da sie um sich das Frauenheer entbot:
„Für unsern Glauben, für die Freiheit fechten
Gebietet uns des Landes höchste Not!“
Ob auch sein Tod mich warf in bittres Leid –
Ich ließ kein Wort, was ihn verklagte schallen,
Weil er sein Leben seinem Volk geweiht,
Und dieses Schwert – ich durft es von ihm erben,
Der Heldengeist des Gatten darin lebt!“
„Heil Keno Dir!“ so rufen tausend Zungen
Und Frau’n und Männer lauschen andachtsvoll,
Wenn Frauenlippen solches Wort entquoll.
Sie hüllen bald in Erz die zarten Glieder
Und scharen sich um Keno kampfbereit –
Und singen ihres Glaubens Schlachtenlieder
Sie kämpften kühn mit unerschrocknem Mute
Und sieben Monate hielt Haarlem Stand;
Zehntausend Spanier wälzten sich im Blute,
Als Friedrich endlich doch es überwandt.
„Errette mich vom Schimpf, der mir gewiß,
Wenn wir die Beute solchen Feindes werden,
Der frevelnd jedes heil’ge Band zerriß!“
Und mitleidsvoll nahm er das Schwert des Gatten
„Empfange mich, verklärter, theurer Schatten,
Süß ist der Tod für Glaub’ und Vaterland!“
Zuckt in des Freundes Brust dasselbe Schwert –
Weil er die schöne Lebende begehrt. –
Die Niederlande! ach, wie viele Jahre
Der Spanier saugt am kriegszerrissnen Mark,
Würgt hin das Land, wirfts auf die Totenbahre,
Und ob’s auch auf dem Lande unterlegen,
Erringt’s doch auf dem Meere Sieg um Sieg.
Aus blut’gen Jahren sprießt der Freiheit Segen:
Glorreich beendet ist der heil’ge Krieg! –
Anmerkungen (Wikisource)
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