Textdaten
<<< >>>
Autor: G. v. D.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Instinct oder Ueberlegung?
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 608
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[608] Instinct oder Ueberlegung? Ich saß einmal in einem Dorfe bei Königsberg in Franken, im Wirthshaus bei einem Glas Bier, ganz allein; wie mir’s schien, war außer mir kein lebendes Wesen mehr in der Stube, als ein großer Metzgerhund, der, ein Mittagsschläfchen machend, sich lang ausgestreckt hatte und auf der Seite lag wie ein todtes Thier. Ich war im ungestörten Zug meiner Gedanken, als ein drittes Wesen hinzukam – ein Staar, der auf den Hund hüpfend, sofort eine Lese begann, wahrscheinlich nach Flöhen, denn daß ganze Schwärme von Staaren sich auf Schafheerden niederließen, um sie von einer andern Gattung von Parasiten zu befreien, mit denen auch unreinliche Menschen, Affen, Wildpret und Schweine reichlich gesegnet sind, das sah ich schon öfter. Hier wie dort hatte ich meine stille Freude an diesem Act der Nächstenliebe, der freilich nicht ganz ohne Eigennutz war, da es sich wohl mehr um das Genießen, als um die Wohlthat für Andere handelte. Der Hund gab lange kein Zeichen der Erkenntlichkeit von sich – als aber der Flohjäger einige Male zu heftig auch an den Kopf des Siesta Haltenden pickte, erhob er denselben mit einem zornig fragenden Blick, und als die Angriffe wiederholt wurden – schnapp – war der Vogel im Rachen des Hundes verschwunden. Ich staunte nicht wenig, zumal der Hund den Kopf ohne Ruck und Druck wieder auf die Seite legte und regungslos liegen blieb, wie vorher. Was, dachte ich, sollte denn der den Kerl mit Haut und Haar, das heißt mit Federn und Krallen, verschlungen haben, ohne ihn zu kauen? Da erhob Sultan nach einigen Minuten sein Haupt wieder, mit einem um Beifall buhlenden Blick auf mich, machte das Maul auf, ungefähr wie Raucher die Ringelwölkchen blasen – und heraus flog Bruder Staarmatz, „fröhlich und wohlgemuth“ einen triumphirenden Flug durch die Stube machend, dann „hüpfte das junge Blut“ wieder auf den dolce far niente Pflegenden und begann den Pürschgang auf den Pulex von Neuem. Die Wirthsleute bezeugten mir später, daß diese brüderliche Scene nicht zum ersten Male gespielt habe, und wir müssen deshalb wohl annehmen, daß nach den vielen Beweisen von Treue und List, von Ueberlegung und Rache, wie sie die Gartenlaube mittheilt, die Thiere auch Humor haben.
G. v. D.