Textdaten
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Autor: Erich Mühsam
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Titel: Kalender 1912
Untertitel:
aus: Brennende Erde. Verse eines Kämpfers, S. 24-25
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1920
Verlag: Kurt Wolff Verlag
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld
Kurzbeschreibung:
Anmerkungen nicht im Original
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[24] KALENDER 1912


Januar:

Das Jahr beginnt um Mitternacht,
wenn Luft und Land vor Kälte kracht.
Der Mensch grüßt froh den Neujahrstag
und ahnt doch nicht, was kommen mag.

Februar:

Der Sturm zerbricht den kahlen Ast.
Auf tobendem Meere birst der Mast.
Eis treibt zum Meer, Schnee stürzt zu Tal.
Die Menschen feiern Karneval.

März:

Die Welt erwacht aus Wintersnot.
Wild kämpft das Leben mit dem Tod.
Im Freiheitssehnen schwillt das Herz.
Der Mensch erfleht sein Heil vom März.

April:

Heut Regen, Wind und Hagelschlag
und morgen strahlender Sonnentag.
Der Menschheit Schicksal muß geschehn
Durch[1] Kreuzigung und Auferstehn.

Mai:

Zur Paarung drängt’s die Kreatur
und neuer Samen schwängert die Flur.
Verkündend schwebt der heilige Geist
zum Menschen, der dies Liebe heißt.

Juni:

Das Licht der langen Tage glänzt
auf grüne Lande bunt bekränzt.
Im warmen Sonnenschein gerät,
was für den Herrn der Knecht gesät.

[25] Juli:

Die Luft liegt glühend überm Land.
Dumpf gähnt der Himmel Sonnenbrand.
Die Berge und die Wasser ruhn, –
der Mensch muß seine Arbeit tun.

August:

Gewölk reißt donnernd und zündend entzwei.
Gelähmte Lüfte atmen frei.
Sternschnuppen fahren den Himmel entlang.
Der Herr der Erde nur seufzt im Zwang.

September:

Der Boden saugt neuen Regen ein.
Die Saat trägt Früchte. Es reift der Wein.
Was weise Allmacht den Menschen gab,
der Reiche nimmt es dem Armen ab.

Oktober:

Der Herbst folgt der Natur Gebot.
Die Blätter färben sich gelb und rot.
Die Vögel fliegen mittagwärts.
Den Menschen faßt ein Abschiedsschmerz.

November:

Der Sturm entlaubt den Wald und gellt.
Das Meer braust auf, das Schiff zerschellt.
Den Armen beugt die Sorgenlast,
der Hunger kommt bei ihm zu Gast.

Dezember:

Die Erde kleidet sich in Schnee.
Die ganze Welt ist kalt und weh.
Vor Gott sind alle Menschen gleich.
Sie träumen vom ewigen Friedensreich.


Anmerkungen:

  1. Fehler im Original