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Titel: Jedem Unglück sein Asyl!
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aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 332
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[332] Jedem Unglück sein Asyl! Wenn dieser Wunsch erfüllt wäre, wie würde das die vielen bittern Thränen verringern, die der Menschheit nicht zur Ehre gereichen!

Wir suchen ein Asyl für einen solchen Unglücklichen. Einen Künstler, einen Maler, der im skandinavischen Norden ebenso durch die Tüchtigkeit in seinem Fach wie durch seine umfassende Bildung eine einträgliche und geachtete Stellung sich erworben und den das anmuthigste Familienleben erfreute, traf plötzlich das harte Geschick, auf einer Reise in Lappland von einem Augenleiden befallen zu werden, das ihm die fernere Ausübung seiner Kunst unmöglich machte und damit seine ganze Existenz untergrub. Zur heranrückenden Noth des Beklagenswerthen gesellte sich noch ein Rückenmarksleiden, das sich bald als unheilbar herausstellte. Unter solchen Umständen war seine Familie, die Gattin mit sechs Kindern, ihm zwar die größte Sorge, aber doch zugleich der einzige Trost. Auch diesen raubte ihm das unerbittliche Schicksal: in wenigen Jahren starben Mutter und Kinder dahin, und nur eine Schwester blieb dem armen Kranken als tröstender Engel und letzte Stütze an seinem Schmerzenslager, aber nicht lange –: vor einem Vierteljahr hat der Tod ihm auch diese entrissen.

So ist ein begabter, geschickter und fleißiger Mann in wenigen Jahren aus dem blühendsten Lebens- und Familienglück in die erbarmungswürdigste Lage gekommen, die wohl geeignet ist, in den vielen schlaflosen Nächten des Vereinsamten an dessen besserem selbst zu zehren und ihm den Tod – so oder so – nur noch als Wohlthat erscheinen zu lassen. Und doch empört des strengsittlichen Mannes Herz sich gegen solche augenblicklichen Siege der Verzweiflung über den abgematteten Willen, und in einer dieser kummervollen Nächte war es, daß in ihm die Frage aufstieg, ob nicht durch eine Anfrage der Gartenlaube vielleicht ein Asyl für leibliche und geistige Pflege auch für ihn gefunden werde. Allerdings beträgt seine jährliche Einnahme nur etwa hundertundzwanzig Thaler, aber auch seine Bedürfnisse sind die bescheidensten. Freunde, die, da er selbst nicht mehr schreiben kann, für ihn die Feder führen, versichern, daß es, wenn auch mitleiderregend, doch wahrhaft erhebend sei, mit welcher Geduld der Unglückliche sein Leiden trage.

Unsere Frage ist nun: Giebt es in Deutschland eine Anstalt, eine Stiftung, oder irgend eine Gelegenheit, die einem solchen Unglücklichen für den kurzen Rest seines Lebens ein Asyl bietet, in welchem die milde, sanfte Hand und der herzliche Zuspruch labender Theilnahme dem Armen nicht fehlen, wenn schwere Stunden ihn bedrängen? Wir vermitteln gern jeden Antrag und bitten, diesem ungewöhnlichen Fall auch ungewöhnliche Aufmerksamkeit zu Theil werden zu lassen.