Instruction für die Nachtwächter auf dem platten Lande

Textdaten
Autor: Unbekannt
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Titel: Instruction für die Nachtwächter auf dem platten Lande
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Entstehungsdatum: 29. August 1809
Erscheinungsdatum: 1809
Verlag: Meyer
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Erscheinungsort: Lemgo
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Quelle: LLB Detmold und Commons
Kurzbeschreibung: Verordnung im Fürstentum Lippe-Detmold
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Instruction
für
die Nachtwächter
auf
dem platten Lande.


Lemgo,
mit Meyerschen Schriften 1809.


§. 1.

Es liegt dem Nachtwächter die wichtige Pflicht ob, die Nachtheile und Gefahren, welche dem Vermögen, der Gesundheit, und dem Leben der Menschen während ihrer nächtlichen Ruhe durch Feuer, Diebstahl, Raub, andere Bosheit und Nachlässigkeit oder Zufall zugefügt werden können oder drohen, so viel in seinen Kräften stehet, abzuwenden.

§. 2.

Der Nachtwächter muß

vom 1ten November bis zum 1ten Februar von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens, vom 1ten Februar bis zum 1ten April von 9 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens,

vom 1ten April bis zum 1ten May von 10 Uhr Abends bis 3 Uhr Morgens,

vom 1ten May bis zum 1ten August von 10 Uhr Abends bis 2 Uhr Morgens,

vom 1ten August bis zum 1ten September von 10 Uhr Abends bis 3 Uhr Morgens,

vom 1ten September bis zum 1ten November von 9 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens

stets wachend und in voller Kleidung seyn, und wenigstens in dieser Zeit alle Stunde einmahl, wenn nicht die Obrigkeit wegen der zerstreueten Lage der Wohnungen dazu eine längere Zeit gestattet, den Ort, oder den ihm angewiesenen District durchgehen und visitiren.

Er muß nicht allein die Hauptstraßen, sondern auch die Nebenstraßen durchgehen, auch die abwärts gelegene Häuser und Höfe visitiren, und zwar bald dabey diese Straße, bald jene Straße zuerst vornehmen, dabey aber nicht immer denselbigen Weg nehmen, so, daß Niemand voraus wissen kann, welchen Weg er nehmen werde.

§. 3.

Muß der Nachtwächter, wenn ihm seine Obrigkeit bey einer eingerichteten bessern andern Controlle es nicht verbothen hat, die Stunden gehörig abrufen oder abblasen, und dabey die Orte, wo solches geschiehet, oft verändern, wenn ihm von der Obrigkeit dazu keine bestimmte Plätze angewiesen sind. Da durch das Singen die nächtliche Ruhe der Einwohner des Orts, insbesondere der Kranken gestöhret wird, auch der Zweck der Sicherheit dadurch vereitelt werden kann, so hat der Nachtwächter sich desselben zu enthalten; es sey dann, daß die Einwohner des Orts solches wünschen und dazu die obrigkeitliche Erlaubniß erhalten hätten.

§. 4.

Siehet der Nachtwächter einen bedenklichen Rauch, spüret er einen Brandgeruch, bemerkt der Nachtwächter, daß in einem Hause auf eine ungewohnte Art Licht vorhanden, eine Thür oder Fenster geöfnet, daran eine Leiter aufgerichtet ist, läßt sich ein ungewöhnlicher Lärm, Geräusch, oder Winseln hören, bemerkt er ein ungewöhnliches Ab- und Zugehen in oder aus den Häusern, oder andere verdächtige Dinge: so muß er augenblicklich nach dem Grunde forschen, nöthigenfalls auch die Bewohner der Häuser wecken, um selbst untersuchen zu können.

§. 5.

Ist irgend wo im Orte Feuersgefahr vorhanden: so muß er sofort mit seinem Horn, oder der Trommel, oder durch das Anziehen der Glocke, und dem lauten Ausruf: Feuer! Feuer! Lärm machen; vorzüglich aber die Bewohner der in Feuersgefahr seyenden Häuser, und die Nachbarn wecken, so wie den Küster, damit er die Glocke anziehet, ferner die Sprützenleute, Feuerherren und die Unterbedienten des Orts. Ist das Feuer nicht im Orte selbst, sondern außerhalb Orts, so ist zur Verminderung des Schreckens auf eine andere Art Lärm zu machen, und etwa der Ausruf: Feuer! nicht zweymahl schnell hinter einander zu wiederhohlen, sondern mit längern Zwischenräumen: Feuer! zu rufen. Während einer Feuersbrunst muß der Nachtwächter des Nachts, bis der Tag da ist, ohne Aufhören seinen District aufs genaueste durchgehen.

§. 6.

Bey Entdeckung eines Diebstahls muß sich der Nachtwächter nach den Umständen richten. Ist die Anzahl der Diebe nicht groß, glaubt der Nachtwächter solche gefangen nehmen zu können, und ist kein Menschen Leben dabey in Gefahr: so muß der Nachtwächter durch leises Aufwecken der Unterbedienten, oder sonstiger Einwohner solche zu überraschen und gefangen zu nehmen suchen. Wo dieses aber nicht anwendbar ist, muß er mit dem Horn, der Trommel, oder der Glocke und dem Ausruf: Spitzbuben oder Diebe! Lärm machen, die Patrouille, wenn sie nicht zu weit entfernt ist, möglichst schnell herbeyrufen und alles anwenden, daß die Bedrängten, so bald möglich, Hülfe erhalten.

§. 7.

Da dem Nachtwächter während der Nacht jede Sorge für die bürgerliche Ordnung obliegt: so muß er gleich beym ersten Umhergehen die Krüge in seinem Districte, ohne in denselben zu verweilen, visitiren, und vorzüglich darnach sehen, ob verdächtige Personen sich darin befinden, und in dem Fall gleich dem Ortsunterbedienten davon Nachricht geben.

§. 8.

Begegnen ihm des Nachts unbekannte Personen: so muß er deren Arretirung, in so fern sie verdächtig sind, befördern.

§. 9.

Begegnen ihm bekannte Personen: so muß er solche um die Ursache ihrer Wanderung fragen, und des andern Tages dem Ortsunterbedienten Nachricht davon geben. Auch muß derselbe die von ihm bey seinem nächtlichen Umgange wahrgenommene Holz- und Felddiebereyen bey dem Unterbedienten anzeigen.

§. 10.

Ist der Nachtwächter verpflichtet, auf die Patrouille zu achten, und die etwa dabey vorkommende Unordnungen dem Ortsunterbedienten anzuzeigen. Er selbst muß nicht in Gesellschaft der Patrouille, sondern allein und immer von ihr entfernt gehen.

§. 11.

Der Nachtwächter ist schuldig, bey 1/4 Gfl. oder 1/4 Tag Gefängnißstrafe jeden Tag dem Ortsunterbedienten anzuzeigen, ob die Patrouillen gehörig in der vorherigen Nacht gegangen sind, was er deshalb erfahren, und was sich überhaupt Bemerkungswerthes zugetragen hat, worüber der Ortsunterbediente sofort, wenn es eilig ist, sonst monatlich den Rapport an die Obrigkeit einreichet. Ist der Nachtwächter wegen der Wohnung des Unterbedienten außerhalb Orts oder gar zu entfernter Wohnung desselben in den Districten, worin die Wohnungen zerstreuet liegen, durch seine Obrigkeit von der täglichen Anzeige dispensiret: so muß es doch in den Fällen des Tages darauf die Anzeige bey den Unterbedienten geschehen, wenn der Nachtwächter etwas wahrgenommen, welches einer Anzeige verdienet.

§. 12.

Wird der Nachtwächter krank, oder auf eine andere gesetzliche Art gehindert, seinen Dienst zu verrichten: so muß er davon dem Ortsunterbedienten sofort Anzeige thun, um durch Vermehrung der Patrouillen den Abgang des Nachtwächters während solcher Zeit zu ersetzen.

§. 13.

Wenn die Obrigkeit dem Nachtwächter noch eine nähere Anweisung für seine Dienstverrichtung ertheilt: so muß er solche befolgen.

§. 14.

Geschiehet in dem Districte des Nachtwächters während der §. 1. bestimmten Zeit ein Schaden durch Feuer oder Stöhrung der öffentlichen Sicherheit, und wird er überwiesen, zu solcher Zeit seinen Dienst vernachlässiget zu haben: so ist er zum Ersatz des Schadens verbunden, so wie er für jede Dienstvernachlässigung nach Befinden Leibes- oder Geldes- oder Cassationsstrafe zu gewärtigen hat.

§. 15.

Dahingegen der Nachtwächter sich außer seinen bestimmten Dienstemolumenten, der Belohnungen, welche die Gesetze auf die Entdeckung der Verbrecher und Excessisten gesetzt haben, zu erfreuen hat.

§. 16.

Hat der Nachtwächter durch seine treue Diensterfüllung einer Gemeinde vielen Vortheil geschaft, Ruhe und Sicherheit befördert, und kann er Alters und Schwachheitshalber seinem Dienste nicht weiter vorstehen: so soll demselben nach Verhältniß seiner Dienstzeit und seiner Dienste nöthigenfalls eine billige Unterstützung bey der Behörde von seiner Obrigkeit befördert werden.

§. 17.

Der Nachtwächter hat, wenn ihm jemand in der Verrichtung seines Dienstes stöhrt oder beleidigt, den promptesten gerichtlichen Beystand zu erwarten.

Detmold den 29ten August 1809.

Fürstl. Lippische Vormundschaftliche Regierung.