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Brust und wird zu gu=tem Sange rein und of=fen für die
Lust; und weil das Au=ge sich erschwingt, erschwingt sich auch das
Herz, und jubelt, wie die Lerche singt, in Liedern himmelwärts.
2. Nun ja, wir haben auch daheim im Winter trüb und kalt
gesungen manchen guten Reim und Weisen mannigfalt; doch war’s
ein halbes Singen nur und nur ein halbes Glück: die Lieder klangen
ohne Spur von tauber Wand zurück.
3. Wie schöner ist’s im grünen Wald, wo’s lustig weht und rauscht,
wo uns vom stillen Aufenthalt die Nachtigall belauscht, wo uns mit
munterm Zwischensang der Finken Schar umschwärmt, wie schöner
ist’s mit Sang und Klang im grünen Wald gelärmt!
4. Die Stämme schütteln rings ihr Haupt und wundern sich gar
sehr: sie hörten nie, seit sie belaubt, ein solches Singen mehr. Wir
aber ziehn mit lautem Schall das grüne Thal entlang und horchen
auf den Wiederhall, ob’s gut und richtig klang.
Wilh. Wackernagel.
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380. Hochheimer Dompräsenz.
Singw.: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten etc. oder: In luftiger Trinkkemenaten ec.
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1. In Hochheim die Straßenbeleuchtung wirft gar trübseligen
Schein, viel besser behagt die Befeuchtung bei Lembach im Schwanen
mit Wein. Der schlägt uns den Spund von den Tonnen, da leuchten
im Römer so klar die blumenversprühenden Sonnen von manchem
gepriesenen Jahr.
2. Vergänglich ist alles auf Erden, die Strahlen des Lichtes zu=
meist, wenn sie in dem Weine nicht werden zum allesbezwingenden
Geist. Wer dächte wohl je noch der Sonne vom Jahrgang sechzig
und eins, wär sie nicht gebannt in die Tonne als Seele des köstlichsten
Weins!
3. Und perlt sie dann mild durch die Kehle des durstigen Zechers,
entfacht sie tief in der träumenden Seele Gedanken voll schimmernder
Pracht. Dann hat sich der Kreislauf des Lichtes vollzogen in edelster
Art: der geistigen Glut des Gedichtes sind himmlische Flammen gepaart!
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4. Drum leeret in Andacht die Becher: der Wein ist dem Himmel
entstammt! Seit Noah, dem Urahn der Zecher, ist Trinken ein heiliges
Amt. Das richtige Maß doch zu finden, kein Weiser lehrt es, kein
Buch. — Aus diesen und anderen Gründen, folgt jeder dem eigenen Zug.
5. Erscheint euch dies Liedlein gelungen — der Dank gehöret
nicht mir! Ich sang’s nur mit weltlicher Zungen nach einem vergilbten
Brevier; das hatte mit diesen Ideen, so zwischen den Zeilen am Rand,
ein Dechant von Hochheim versehen, mit offenbar zitternder Hand.
Friedrich Hornfeck.
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381. In jedem vollen Glase Wein. (IV. 51.)
Mit Ausdruck.
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Otto Lob. 1896.
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1. In je=dem vol=len Gla=se Wein seh un=ten auf dem
Grund ich dei=ne hel=len Äu=ge=lein, ich dei=ne
hel=len Äu=ge=lein und dei=nen sü=ßen Mund, und
dei=nen sü=ßen Mund.
2. Da trink ich schnell und warte nicht und küsse dich im Wein,
|: aufs neu zu schaun dein Angesicht, :|: schenk schnell ich wieder ein! :|
3. So füll und leer mein Gläschen ich und trinke immerzu. Nennt
man mich nächstens liederlich, die Schuld, mein Schatz, hast du!
Rudolf Hermanns.
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