Jukunde von Stolzeneck
Traurig sinnend saß Jukunde
Auf dem hohen Felsenschloß,
Lehrend ihre beiden Söhne –
Als es süß wie Lautentöne
Sich durch’s Maienthal ergoß:
Holde Herzenskönigin!
Einen Ritter siehst Du nahen,
Der, um Minne zu empfahen,
Kommt mit ehrfurchtsvollem Sinn.
Ach! schon manche Thräne quoll; –
Bei des Aufgangs Purpurkranze,
Bei der Sterne mildem Glanze,
Bebt mein Herz so heiß und voll!“
„Nahe dieser Wohnung nicht!
Schlummert gleich im heiligen Lande
Längst mein Wilhelm, trennt die Bande
Dennoch Zeit und Schicksal nicht!
Schlägt es bis zur stillen Gruft,
Treue hab ich ihm geschworen,
Deine Seufzer sind verloren
Und verwehn im Abendduft.“
Doch der Tod bricht jeden Schwur.
Soll der Wangen Roth verblühen?
Deiner Augen Gluth verglühen?
Lebst Du für die Todten nur? –“
Meinem holden Knabenpaar!
Seh’ ich einst sie herrlich blühen,
Dann mag diese Gluth verglühen,
Die dem Gatten heilig war!“
Als der Ritter wieder sprach:
„Edle Frau, vom heil’gen Grabe
Komm’ auch ich, und süße Gabe
Folget meinem Flehen nach!
Deines Gatten hat erstrebt;
Das Gerücht hat Dich betrogen,
Prüfend, hab’ ich Dir gelogen –
Wilhelm, Dein beweinter, lebt!“
„Freudig nannte Wilhelm Dich,
Oft den Freund aus frühster Jugend
Und das Urbild wahrer Tugend;
Neues Leben strömt durch mich! –“
Der Getreuen Felsenschloß;
Aber – welch ein Wonneleben! –
Wilhelm war’s, der voller Leben,
Selbst in seinen Arm sie schloß!