Kammgarnspinnerei von C. F. Solbrig

Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Kammgarnspinnerei von C. F. Solbrig
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 41–42
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Schafwollenspinnerei v. C. F. Solbrig in Harthau.

[41] Wir betreten nochmals das bereits in einem früheren Artikel erwähnte Dorf Harthau bei Chemnitz, und an der Würschnitz hinauf wandernd, bemerken wir an dem oberen Ende des Dorfes einen Complex von ansehnlichen Gebäuden, die


Kammgarnspinnerei von C. F. Solbrig.


Die Gebäude dieses Etablissements bestehen in:

einem gegen Osten gelegenem Hauptgebäude, in welchem die Kämmerei, so wie die gesammte Kammgarnspinnerei aufgestellt ist;
einem nach Norden gelegenen Hauptgebäude, in dem sich die Wollsortirung, so wie die Wolleniederlagen befinden;
einem ansehnlichen, in sehr schönem Styl aufgeführten Wohnhause, in dessen einem Seitenflügel sich das Comptoir und die Expedition befinden;
einem Nebengebäude, welches die Maschinenbauwerkstätte enthält, und
einem kleineren Nebengebäude mit den zur Oekonomie nöthigen Räumlichkeiten.

Hierzu gehören noch 28 Acker Areal, bestehend in Feldern, Wiesen, Wald, Blumen- und Gemüsegärten, geschmackvollen Parkanlagen u.s.w., so wie ein großer, zur Ansammlung des Wassers dienender Teich.

Das Geschäft umfaßt als Branchen die Wollkämmerei und damit verbundene Kammgarnspinnerei. Es werden vorzüglich Kammgarngespinnste feinerer Qualität und Nummern, so wie Strumpfgarne für feinere Artikel in der Strumpfwaarenfabrikation erzeugt. Zwar liefert die Spinnerei auch jede andere Qualität, doch sind die obengenannten feineren Gespinnste ihre berühmtesten und gangbarsten Erzeugnisse.

Der Hauptabsatz dieser Erzeugnisse ist im Bereich des Zollverbandes, so wie nach Oesterreich. Vorzüglich werden in Gera sehr viele Kammgarne verarbeitet. An seinen Hauptabsatzplätzen hat das Etablissement Agenturen.

Die schon längst rühmlichst bekannten Garne des Solbrig’schen Etablissements befanden sich 1850 auf der allgemeinen deutschen Industrieausstellung in Leipzig, dann auf der Weltausstellung zu London, so wie auf der allgemeinen deutschen Industrieausstellung zu München, und erhielt die Firma als Anerkennung der Vorzüglichkeit der ausgestellten Kammgarne

in Leipzig die große silberne Medaille,
in London die große erste Preismedaille und
in München die große Preismedaille.

In Paris hatte das Etablissement nicht ausgestellt.

Das Etablissement hat 33 Feinspinnmaschinen, nebst allen hierzu erforderlichen Kämmerei- und Vorarbeitungsmaschinen. Diese Maschinen sind sämmtlich neu und nach dem neuesten Systeme gebaut. Zum Betriebe des Ganzen dienen: ein Wasserrad und zwei Dampfmaschinen von 25 und 12 Pferdekraft; doch kommt die kleinere Dampfmaschine nur bei großem Wassermangel in Gebrauch.

Beschäftigt werden hier fortwährend 250 Fabrikarbeiter und außerdem noch 4 Comptoiristen, 2 Expedienten, 1 Sortiermeister, 2 Kämmmeister und 3 Spinnmeister.

Das Geschäft wurde im Jahre 1841 von dem jetzigen Inhaber, C. F. Solbrig, in Alt-Chemnitz gegründet und errang sich schon im Entstehen durch die Vorzüglichkeit seiner Erzeugnisse die ehrendste Anerkennung; auf der Industrieausstellung in Dresden im Jahre 1845 empfing es für die ausgestellten Kammgarne [42] die große silberne Preismedaille. 1850 erkaufte Herr Solbrig die jetzigen Localitäten in Harthau und verlegte das Geschäft dahin.

Die durchgehend massiven und geschmackvollen Fabrikgebäude sind im Jahr 1802 von den Gebrüdern Bernhard erbaut, denen auch die andere, fast gleichzeitig errichtete, jetzt Erkel’sche Spinnerei in Harthau ihre Entstehung verdankt. Die Erbauer stellten hier eine der ersten mechanischen Baumwollenspinnereien Sachsens auf. Diese Firma fallirte jedoch und das Geschäft wurde unter Sequestration fortbetrieben, bis es 1830 in Besitz des Herrn F. G. Wieck gelangte, welcher in den Gebäuden eine Maschinenbobbinettweberei anlegte und die bis zu dem Jahre 1839 bestehende Sächsische Bobbinettmanufaktur constituirte. Diese liquidirte in dem genannten Jahre und das Grundstück kam in Besitz des bekannten Maschinenfabrikanten Herrn C. G. Haubold, welcher Baumwollen- und Kammgarnspinnerei, so wie Maschinenbau darinnen betrieb. Herr Haubold wurde durch verschiedene Verhältnisse genöthigt, nach Rochlitz überzusiedeln und das Etablissement gelangte nun durch Kauf in die Hände des jetzigen Besitzers, welcher sich dessen vielseitige Verbesserung und Verschönerung mit der größten Thätigkeit und gutem Erfolg angelegen sein ließ.

Die ehemalige Spinnerei in Alt-Chemnitz, welche Herr Solbrig bis 1850 betrieb, ist von demselben wieder angekauft worden und wird eine Kammgarnspinnerei nach neuesten Systemen in sich aufnehmen. Diese Spinnerei wird von der größeren Anstalt in Harthau Filial und steht daher mit derselben in unmittelbarer Verbindung. In Bezug auf die Anzahl der Maschinen ist die Spinnerei in Alt-Chemnitz ohngefähr halb so groß als die in Harthau.